Dachau:Mit viel Herz

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Fünf Ausnahmekünstler gestalten einen wunderbaren Abend: die Wellküren, Stofferl Well und Schauspielerin Monika Baumgartner. (Foto: Niels P. Jørgensen)

Die Wells, Monika Baumgartner - und Thomas Heilige Nacht

Von Petra Neumaier, Dachau

Ganz stad wird es, als die schwarz gekleideten Wellküren mit ihrem Bruder Stofferl und Schauspielerin Monika Baumgartner die Bühne betreten. Plötzlich verstummt sind das "Wer-was-wem-schenkt" und das "Was-man-noch-alles-erledigen-muss", wie in Luft aufgelöst die heißen Debatten um den besten Gansbraten. Und als Christoph (Stofferl) Well sogleich seiner Trompete eine zarte Weise entlockt, ist auch der letzte vorweihnachtliche Stress aus den Gedanken verschwunden. 80 Minuten lang darf das Publikum im vollbesetzten Saal des Ludwig-Thoma-Hauses vergessen und eintauchen, in die stimmungsvolle und so ganz eigene Heilige Nacht von Ludwig Thoma.

Die traditionellen oberbayerischen Lieder, die sich mit dem vertonten Evangelium abwechseln - vorgetragen als Drei- oder Viergesang - und der absolut authentische Vortrag von Monika Baumgartner waren so stimmig und kurzweilig, wie es nur sein kann. Seit vier Jahren treten die fünf Künstler gemeinsam mit ihrer Inszenierung der Heiligen Nacht auf. Manchmal dreimal, hin und wieder nur einmal im Jahr. "Aber immer erst kurz vor Weihnachten", sagt Moni Well. Oft erst zu den Aufführungen sieht sie Monika Baumgartner dann wieder - zu verschieden sind die Wege der Künstler: die Wellküren sind in ganz Deutschland mit ihrem kabarettistischen Programmen unterwegs; die Schauspielerin, Moderatorin und Sprecherin steht auf Bühnen und vor Kameras - und der Vollblut-Musiker hat auch einen dichten Terminkalender. "Aber alles zu seiner Zeit", sagen die drei Well-Schwestern gelassen, weshalb sie sich auch erst noch Anfang der Woche auf die Suche nach Weihnachtsgeschenken machen.

Thomas Heilige Nacht hat die Zeit überdauert - obwohl die Verserzählung fast 100 Jahre alt ist. Damals verlegte der Schriftsteller die Weihnachtslegende in das verschneite bayerische Oberland, wo der "Zimmamo" Josef und seine schwangere Frau Maria auf Bethlehem ins "Rentamt roas'n". Wie im Lukas-Evangelium werden sie dort von den reichen Herbergsbesitzern abgewiesen - nur dass es hier die grantelnden Knechte und "Vizes" sind, die sie beim "Huaba ums Eck" oder in der "Post" und beim "Lämmle" weiterschreien.

50 Minuten dauert netto die Lesung, drum beschlossen die Well-Musiker, jene zu untermalen. Mit Liedern, die sie selbst gern mögen. Schon als Kinder sangen sie jene auf der Bühne, damals noch bis zu 35 Mal in der Weihnachtszeit im Krippenspiel, das der Vater geschrieben und vertont hat. "Durch die Lesung von Monika Baumgartner haben sie sich ganz neu entfaltet", strahlt Bärbi, die an dem Abend als Einzige der Schwestern nicht unter einem grippalen Infekt leidet.

Wie auf die Schauspielerin zugeschnitten erscheint der Text von Ludwig Thoma. "Aber freilich", gibt die leidenschaftliche Vertreterin des bayerischen Dialektes zu, war es auch für sie anfangs schwierig, den Text zu lesen und zu lernen. Weil er halt doch sehr bayrisch geschrieben ist. "Mit der Zeit ging's dann scho." Und letztendlich trägt Monika Baumgartner jeden Vers mit so viel Herz und Inbrunst vor, dass wahrlich nicht jedes Wort verstanden werden muss, um zu verstehen. Diese außergewöhnliche Version der Heiligen Nacht, die Ludwig Thoma mit seinen eigenen, zeitgenössischen und noch immer gültigen Gedanken belegt hat. Und die er mit folgenden Versen schließt: "Und geht's ös in d' Mett'n, ös Leut, na roat's enk de G'schicht a weng z'samm! Und fragt's enk, ob dös nix bedeut', daß 's Christkind bloß Arme g'sehg'n hamm."

© SZ vom 22.12.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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