Dachau:Mehr Flüchtlinge gehen als kommen

Asylbewerber Unterkunft

An den Anblick der Containerunterkunft am Himmelreichweg vor dem Hintergrund der Altstadt haben sich die meisten Dachauer schon gewöhnt.

(Foto: Niels P. Jørgensen)

Seit Jahresbeginn ist die Zahl der Asylsuchenden im Landkreis von etwa 1900 auf 1400 gesunken.

Von Viktoria Großmann

Die Zahl der Asylsuchenden im Landkreis ist seit Jahresbeginn deutlich zurück gegangen: von etwa 1900 auf 1400. In diesem Jahr erhielten insgesamt 267 Menschen eine Aufenthaltserlaubnis und konnten aus den Flüchtlingsunterkünften ausziehen, 90 verließen laut Landratsamt freiwillig Deutschland, 21 Menschen mussten das Land verlassen, ihnen wurde kein Asyl gewährt. Schließlich verließen viele den Landkreis im laufenden Asylverfahren, etwa, weil sie die Traglufthalle in Karlsfeld verlassen konnten und in einen anderen Landkreis geschickt wurden. "Einige verschwinden", sagt der Sprecher des Landratsamts, Wolfgang Reichelt, doch das seien "Einzelfälle".

Weniger Arbeit bedeutet das für die Helferkreise nicht: In Petershausen haben die Freiwilligen mehr Arbeit als ihnen lieb ist, wie Joachim Werner vom Helferkreis sagt. Nach Petershausen werden einige Flüchtlinge geschickt, die zuvor in den Traglufthallen lebten. Seien lange Zeit die Zimmer jeweils mit zwei Leuten belegt gewesen, so gebe es nun durchgängig eine Dreifachbelegung. Zugleich lasse der Enthusiasmus der Helfer etwas nach, so erscheint es Werner. Die Gruppe dürfte gerne wieder größer werden, sagt er. So werden etwa Freiwillige gesucht, die ein oder zwei Stunden in der Woche abends in der Hausaufgabenbetreuung helfen. Die meisten Flüchtlinge, die in Petershausen leben, sind junge Männer zwischen 18 und 25 Jahren, die auf die Berufsschule in Dachau gehen. Mangel an Arbeit hat auch der Arbeitskreis Asyl in Dachau nicht, dafür aber auch keinen Mangel an Helfern. Auf einen Aufruf im Oktober hätten sich erneut viele gemeldet, die gern beim Deutschunterricht helfen wollen, sagt Waltraud Wolfsmüller. Auf dem Unterricht liegt weiterhin das Hauptaugenmerk in Dachau wie in Petershausen - mit deutlichen Erfolgen. "Einige sprechen schon fließend deutsch", sagt Werner. Die Ehrenamtlichen helfen auch, Jobs zu vermitteln, viele Betriebe in Petershausen hätten sich sehr offen gezeigt. Schwer machen es die gesetzlichen Bestimmungen. Einige junge Männer etwa hätten eine Ausbildung zum Lkw-Fahrer. Die werden dringend gesucht, doch kein Betrieb traue sich, in die teure Ausbildung und den deutschen Führerschein für einen Angestellten zu investieren, der dann vielleicht Deutschland wieder verlassen muss. Abschiebungen haben sowohl die Dachauer als auch die Petershausener Helfer schon erlebt. "Leider müssen oft die gehen, die sich schon gut integriert hatten", sagt Werner.

"Man muss viele Klinken putzen"

Ein wenig haben sich die Aufgaben der Helfer geändert. Es geht nun darum, die weiteren Schritte der Flüchtlinge zu begleiten. Die ersten Behördengänge und Kurse sind gemacht, nun geht es um die weitere Orientierung, Berufsschule, Job und immer häufiger um Hilfe bei der Suche nach einer Wohnung. Die Menschen, die eine Aufenthaltserlaubnis bekommen, sollen die Flüchtlingsunterkünfte verlassen und in eigene Wohnung ziehen. Das geht fast nur über persönliche Kontakte, sagt Waltraud Wolfsmüller. Immer wieder aber melden sich auch Vermieter beim Helferkreis, die gezielt, Flüchtlinge aufnehmen wollen. Manche "ernten böse Blicke von den Nachbarn", sagt Werner. Wohnungen zu finden sei "sehr mühselig. Man muss viele Klinken putzen".

Die Stadt Dachau ist sich der Wohnungsknappheit, die alle Menschen in der Region betrifft, wohl bewusst. Die Stadtbau GmbH verwirklicht zur Zeit mehrere Projekte im Stadtgebiet, in Dachau Ost und Süd, am Amperweg, auf längere Sicht in Mitterndorf. Anerkannte Flüchtlinge sind laut Wolfsmüller bisher kaum in den Sozialwohnungen untergekommen. Wer eine Anerkennung und Aufenthaltsrecht bekommt, dem raten die Helfer, sich bei der Stadt um eine Wohnung zu bewerben und sich auf die Warteliste setzen zu lassen.

Es könnte wieder eng werden

Damit, dass dem Landkreis wieder neue Flüchtlinge zugewiesen werden, rechnet das Landratsamt derzeit nicht. Bereits seit April wird nicht mehr wöchentlich eine bestimmte Anzahl Asylsuchender im Landkreis untergebracht. Seit Anfang des Jahres war die Zahl der ankommenden Flüchtlinge deutlich zurück gegangen. Der Landkreis könne auf Anfragen der Regierung von Oberbayern reagieren, sagt der Sprecher des Dachauer Landratsamtes Wolfgang Reichelt dazu nur.

Nun könnte es trotzdem wieder eng werden. Im Frühjahr verhängte die Regierung von Oberbayern einen Baustopp für weitere Unterkünfte. Die Fertigstellung der Unterkunft am Spitz in Karlsfeld habe sich dadurch verzögert, sagt Reichelt. Das Landratsamt habe demnach durchgesetzt, dieses Vorhaben trotz Baustopp zu Ende zu bringen. Verantwortlich ist die Kreiswohnungsbaugesellschaft WLD, im Frühjahr soll die Unterkunft für etwa 180 Menschen fertig sein. Im Januar soll die Traglufthalle in Bergkirchen abgebaut werden. Dann werde es im Landkreis Dachau kaum noch freie Plätze geben, sagt Reichelt. Die Menschen, die dort noch leben, sollen in anderen Landkreisen untergebracht werden.

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