Dachau:Musik ohne Schranken

Wie der Verein "music4all" sozial benachteiligte Menschen ins Boot holen will. Unterstützung kommt beim Benefizkonzert von den Dachauer Bands "Lupin" und "Six in the City".

Von David-Pierce Brill

Dachau: Die Gruppe "Six in the City" überschreitet mit ihrer Besetzung Grenzen: Sie passt daher hervorragend zum Verein "music4all", der sich zum Ziel gesetzt hat, Schranken zu überwinden und sozial benachteiligte Kinder und Jugendliche an die Musik heranzuführen.

Die Gruppe "Six in the City" überschreitet mit ihrer Besetzung Grenzen: Sie passt daher hervorragend zum Verein "music4all", der sich zum Ziel gesetzt hat, Schranken zu überwinden und sozial benachteiligte Kinder und Jugendliche an die Musik heranzuführen.

(Foto: Toni Heigl)

Im blauen Licht der Scheinwerfer ertönen Geige und Cello, Piano, Gitarre und Schlagzeug. Zusammen mit der Stimme der Sängerin entsteht der bekannte Song der Band Coldplay. "Viva la Vida" ist ein Song mit viel Orchester und tief gehendem Text. Die Botschaft des Titels: Es lebe das Leben. Für viele Musiker ist Musik ihre Form von Leben, sie drücken ihre Gefühle, Meinungen und Botschaften in ihren Liedern aus. Der Song ist gut gewählt. An diesem Abend geht es um beides: Musik und Leben.

Der Dachauer Verein "music4all" veranstaltet das Konzert, sucht Unterstützer für sein Projekt. Ziel des Vereins ist es, sozial benachteiligte Menschen einen Zugang zur Musik zu eröffnen. Das können Menschen mit Behinderung oder Kinder sein, die sich keinen Musikunterricht leisten können.

Markus Faiss hat den Verein Anfang des Jahres gegründet. Der Musiklehrer aus Dachau hat täglich mit jungen Menschen zu tun. Er weiß: Menschen mit wenig Geld können sich kein Musikinstrument, geschweige denn Musikunterricht leisten. Das ist ein großes Problem, gerade für talentierte junge Musiker. "Diese Menschen wollen wir ins Boot holen", sagt Faiss. Der Verein solle dabei helfen. Seiner Meinung nach unternehme die Stadt Dachau trotz ihrer vielen Bemühungen noch zu wenig. Das sieht auch Stefan Potrykus, Vorsitzender des Vereins so: "Musikunterricht kann im Monat 100 Euro kosten. Da bleiben viele Kinder ohne Geld auf der Strecke." Musik dürfe nicht vom Geldbeutel abhängen. "Jeder soll die Chance bekommen, Musik zu lernen."

Gerade auch deshalb, weil Musik mehr bedeute als lediglich ein Instrument zu beherrschen; "Musik ist Kommunikation", findet der Vorsitzende. "Ich kann versuchen, mich selbst auszudrücken und Sinne in mir anzusprechen. Durch das eigene Spielen kann ich Musik erzeugen und erleben." Dieses Musikerlebnis und das gemeinschaftliche Musizieren in Gruppen seien gerade für Menschen mit geistiger oder körperlicher Behinderung eine gute Möglichkeit, sich zu entfalten. Konkret möchte der Verein Workshops organisieren, Instrumente anbieten und Musikunterricht geben.

Das unterstützen die Bands "Six in the City" und "Lupin" an diesem Abend. Gitarrist Lukas Häfner von Lupin hat durch die Musik viel für sein Leben gelernt. "Gerade beim Spielen in einer Band ist Zuhören ganz wichtig. Das hilft auch im normalen Leben." Die beiden Bands wollen das durch ihren Auftritt fördern, bei dem sie auf einen Großteil ihrer Gage verzichten.

Die eigenen Ziele schraubt Stefan Potrykus herunter. "Wir können nicht alle Kinder fördern, aber ein klein wenig dazu beitragen, Musik interessant zu machen." Ein erster Schritt ist schon geplant. Im kommenden April bietet der Verein einen einwöchigen Ferien-Workshop für junge Menschen mit Behinderung an. Zusammen mit der Caritas in Dachau werden die Jugendlichen mit verschiedenen Instrumenten vertraut gemacht. In der Musikschule von Markus Faiss können sich dann die Jugendlichen in ihrem eigenen Tempo drei bis vier Stunden täglich musikalisch versuchen. Das soll aber erst der Anfang sein. In Planung seien Projekte für Menschen mit Migrationshintergrund und Asylbewerber. "Flüchtlinge können sich keinen Musikunterricht leisten und sind kaum in die Gesellschaft integriert", sagt der Gründer des Vereins, "hier wollen wir aktiv werden."

Der Verein selbst sammelt dafür Spenden und sucht junge Musiker, die ihr Wissen weiter geben möchten. Auf seinen Herzenswunsch angesprochen betont Faiss den Anspruch von Musik, für alle erlebbar zu sein: "Unabhängig von der finanziellen Situation soll es den Menschen, die Lust haben, Musik zu lernen, auch ermöglicht werden." Musik für alle, wie sie die Band "Six in the City" vor knapp einhundert Zuschauern spielt. Die Geigen und das Cello im letzten Refrain des Songs "Viva la Vida" erfüllen den Raum, der bis auf die Bühne in Dunkelheit gehüllt ist. Im hellen Scheinwerferlicht singt Frontfrau Tina Kollmair die letzten Zeilen. Viva la Vida. Es lebe das Leben.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: