Dachau:Kreisräte fordern mehr Personal fürs Krankenhaus

Dachau: 53 Millionen investiert Helios aus dem eigenen Etat in die Erweiterung des Dachauer Klinikum.

53 Millionen investiert Helios aus dem eigenen Etat in die Erweiterung des Dachauer Klinikum.

(Foto: Toni Heigl)

Der Geschäftsführer der Helios-Klinik verweist lapidar auf die Investitionen von 53 Millionen Euro für die Erweiterung in Dachau.

Von Wolfgang Eitler, Dachau

Der Dachauer Kreistag fordert die Geschäftsführung der Helios Kliniken GmbH in Berlin auf, eine bessere Pflege an ihrem Haus in Dachau zu gewährleisten, mehr Pflegekräfte einzustellen und deswegen einen eventuellen, reduzierten Gewinn hinzunehmen. Allerdings zeigte sich der Betriebsratsvorsitzende der Helios Amperklinikum AG Dachau, Claus-Dieter Möbs, skeptisch. Er berichtete dem Gremium in seiner Stellungnahme von einem Gespräch des gesamten Konzernbetriebsrats mit dem Helios-Kliniken-Chef Francesco De Meo in Berlin. Dabei sei es um die Frage gegangen, wie viele Pflegekräfte mindestens in einer Klinik verbindlich vorgeschrieben sein sollten. De Meo habe zynisch geantwortet: "Eine Krankenschwester." Möbs sagte: "Da kommt mir das Kotzen." Denn: "Die Pflegekräfte in Dachau sind komplett überlastet." Dagegen helfe auch nicht der Verweis auf statistische Mittelwerte an deutschen Kliniken.

Mitte März dieses Jahres musste sich Helios-Klinikenchef De Meo bereits kritische Fragen des Schriftstellers und Journalisten Günter Wallraff gefallen lassen, der im Auftrag von RTL gemeinsam mit der Gewerkschaft Verdi eine Helios-Klinik in Wiesbaden unter die Lupe genommen hatte und über bedenkliche Verhältnisse berichtete. De Meo gestand sie teilweise ein, so wie jetzt Christoph Engelbrecht als Helios-Geschäftsführer des Dachauer Klinikums am Freitagmorgen dem Kreistag die Klagen über fehlende Sauberkeit bestätigte. Die Mehrheit des Gremiums nahm die Ausführungen zu den Maßnahmen für mehr Sauberkeit indes nüchtern entgegen und konzentrierte sich auf die Frage nach der Qualität der Pflege und der Belastung der Belegschaft.

"Wir müssen genauer hinschauen"

CSU-Sprecher Wolfgang Offenbeck zeigte sich von einer Debatte genervt, die beinahe alle drei Jahre die Kreispolitik beschäftige. Selbstkritisch sagte er: "Wir müssen genauer hinschauen." Erstmals in den Debatten des Kreistags über die Kliniken führten Kreisräte Beispiele dafür an, was an dem Dachauer Klinikum nicht gut läuft. Bisher war es in dem Gremium ein unausgesprochener Konsens, solche Informationen öffentlich nicht darzulegen. Daran hielten sich alle sowohl unter der Ägide der Rhönklinikum AG als auch seit 2014 unter Helios. Anscheinend kommt es regelmäßig vor, dass Patienten in Betten mit Kotflecken und Blutflecken liegen (SPD-Fraktionssprecher Harald Dirlenbach). Die während ihres Klinikaufenthalts gehbehinderte Mutter von Elisabeth Kappes (ÖDP) musste mehr als eine halbe Stunde frierend auf der Toilette sitzen. Und die Versorgung eines Palliativpatienten verlief eher unglücklich (Offenbeck). Das waren Beispiele, die weit über die Kritik auch in den Medien der vergangenen Wochen hinausgingen und explizit zentrale pflegerische Standards berührten. Deshalb zeigte sich Offenbeck auch darüber verärgert, dass der Vorstandsvorsitzende von Helios für die Kliniken in Süddeutschland, Marc Sommer, nicht anwesend war. Er hat sein Büro in Dachau. Offenbeck sagte: "Ich finde das enttäuschend." Dann hätte sich der Kern der Debatte nach Offenbecks Wunsch besonders um die Qualität der Vor-und Nachsorge der Patienten drehen können. Der CSU-Sprecher wollte die Unternehmensstrategie von Helios im Kreistag öffentlich zur Diskussion stellen.

Darin war er sich mit Grünen-Sprecherin Marese Hoffmann ("Fehlende Empathie für die Pflege führt zur fehlenden Empathie für Patienten."), SPD-Kreisrat Heinz Eichinger und auch dem Fraktionsvorsitzenden der Freien Wähler, Michael Reindl, einig. Sie hoben auf die "ethische" und "moralische" Aufgabe von Helios ab, eine gute Gesundheitsversorgung des Landkreises gewährleisten zu müssen. Alle stimmten darin überein, dass die Vorgaben der Bundespolitik letztlich die Ursache für die Dachauer Probleme sind. Der Bund setzt darauf, dass Kliniken schließen, weil angeblich ein Überangebot in Deutschland besteht. Gleichzeitig werde der wirtschaftliche Druck auf die Unternehmen erhöht - egal ob kommunal oder privatwirtschaftlich organisiert.

Dachauer Klinikum nicht schlecht reden

Christoph Engelbrecht räumte ein, für diese Fragen der falsche Ansprechpartner zu sein. Doch Vorstandschef Sommer könne nicht anwesend sein, weil in Berlin eine zentrale Helios-Tagung mit Anwesenheitspflicht stattfinde. Allerdings unterstützten ihn auch einige Kreisräte. Der CSU-Landtagsabgeordnete Bernhard Seidenath lobte ihn für den Maßnahmenkatalog für mehr Sauberkeit und setzte sich damit über die Stellungnahme seines Fraktionssprechers Offenbeck hinweg. Edgar Forster (Freie Wähler Dachau) sah betriebswirtschaftliche Probleme tangiert, die nicht die Pflege, sondern "eine Stufe darunter" beträfen. Er meinte die Servicekräfte und die Reinigung. SPD-Kreisrat Eichinger warnte davor, das Dachauer Klinikum in der Öffentlichkeit schlecht zu reden. Er lobte die seiner Ansicht nach herausragende medizinische Qualität. Einschränkend fügte er an, dass die pflegerische nachziehen müsse. Er appellierte an den Helios-Konzern, die Erwartung einer Umsatzrendite von 15 Prozent zu reduzieren. "Was macht es schon aus, wenn es mal 14 oder 13 Prozent sind?"

Diese Frage gab der Dachauer Geschäftsführer Christoph Engelbrecht an das Gremium zurück und verwies auf die Investitionen für eine Erweiterung des Dachauer Klinikums in einer Größenordnung von 70 Millionen Euro. 53 Millionen Euro müsse Helios selbst aufbringen. Engelbrecht: "Kein Euro wird aus dem Dachauer Haus hinausgehen." Die Stimmung im Kreistag fasste Landrat Stefan Löwl (CSU), der auch stellvertretender Aufsichtsratsvorsitzender von Helios in Dachau ist, in einem Wunsch zusammen: "Der Konzern muss bei den Menschen in Dachau ankommen."

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