Dachau:Mit 98 auf dem Volksfest

Seniorennachmittag

Ein Prosit der Gemütlichkeit mit Elisabeth Rahner, 98 Jahre alt, auf dem Seniorennachmittag des Volksfests in Dachau.

(Foto: Niels P. Jørgensen)

Nach dem Krieg wurde die Schlesierin Elisabeth Rahner in Dachau nicht von allen freundlich aufgenommen. Nun hat der OB sie geehrt - als älteste Besucherin des Seniorennachmittags.

Von Manuel Kronenberg

DachauBayerische Flaggen hängen von der Decke des Bierzelts auf dem Dachauer Volksfest. An diesem heißen Montagnachmittag ist der Zelthimmel, der sich so ganz in weiß-blau präsentiert, fast schon wie ein Spiegel. Schaut man weiter runter, offenbart sich ein Meer aus weißem Haar. Es ist Seniorennachmittag. Die Stadt hat alle Dachauer, die älter als 65 Jahre sind, zu einem Treffen eingeladen. Das sind immerhin mehr als 8000 - gut 4000 Gäste sind gekommen, schätzt Klaus Mader, Leiter der Abteilung Soziale Einrichtungen im Rathaus. Sie sitzen im Biergarten unter der heißen Sommersonne oder im Festzelt, wo es nicht weniger heiß ist, und genießen ihre Maß Bier und Würstel mit Semmel.

Um 14 Uhr betritt Oberbürgermeister Florian Hartmann (SPD) die Bühne, er wünscht allen Gästen ein paar schöne Stunden auf dem Seniorennachmittag. Schließlich überlässt er die Bühne ganz der Knabenkapelle Dachau, die sodann ein Stück anstimmt. Den Senioren gefällt es, viele klatschen sofort mit.

Elisabeth Rahner hat noch die Anfänge auf der Thoma-Wiese miterlebt

Auch Elisabeth Rahner ist gekommen. Sie ist stolze 98 Jahre alt und damit die älteste Besucherin des diesjährigen Seniorennachmittags. Als Begleitung hat sie ihre Tochter dabei. Außer ihrer Tochter hat sie noch drei weitere Kinder, sechs Enkel und elf Urenkel. "Alle brav und anständig", sagt sie. "Die sind wirklich meine größte Freude." An diesem Nachmittag ist die 98-Jährige das erste Mal seit einigen Jahren wieder auf dem Volksfest. Aber auch schon die Anfänge auf der Ludwig-Thoma-Wiese hat sie miterlebt.

Elisabeth Rahner ist ursprünglich aus Schlesien. Als sie gerade mit ihrem dritten Kind schwanger war, kam sie mit ihrer Familie aus Breslau nach Dachau. Einen sechswöchigen Fußmarsch mussten sie hinter sich legen. Die ersten Jahre in dem neuen Ort waren eine schwere Zeit für sie. Flüchtlinge in Dachau wurden nicht von allen wohlwollend aufgenommen. Rahner erzählt von einem früheren Besuch auf dem Volksfest. Es war nicht lange nach ihrer Ankunft in Dachau. Ihre Familie kam ins Festzelt, fand aber keinen Platz, niemand wollte für die Fremden aufrücken.

Geschafft

Als sie am Tisch der Schausteller vorbeikamen, wurden sie gefragt, woher sie denn kommen. Aus Schlesien. Daraufhin wurden alle von den Schaustellern eingeladen, und der ganze Besuch war für sie kostenlos. Das sei ihr schönstes Erlebnis auf dem Dachauer Volksfest gewesen, sagt Elisabeth Rahner. "Da habe ich dann gedacht: Jetzt habe ich es geschafft." Und nun, nach all den Jahren, sei Dachau sowieso schon lange ihr neues Zuhause geworden.

Die Knabenkapelle stimmt das nächste Stück an und OB Hartmann kommt zu Rahners Tisch - und schenkt ihr einen großen Blumenstrauß.

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