Dachau:Hände weg vom Wasser!

Die Freien Wähler in Dachau unterstützen die europäische Bürgerinitiative "Right2Water.eu" gegen die Pläne zur Privatisierung der kommunalen Trinkwasserversorgung.

Helmut Zeller

Weltgrößte Wasserkonferenz setzt auf ´Zeit für Lösungsansätze"

Woher beziehen die Dachauer künftig ihr Wasser? Von den Stadtwerken oder von einem Konzern?

(Foto: dpa)

So richtig bewusst ist den Dachauern die Gefahr noch nicht: Ihr Trinkwasser, eines der saubersten der Welt, könnte durch die Liberalisierungspläne der Europäischen Union zum Spielball profitorientierter Konzerne werden. Dagegen machen jetzt die Freien Wähler Dachau (FW) mobil. Sie unterstützen die europäische Bürgerinitiative "Right2Water.eu", die durch eine Unterschriftensammlung die Privatisierungspläne für die Wasserversorgung stoppen will. FW-Fraktionssprecher Edgar Forster erklärte: "Die Wasserversorgung muss in kommunaler Hand bleiben, weil nur so eine Versorgung zu optimaler Qualität und guten Preisen gewährleistet ist." Darüber besteht unter den Fraktionen des Dachauer Stadtrats zwar Konsens. Aber nicht alle Kommunalpolitiker schätzen das Risiko als erheblich ein.

CSU-Fraktionschef Christian Stangl meinte noch Ende Januar im Werkausschuss: "Es wird nichts so heiß gegessen, wie es gekocht wird." Die neue Konzessionsrichtlinie soll voraussichtlich im April das Europaparlament passieren. Dann blieben immer noch zwei Jahre Zeit, sie in nationales Recht umzuwandeln. Beruhigende Worte kamen auch von EU-Binnenmarktkommissar Michel Barnier: "Jede deutsche Kommune wird weiterhin über ihr Wasser entscheiden können, jetzt aber geben wir ihr die Möglichkeit, das Wasser auch einem privaten Partner anzuvertrauen, jetzt wird auch das geregelt, zum Wohl des Verbrauchers", sagte er dem ARD-Magazin "Monitor". Aber von solchen schönen Worten lassen sich nicht alle täuschen: Auf dem Kreisbauerntag am Montag protestierten die Landwirte, und die Freien Wähler in Dachau gehen jetzt konkret gegen die EU-Pläne vor. "Es gibt keinen Grund, an dem kommunalen Monopol auf die Wasserversorgung etwas zu ändern", sagt Edgar Forster. Mehr Wettbewerb auf Märkten sei nur dann wünschenswert, wenn davon Verbraucher und Unternehmen profitieren könnten. Gerade das ist aber bei Netzen, die sich in öffentlicher Hand befinden, fraglich - besonders bei der Wasserversorgung. Auch der Verband kommunaler Unternehmen (VKU), dessen Mitglieder 77 Prozent der Trinkwasserversorgung in Deutschland kontrollieren, ist besorgt. Er spricht von einer "Liberalisierung durch die Hintertür". Der Präsident des Deutschen Städtetages, Münchens Oberbürgermeister Christian Ude (SPD), hat sich deshalb kürzlich auch gegen die Trinkwasser-Richtlinie ausgesprochen.

Tatsächlich würde die EU-Richtlinie den Wassermarkt auf Dauer für große Konzerne öffnen. Die Kommunen dürften zwar immer noch die Wasserversorgung selbst übernehmen. Doch viele Gemeinden können die Aufgabe gar nicht erfüllen und geben sie an ein kommunales Unternehmen ab - wie in Dachau an die Stadtwerke. Künftig wäre aber eine europaweite Ausschreibung vorgeschrieben - und die Folgen für die Stadtwerke Dachau sind noch nicht absehbar. Schon bei ihren Verkehrsbetrieben mussten die Stadtwerke zu einem Trick greifen, um eine europaweite Ausschreibung zu umgehen.

So viel ist klar: Für die Verbraucher würden die Preise für Trinkwasser steigen, seine Qualität aber gleichzeitig leiden. Ein Privatunternehmen würde, befürchten Experten, allein schon für die Wartung des Leitungsnetzes nie so viel Geld aufwenden wie ein kommunales Unternehmen, das dem Gemeinwohl verpflichtet ist. Die Stadtwerke machen bei der Wasserversorgung seit 2009 Verluste, die 2010 bei 259 000 Euro und 2011 bei 71 000 Euro lagen. Aber: Die Dachauer können sich darauf verlassen, dass aus den Wasserhähnen gutes, sauberes Trinkwasser kommt. Dagegen hatten Länder wie Großbritannien mit der Privatisierung der Wasserversorgung ganz andere Erfahrungen gemacht. Greifen große Konzerne - Nestle und Veolia sollen schon Interesse zeigen - auf den deutschen Wassermarkt zu, dann befürchten die Kommunen eine Entwicklung zu Lasten der Konsumenten. Die FW rufen deshalb die Bürger Dachaus auf, die europäische Bürgerinitiative "Right2Water" zu unterstützen. Nötig seien jeweils eine Million Unterschriften in sieben EU-Mitgliedsstaaten. Viele FW-Mitglieder hätten sich bereits online für die Initiative registriert.

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