Dachau:Jugendsozialarbeiter für Grundschulen

Die Stadt Dachau reagiert auf die massiven Proteste von Eltern und Lehrern und beantragt beim Landkreis vier Stellen für Pädagogen, die verhaltensauffällige Kinder und ihre Eltern unterstützen sollen.

Petra Schafflik

Dachau: Kreisjugendamtsleiter Ulrich Wamprechtshammer. Foto: Niels Jørgensen

Kreisjugendamtsleiter Ulrich Wamprechtshammer. Foto: Niels Jørgensen

(Foto: DAH)

Die massiven Proteste der Eltern und wiederholten Appelle der Schulleiterinnen zeigen Wirkung: Die Stadt wird jetzt den Einsatz von Jugendsozialarbeitern an allen vier Dachauer Grundschulen anstoßen. Diese pädagogische Unterstützung wird sofort beim Landkreis beantragt, der für Jugendsozialarbeit als Teil der Jugendhilfe zuständig ist. Das haben die Stadträte im Familien- und Sozialausschuss einstimmig entschieden. "Unser Einsatz hat sich gelohnt", sagte Piroska Kneuer, die als Vorsitzende des gemeinsamen Elternbeirats die Debatte im Ausschuss verfolgte. "Ein wunderbarer Schritt", freut sich Helga Schiller, Rektorin der Grundschule Augustenfeld. In der Vergangenheit hatte der Stadtrat Jugendsozialarbeit für Grundschulen mehrfach abgelehnt, da es keine staatlichen Zuschüsse gab. Das hat sich aber mit einer neuen Förderrichtlinie geändert.

Verhaltensauffällige Schüler und beratungsresistente Eltern machen Lehrern und Schulleitern an den Grundschulen zunehmend das Leben schwer. Eindringlich hatte Rektorin Helga Schiller sich im März deswegen mit einem Hilferuf an die Öffentlichkeit gewandt. Und ihre Kollegin Gabriele Dörfler von der Grundschule-Ost, das geht aus den Sitzungsunterlagen hervor, bat Oberbürgermeister Peter Bürgel (CSU) schriftlich "um Zuweisung eines Sozialpädagogen". Auch der Gesamtelternbeirat verlangte mit Nachdruck, im Sinne der Prävention endlich sozialpädagogische Fachkräfte zu bewilligen. Eltern wie Schulleiterinnen hatten nach vergeblichen Anläufen in der Vergangenheit nun wieder die Initiative ergriffen, weil neue staatliche Förderrichtlinien erstmals auch für Sozialpädagogen an Grundschulen Zuschüsse zubilligen. Bislang war die Finanzierung auf wenige Schularten beschränkt, so dass es im Landkreis nur an Mittelschulen, Berufsschule und Förderzentrum Jugendsozialarbeit gibt. Als Pilotprojekt leistet sich Petershausen mit Unterstützung des Landkreises eine Sozialpädagogin an der Grundschule.

Doch Jugendsozialarbeit wird nicht alle Nöte der Schulen lösen, warnte Kreisjugendamtsleiter Ulrich Wamprechtshammer im Familienausschuss des Stadtrats. "Jugendsozialarbeit an Schulen ist eindeutig eine Leistung der Jugendhilfe, versteht sich als Außenstelle des Jugendamts." Aber nicht eine auf alle Schüler ausgerichtete pädagogische Präventionsarbeit sei das Ziel. Vielmehr gehe es darum, Eltern und Kinder in schwierigen Lagen zu unterstützen, "um künftige Heimfälle zu vermeiden". Der Einzelfall sei im Blick, Jugendsozialarbeit richte sich vorrangig an die Eltern und solle helfen, "dass sich Verhaltensauffälligkeiten nicht chronifizieren". Wamprechtshammer machte die Grenzen deutlich: "Wir können disziplinarische Probleme der Schulen nicht lösen."

Doch überzogene Erwartungen hegen Eltern wie Schulleiterinnen ohnehin nicht. Die skizzierte Fokussierung auf schwierige Kinder und unterstützungsbedürftige Eltern, "das ist genau das, was wir brauchen", sagte Rektorin Schiller nach der Sitzung im Gespräch mit der SZ. Natürlich würden Lehrer weiterhin mit Schülern und Eltern im Gespräch bleiben. "Das ist unserer Aufgabe." Doch wenn sich Jugendsozialarbeiter der stark verhaltensauffälligen Kinder annähmen und auch auf deren Familien einwirkten, werde das eine enorme Verbesserung bringen.

Das sahen die Stadträte im Ausschuss offenbar genauso und votierten einstimmig dafür, beim Landkreis Jugendsozialarbeit zu beantragen. Und zwar für alle vier städtischen Grundschulen. "Wir wollen nicht eine Schule gegen die andere ausspielen", betonte CSU-Stadträtin Gertrud Schmidt-Podolsky. Nun muss das Jugendamt diesen Antrag befürworten, die endgültige Entscheidung trifft der Kreistag. Trotz neuer Förderrichtlinie: "Flächendeckend für alle Grundschulen im Landkreis werden wir Jugendsozialarbeit nicht stemmen können", sagte der Kreisjugendamtsleiter. Deshalb werde gezielt geprüft, wo dieser Einsatz gefordert ist. Offen bleibt noch, welche finanzielle Belastung konkret auf die Stadt zukommt. Denn der Freistaat übernimmt von den rund 57 000 Euro, die eine Vollzeitstelle inklusive der Sachaufwendungen kostet, den fixen Betrag von 16 360 Euro. An den Schulen im Landkreis, an denen bereits Jugendsozialarbeit läuft, trägt der Landkreis aktuell dieselbe Pauschale. Den Restbetrag von 24 280 Euro, und damit den Löwenanteil der Kosten, zahlt die jeweilige Kommune als Sachaufwandsträger.

Mit den neuen Förderrichtlinien, die Jugendsozialarbeit dezidiert als Teil der Jugendhilfe und damit Aufgabe der Landkreise definiert, sollte ein Umschwung da sein, wie Oberbürgermeister Bürgel meinte. Die Städte und Gemeinden sollten nur mehr ihren Pflichtteil von zehn Prozent plus Sachkosten tragen müssen. "Sonst ist es eine Mogelpackung." Die Stadt wird daher beim Landkreis auf größtmögliche Förderung hinwirken. "Denn die Kommunen kommen auch an ihre Grenzen", betonte der Oberbürgermeister.

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