Amtsgericht Dachau:Gezeichnet fürs Leben

Ein Frau verursacht einen Unfall, bei dem ihre beste Freundin stirbt. Die Hinterbliebenen können ihre Entschuldigung nicht annehmen.

Von Benjamin Emonts, Dachau

Angela P. zitterte, als sie über den Unfall sprach, der ihr Leben verändert hat. Den Schilderungen der 27-Jährigen zufolge begann die Nacht des 23. Februars 2014 sehr heiter. Gemeinsam mit zwei Freundinnen, darunter ihre Trauzeugin, fuhr die Augsburgerin auf der Autobahn 8 in Richtung München, um dort feiern zu gehen. Während der Fahrt hörten die Frauen Musik, sie sangen und lachten miteinander. Gegen 1.40 Uhr kam Angela P. zwischen den Anschlussstellen Sulzemoos und Dachau/Fürstenfeldbruck mit ihrem Wagen plötzlich nach links von der Fahrbahn ab. Sie lenkte dagegen. Ihr Auto geriet ins Schlingern, prallte gegen eine Leitplanke und überschlug sich. Auf dem Dach liegend wurde es von einem nachfolgenden Fahrzeug gerammt, drehte sich und kam quer zur Fahrbahn zum Stehen. Die Trauzeugin, die hinter Angela P. saß, war da bereits nicht mehr im Auto. Sie lag in einiger Entfernung auf der Straße - tot.

Fast auf den Tag genau 21 Monate später versuchte das Amtsgericht Dachau nun die Schuldfrage zu klären. Gegen Angela P. und eine weitere Frau wurde Strafbefehl wegen des Vorwurfs der fahrlässigen Tötung in Tateinheit mit Körperverletzung erhoben. Angela P. wird vorgeworfen, durch ihren Fahrfehler den Tod der Freundin verursacht zu haben; einer 25-jährigen Münchnerin, das spätere Todesopfer angefahren und dadurch bewegungsunfähig gemacht zu haben. Da beide Frauen Einspruch einlegten, kam es nun zur Gerichtsverhandlung.

Experten sagen, der Unfall sei nicht zu verhindern gewesen

Die polizeilichen Ermittlungen haben ergeben, dass eine wiederum nachfolgende 36-jährige Münchnerin das 28-jährige Todesopfer mit ihrem Mazda überfahren und ihr dadurch die tödlichen inneren Verletzungen zugefügt hat. Die Frau war sofort tot. Ein Verfahren gegen die 36-Jährige, die ihre Aussage verweigerte, wurde von der Staatsanwaltschaft vorzeitig eingestellt. Nach Gutachtenlage konnte sie den Unfall nicht verhindern.

Unklar blieb auch nach der Beweisaufnahme, ob die tödlich verunglückte Frau nach dem zweiten Zusammenstoß aus dem Fahrzeug geschleudert worden war oder schon nach dem Überschlag ausgestiegen war, bevor sie von dem nachfolgenden Wagen erfasst wurde. Angela P. und ihre Beifahrerin konnten sich aus dem Autowrack befreien und wurden später mit mittelschweren beziehungsweise schweren Verletzungen in Münchner Kliniken transportiert. Die 57 und 63 Jahre alten Insassen des Wagens, der ihr Auto gerammt hatte, erlitten einen Schock.

"Es tut mir unendlich leid"

Angela P. wirkte vor Gericht sehr mitgenommen. Infolge des Unfalls war sie mehrere Monate in stationärer psychiatrischer Behandlung. Die tödlich Verunglückte sei ihre beste Freundin gewesen, sagte sie. Die Angehörigen der Verstorbenen traten vor Gericht als Nebenkläger auf, ließen sich allerdings durch ihren Anwalt vertreten. Ihm zufolge litten sowohl die Mutter als auch die Zwillingsschwester der Getöteten unter schweren psychischen Problemen seit dem tragischen Unfall. Sie seien aktuell nicht in der Lage, eine Entschuldigung anzunehmen. Angela P., die mit der Familie eng befreundet war, "belastet das schwer", sagte ihr Anwalt. Die Augsburgerin wiederholte mehrfach: "Es tut mir unendlich leid." Ihre damalige Beifahrerin sagte vor Gericht, dass die Getötete nicht angeschnallt gewesen sei. Angela P. habe während der Fahrt ihr Smartphone zwischen den Beinen gehabt und immer wieder Nachrichten eingetippt. Über den genauen Unfallhergang aber konnte auch sie keine Klarheit verschaffen. Sie sei erst wieder auf dem Standstreifen der Autobahn zu sich gekommen.

Nach einem Rechtsgespräch wollte Angela P. den Strafbefehl doch annehmen, sofern die Strafe maximal 150 Tagessätze betragen würde. Amtsrichter Christian Calame verurteilte die Frau schließlich zur vereinbarten Mindeststrafe von 120 Tagessätzen zu 30 Euro und einem Monat Fahrverbot. "Sie müssen vielleicht ein Leben lang knabbern am Tod ihrer Freundin", sagte der Richter zu Angela P. Das Verfahren gegen die 25-jährige Münchnerin wurde gegen eine Geldauflage von 1000 Euro eingestellt.

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