Dachau:Kehraus

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13 Jahren lang hat ein Förderverein den Faschingsumzug, der 10 000 Besucher anlockte, in Dachau organisiert. Jetzt löst sich der Verein überraschend auf und sagt das Spektakel in der Altstadt für 2014 ab.

Von Helmut Zeller

Aus ist es mit der Faschingsgaudi in Dachau: 10 000 Besucher lockten der Umzug und das närrische Treiben am Faschingssamstag jedes Jahr zum Rathausvorplatz in der Altstadt. Die Freunde eines der größten Spektakel im Kulturkalender der Stadt haben sich den 1. März 2014 schon vorgemerkt. Doch der Faschingsumzug fällt aus. Der Förderverein um Erik Stöhr und Heidi Fitzthum löst sich auf. Der Grund: Der Verein habe nur noch sieben Mitarbeiter, schrieb Stöhr am Montag an Oberbürgermeister Peter Bürgel (CSU). Die Organisation des Umzugs und des Faschingstreibens könnten bei allen Anforderungen nicht mehr geleistet werden. "Uns fehlt schlichtweg die Manpower", heißt es in dem Brief.

Närrisches Treiben in der Dachauer Altstadt war einmal. Den Organisatoren macht der Umzug zu viel Arbeit. (Foto: Joergensen)

Am Donnerstag, 28. November, fand nach 13 Jahren die letzte Sitzung des Faschingszugs-Fördervereins statt. Die Mehrheit beschloss die Auflösung des Vereins. "Wir sind sehr traurig", sagte Heidi Fitzthum, die den Umzug im Jahr 2000 wieder belebt hatte. Die LAD ("Leistung aus Dachau"), ein Zusammenschluss Dachauer Geschäftsleute, hatte die Veranstaltung fallen gelassen. Erik Stöhr und seine Mitstreiter bedauern, dass die Faschingsfreunde - viele kommen inzwischen sogar von auswärts - nun enttäuscht sein werden. "Aber auf Dauer können wir so nicht weitermachen", sagte Heidi Fitzthum.

Wie alle Vereine haben die Faschings-Organisatoren mit Nachwuchsproblemen und Mitgliederschwund zu kämpfen. "Wir bedauern das sehr", sagte Hauptamtsleiter Josef Herrmann im Gespräch mit der Süddeutschen Zeitung. Der Verein hat den Fasching zu einem der Höhepunkte im kulturellen Leben der Stadt gemacht. Im Jahr 2000 startete man mit knapp 20 Wagen - inzwischen nehmen an dem Umzug doppelt so viele Festwagen und ungefähr 1200 Mitwirkende teil. Der Faschingsumzug in Markt Indersdorf ist der größte, aber die Umzüge in Weichs und Petershausen sind von Dachau längst überholt worden. Vor allem kommen jedes Jahr viele Besucher aus der Landeshauptstadt und anderen Städten in der ganzen Münchner Region nach Dachau.

Die wachsende Zahl von Besuchern und Teilnehmern machte in den vergangenen Jahren jedoch strengere Auflagen nötig. Der Umzug geriet immer wieder in negative Schlagzeilen. Gerade unter jugendlichen Besuchern kam es - nicht nur in Dachau - während des Faschingstreibens zu Alkoholexzessen und Gewaltausbrüchen. So wurden auf den Faschingswagen Glasflaschen verboten, Polizeipräsenz und Alkoholkontrollen vor dem Umzug von der Thoma-Wiese durch die Altstadt zum Rathaus verstärkt. Der Verein musste private Sicherheitsleute engagieren. 2008 hatte die Feuerwehr Dachau den Umzug boykottiert, da ihr die Randale zu viel wurden. Ein Jahr später nahm sie wieder teil. Wegen Unfällen bei anderen Faschingsumzügen verlangte der TÜV eine Kontrolle der beteiligten Wagen und verstärkte die Auflagen für Aufbauten.

Die Auflagen könnten die paar Vereinsmitglieder nicht mehr erfüllen, erklärte Erik Stöhr. In diesem Jahr erließ der Kulturausschuss des Dachauer Stadtrats ein Glasverbot, das es in vielen anderen Kommunen bereits gibt. Das wurde notwendig, weil die Plätze und Straßen in der Altstadt nach jeder Faschingsgaudi mit Glasscherben übersät sind. Zehn Bauhofmitarbeiter waren im Einsatz und mussten die Glassplitter teilweise mit der Pinzette aus den Rillen zwischen den Pflastersteinen holen. Aber nicht um die Kosten der Reinigung geht es, für die die Stadt jährlich 6000 bis 8000 Euro zahlt. Die Sicherheit der Besucher, vor allem auch der vielen Kinder darunter, muss gewährleistet bleiben.

Das Glasverbot ärgert Heidi Fitzthum. Wenn man etwa Sekt nicht mehr in Flaschen, sondern nur in Pappbechern verkaufen dürfe, dann verringerten sich die Einnahmen. Außerdem würden viele Besucher, so Fitzthum, ihre eigenen Flaschen mitbringen. Der Verein finanziert sich aus dem Verkauf und aus Spenden von Geschäftsleuten. "Am Ende zahlen wir drauf", sagt Fitzthum. Allerdings kommt für das Defizit ohnehin die Stadt auf. Oberbürgermeister Bürgel und seine CSU-Fraktion setzten 2010 die Erhöhung des jährlichen Zuschusses auf 14 500 Euro durch, gegen Proteste aus anderen Fraktionen. Stadt, Verein, Polizei und Jugendamt haben ein Sicherheitspaket zusammengestellt - die Umzüge verlaufen seit 2010 denn auch relativ friedlich. Jetzt wirft jedoch der Verein das Handtuch. "Wir stehen selbstverständlich jedem gerne zur Verfügung, um unser Wissen um die Organisation des Faschingsumzuges weiter zu geben", schreibt Stöhr und bedankt sich bei der Stadt für die "reibungslose Zusammenarbeit". Einziger Trost: Der beliebte Kinderumzug, versichert Heidi Fitzthum, soll erhalten bleiben.

© SZ vom 03.12.2013 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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