Erntebilanz:Kleine Kartoffeln

Nach Einbußen bei der Getreide- und Maisernte und dem Preisverfall der Milch erwarten die Landwirte im Landkreis auch bei den Erdäpfeln ein Minus von 30 Prozent.

Von Benjamin Emonts, Dachau

Die Nässe des Frühjahrs und die anhaltende Hitze des Sommers haben zu erheblichen Einbußen bei der Kartoffelernte geführt. Nach Einschätzung von Anton Kreitmair, Kreisobmann der Bauern, belaufen sich die Mindererträge im Landkreis Dachau auf durchschnittlich 30 Prozent. "Die Kartoffel hat von allen Feldfrüchten mit am meisten unter der Hitze gelitten", sagt er.

Landwirt Martin Strobl aus Vierkirchen kann dies bestätigen. Er baut auf insgesamt einem Viertel seiner Ackerfläche Kartoffeln an, sie sind seine Haupteinnahmequelle. Bereits jetzt, noch bevor seine Ernte ganz abgeschlossen ist, zieht Strobl ein ernüchterndes Fazit: Seine Erträge seien um mindestens 25 Prozent eingebrochen. Und nicht nur das: Aufgrund der extremen klimatischen Bedingungen dieses Jahres seien seine Kartoffeln nicht nur kleiner, sondern auch qualitativ schlechter. "Wir gehen jetzt daran nicht pleite", sagt Strobl. "Aber für neue Investitionen bleibt wahrscheinlich nichts mehr übrig."

Die Misere in der Kartoffelernte bahnte sich im nassen Frühjahr an. Durch die anhaltenden Niederschläge bildete sich auf den Lehmböden teilweise Staunässe, wodurch die Kartoffeln regelrecht ertranken und folgerichtig abstarben. "Zudem waren die Arbeitsbedingungen beim Setzen wegen der Nässe extrem schlecht", erklärt Kreisobmann Kreitmair. Es folgte im Sommer ein abrupter Klimawechsel hin zu anhaltender Trockenheit. Dazu muss man wissen, dass Kartoffeln bei Temperaturen jenseits der 28 Grad ihr Wachstum einstellen. Hinzu kommt, dass die Hitze unter Umständen zur sogenannten Kindelbildung führen kann, wie Landwirt Martin Strobl erklärt. Sie entsteht, wenn auf sehr heiße und trockene Perioden, in denen die Knollen nicht mehr wachsen, Kälte und Feuchtigkeit folgten. Das Wachstum der Kartoffelknolle setzt dann erneut ein und es bilden sich Tochterknollen in Form von kleinen, rundlichen Auswüchsen. "Das sieht erstens nicht schön aus und führt zweitens zu einer schlechteren Haltbarkeit - und die Kartoffeln schmecken schlechter", sagt Strobl.

Erntebilanz: Wegen Ernteeinbußen von bis zu 30 Prozent gehen die Kartoffelvorräte von Landwirt Andreas Märkl rasch zur Neige.

Wegen Ernteeinbußen von bis zu 30 Prozent gehen die Kartoffelvorräte von Landwirt Andreas Märkl rasch zur Neige.

(Foto: Toni Heigl)

Der Dachauer Landwirt Andreas Märkl, der seine Kartoffeln größtenteils im eigenen Hofladen vertreibt, hatte zumindest mit der Kindelbildung keine Probleme. Als einer der wenigen Bauern hat Märkl die Möglichkeit, seine Kiesböden zu bewässern. Nichtsdestotrotz konstatiert auch er Ernteeinbußen zwischen 25 und 30 Prozent. Der Minderertrag, befürchtet Märkl, könnte dazu führen, dass es schon im Juli nächsten Jahres keine Kartoffeln mehr in seinem Laden gibt, wenn die Vorräte aufgebraucht sind.

Das Landesamt für Statistik hatte bereits vor einer Woche die bayernweit zweitschlechteste Kartoffelernte der Nachkriegszeit vermeldet. Für den Landkreis Dachau trifft dies so nicht zu, wie Anton Kreitmair betont. Insgesamt aber blicken auch die Bauern aus dem Landkreis auf ein "sehr wechselhaftes und durchwachsenes Jahr" zurück, wie er sagt. Schon die Getreideernte verlief aufgrund der extremen Temperaturen bestenfalls durchschnittlich. Beim Mais führte die anhaltende Trockenheit zu Ernteeinbußen von durchschnittlich 30 Prozent. Bei Landwirten in und um Dachau, die ihren Mais auf Kiesböden kultivierten, waren die Einbußen sogar noch dramatischer. Auch dem Grünland setzte die Hitze schwer zu. Für gewöhnlich können die Landwirte ihre Wiesen vier bis fünf Mal pro Jahr abmähen. In diesem Jahr allerdings wuchs das Gras nach den ersten beiden Schnitten kaum mehr nach, sodass, wenn überhaupt, nur ein drittes Mal gemäht werden konnte.

Erntebilanz: Kleiner und qualitativ schlechter sind die Kartoffeln in diesem Jahr.

Kleiner und qualitativ schlechter sind die Kartoffeln in diesem Jahr.

(Foto: Heigl)

Schließlich sind die Preise für Milch und Fleisch drastisch eingebrochen, weshalb sich 70 Bauern aus dem Landkreis zu einer großen Protestaktion vor Dachauer Supermärkten veranlasst sahen. Trotzdem weist der CSU-Landtagsabgeordnete Kreitmair darauf hin, dass die Landwirte im Landkreis im bayernweiten Vergleich mit einem blauen Auge davongekommen seien. Insbesondere in Nordbayern, beispielsweise in Franken, mussten die Bauern weitaus gravierendere Einbußen hinnehmen. "Sie haben schlechtere Böden und es hat dort noch weniger geregnet", sagt Kreitmair.

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