Dachau:Obdachlos - Caritas hofft auf Happy End

Der Gebrauchtwarenmarkt der Caritas steht nach der Kündigung durch die Stadt auf der Straße - und dennoch sind die Verantwortlichen optimistisch, dass sie neue Räume finden.

Petra Schafflik

"Eines unserer Projekte mit der größten öffentlichen Aufmerksamkeit droht jetzt sein Domizil zu verlieren", warnt Caritas-Geschäftsführer Axel Hannemann. Der beliebte, stark frequentierte Gebrauchtwarenmarkt mit dem Titel "ProBe" muss aus der alten Feuerwehrhalle ausziehen. Die Stadt Dachau hat als Eigentümer bekanntlich sämtliche Mietverträge für das Gebäude an der Friedenstraße zum 31. März 2011 gekündigt. Die Caritas sucht intensiv nach einem neuen Standort. Denn für psychisch kranke Menschen ist dieser Markt als Recyclingprojekt und Arbeitstraining "ein zentrales Element", sagt Hannemann.

Dachau: Die Caritas Dachau muss mit ihrem  Gebrauchtwarenmarkt "Probe" aus dem alten Feuerwehrhaus ausziehen - neue Räume hat sie noch nicht gefunden.

Die Caritas Dachau muss mit ihrem  Gebrauchtwarenmarkt "Probe" aus dem alten Feuerwehrhaus ausziehen - neue Räume hat sie noch nicht gefunden. 

(Foto: Niels P. Jørgensen)

Tatsächlich erfüllt der ProBe-Gebrauchtwarenmarkt, der seit 1999 in der ehemaligen Fahrzeughalle der Feuerwehr an der Friedenstraße untergebracht ist, eine Fülle von wichtigen, sozialen Funktionen. Primär verschafft das Projekt 42 psychisch Kranken Arbeit und Beschäftigung. Er ist damit tragende Säule der Caritas-Tagesstätte für psychisch Kranke, die Betroffenen Tagesstruktur und Freizeitgestaltung anbietet. Die Tätigkeit im Gebrauchwarenmarkt, wo gespendete Waren entgegengenommen, sortiert, aufgearbeitet und zum Verkauf angeboten werden, eröffne den Klienten die Chance, sich langsam wieder heranzutasten an Arbeit und geregelten Tagesablauf, erklärt Andreas Miller, Leiter des Sozialpsychiatrischen Dienstes, der dieses Angebot organisiert. Gleichzeitig mache der Markt "unabhängig von externen Arbeitsaufträgen", ergänzt Sozialpädagogin Katharina Wolf, Leiterin der Tagesstätte.

Im Gegenzug schätzen anscheinend viele Bürger aus dem Landkreis das vielfältige Angebot in der 800 Quadratmeter großen Halle, das einem Flohmarkt ähnelt. Wer sparen muss, profitiert von günstigen Preisen für Bücher, Kleidung, Hausrat und Kleinmöbel, solvente Besucher gehen gerne auf Schnäppchenjagd. An den wöchentlichen Verkaufstagen kommen gut 200 Kunden, berichtet Horst Mitschke, der die Halle organisiert. Jede Woche brächten etwa 50 Bürger Waren vorbei, bei 15Familien holten die Mitarbeiter des Projekts nach entsprechender Vereinbarung auch Spenden ab. "Allein 20 Tonnen Kleidung verarbeiten wir im Jahr", berichtet Mitschke. Zudem habe sich der Gebrauchtwarenmarkt über die Jahre zu einem sozialen Treffpunkt für die Nachbarschaft entwickelt: "Ihn werden die Leute vermissen".

In seiner speziellen Struktur ist der Dachauer Gebrauchtwarenmarkt der Caritas offenbar eine Rarität. Jedenfalls seien Versuche von Trägern in anderen Landkreisen, das Projekt nachzuahmen, regelmäßig gescheitert, erzählt Mitschke. Das Dachauer Modell, über Jahre gewachsen, "lässt sich nicht einfach kopieren". Gerade diese Erfolgsgeschichte ist für die Caritas jetzt Verpflichtung, einen optimalen Ersatzstandort zu finden. Auch wenn diese Suche schwierig werden könnte, zeigt Caritas-Geschäftsführer Hannemann durchaus Verständnis für die Mietkündigung der Stadt. "Von Anfang an war klar, dass die Stadt das Gebäude nicht sanieren wird." Und dass die Mietverträge deshalb nicht unbegrenzt laufen würden.

Allerdings haben Mitarbeiter und Klienten die Halle erst im Frühjahr 2009 umgebaut und renoviert, weil die Caritas damals auf eine längere Verweildauer gehofft hatte. Aus dem Rathaus erhalte man jetzt "Hinweise und konkrete Unterstützung", sagt Hannemann. Allerdings sind die Anforderungen hoch: Gesucht wird in der Stadt eine Halle mit 600 bis 800 Quadratmetern Fläche und ebenerdigem Zugang. "Die zentrale Lage ist wichtig, für unsere Klienten wie für Kunden sollte sie mit öffentlichen Verkehrsmitteln gut erreichbar sein", erklärt Hannemann.

Noch läuft die Suche intensiv; parallel dazu wird der Betrieb am bestehenden Standort wie gewohnt weiter geführt. Die Caritas ist zuversichtlich, schon weil sich fast zwingend eine Lösung ergeben müsse. "Ohne Gebrauchtwarenmarkt hätten wir ein ernstes Problem", sagt Katharina Wolf. "Dann wären wir damit beschäftigt, psychische Krisen unserer Klienten zu bewältigen".

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