Dachau:Helfen und lindern

Das Onkologische Therapiezentrum Dachau will nicht nur individuell behandeln, sondern seinen Patienten auch die Angst nehmen - mit gut ausgebildeten Fachkräften und freundlichem Ambiente.

Von Andreas Förster

Dachau: Das Team er Onkologie (von links): Sabine Kaiser, Karin Gerstetter, Gesche Brannolte, Sylvia Traunfelder, Claudia Marx und Jutta Neteler.

Das Team er Onkologie (von links): Sabine Kaiser, Karin Gerstetter, Gesche Brannolte, Sylvia Traunfelder, Claudia Marx und Jutta Neteler.

(Foto: Toni Heigl)

Die freundliche Dame am Empfang des Klinikums Dachau weist den Weg zum Onkologiezentrum: "Einfach mit dem Aufzug in den zweiten Stock fahren, dann ist es ausgeschildert". Wer hierher kommt, um sich behandeln zu lassen, wird die wenigen Meter bis zur Anmeldung bei der Tagesklinik nicht so leichtfüßig zurücklegen wie der Reporter, der nur ein paar Fragen stellen möchte.

Eines fällt allerdings sofort auf: Das Personal ist sichtlich bemüht, wenig Stress aufkommen zu lassen. In diesem Bereich ist Ruhe und eine möglichst entspannte Atmosphäre elementar wichtig. Die medizinischen Fachkräfte der Praxis, bestehend aus sechs Krankenschwestern und Arzthelferinnen, haben teilweise eine spezielle Weiterbildung zur Onkologie-Fachkraft absolviert. Zusammen mit zwei Ärztinnen betreuen sie mehrere Krebspatienten am Tag. Manche bleiben nur eine halbe Stunde, andere bis zu sechs Stunden. Sie sitzen oder liegen, neben sich die Infusionsstange, aus der langsam die Chemo-Infusion in ihren Blutkreislauf tropft.

Die beiden Chemo-Zimmer sind freilich nicht gemütlich wie ein Wohnzimmer, aber auch nicht steril. Es ist hell, man kann lesen, Musik hören und vor allem reden. Insbesondere Patientinnen tauschen sich rege aus. "Es haben sich hier schon gute Gemeinschaften gebildet, die auch nach der Behandlung nicht abbrechen", sagt Karin Gerstetter aus dem Team der onkologischen Fachkräfte: "Immer wieder sagen welche, sie hätten hier ihre beste Freundin gefunden." Geteiltes Leid ist halbes Leid, und wer die herausfordernde Zeit der Chemotherapie gemeinsam durchsteht, schafft eine unsichtbare, gleichwohl untrennbare Seelenverbindung.

Sowohl hier im Onkologischen Therapiezentrum als auch in der Partner-Onkologie-Praxis in der Münchner Straße 60 ist das medizinische Fachpersonal spezialisiert auf die Behandlung von Tumoren jeglicher Art. "Wir decken hier in etwa dasselbe Spektrum ab wie eine Uniklinik", erklärt die ärztliche Leiterin der onkologischen Tagesklinik im Krankenhaus Dachau, Jutta Neteler. Also: Diagnostik, Therapieplan, individuelles Behandlungskonzept, Besprechung möglicher Nebenwirkungen. Zu den wichtigsten Aufgaben der Ärzte und des onkologischen Fachpersonals gehört das so genannte Nebenwirkungsmanagement. Das heißt: Durchfall, Übelkeit und Erbrechen gar nicht erst aufkommen zu lassen oder weitgehend abzumildern.

Dass trotz besserer Behandlungserfolge die Zahl der Krebs-Erkrankungen weltweit und auch in Deutschland zunimmt, liegt vor allem an der demografischen Entwicklung, meint Neteler: "Je älter ein Mensch wird, desto größer wird rein statistisch das Risiko einer Erkrankung." Jedes Jahr erkranken etwa 490 000 Menschen in Deutschland neu an Krebs, so die Zählung der Deutschen Krebshilfe. Jedoch seien die Heilungschancen deutlich gestiegen, sagt Neteler: "Laut Deutschem Krebsforschungszentrum waren in den achtziger Jahren noch zwei Drittel aller Krebserkrankungen unheilbar, mittlerweile sind es weniger als die Hälfte", sagt die Internistin.

Neben der gestiegenen Früherkennung werde die Behandlung immer mehr individualisiert, das heißt, der oder die Tumore im Körper werden sozusagen in ihre Einzelteile zerlegt und einzeln klassifiziert. Dadurch hätten Therapien mehr Aussicht auf Erfolg und könnten zielgerichtet an den einzelnen Tumoranteilen wirken, erklärt die Ärztin. Jede Chemotherapie wird demnach heute individuell auf den Patienten abgestimmt und sei bei weitem nicht so schlimm wie ihr Ruf. Neteler erklärt das an einem Beispiel: "Ein Patient, bei dem der Krebs bereits gestreut hat, erhält eher eine Chemo, die darauf abzielt, den Status Quo zu erhalten. Wir achten darauf, die Lebensqualität nicht einzuschränken."

Netelers größtes Anliegen, ist es selbstverständlich, dass es gar nicht erst zur Erkrankung kommt: "Jeder kann selbst dazu beitragen, das Risiko zu verringern", beteuert sie. Aktives Sporttreiben gehöre neben der gesunden Ernährung und dem Verzicht auf Nikotin zu den wichtigsten Vorsorgefaktoren. Neteler: "Eine halbe Stunde Nordic Walking dreimal die Woche reicht. Es ist erwiesen, dass das Immunsystem durch regelmäßige Bewegung deutlich gestärkt wird." Die Ärztin verweist auf den ASV Dachau, der spezielle Kurse anbietet, die häufig auch von ehemaligen Patienten wahrgenommen werden. Denn auch für die gelte: "Sport hält gesund."

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: