Dachau:Geburtsort einer Freundschaft

In Dachau musizierten Münchner mit Israelis, jetzt folgen weitere Konzerte: in Jerusalem.

Helmut Zeller

Dachau: Chorleiter Stanley Sperber bei dem Auftritt in der Versöhnungskirche.

Chorleiter Stanley Sperber bei dem Auftritt in der Versöhnungskirche.

(Foto: DAH)

Der Auftritt des Jerusalem Chors in der Versöhnungskirche an der KZ-Gedenkstätte war ein bewegendes Ereignis - und nun ist daraus eine Freundschaft gewachsen. Die Israelis haben das Vokal Ensemble München, mit dem sie vor fast zwei Jahren in Dachau konzertierten, nach Israel eingeladen. Aus diesem Anlass gastiert der Münchner Chor, bevor er am 23. Mai nach Israel aufbricht, wieder in der Versöhnungskirche. Das Konzert findet unter dem Motto "Auf Flügeln des Gesangs" am Mittwoch, 1. Mai, um 17 Uhr statt. (Der Eintritt ist frei.) Das Vokal Ensemble München will, wie Pressesprecher Eckart Moj der Süddeutschen Zeitung sagte, ein Konzert geben, das wie damals "vom selben Geist der Versöhnung getragen" ist.

Im Juni 2011 gelang den israelischen und deutschen Musikern mehr als nur ein Konzert: Erstmals musizierten Israelis in der KZ-Gedenkstätte, an einem historischen Ort der Verfolgung der Juden. Die ersten vier Mordopfer im April 1933 waren politische Häftlinge, Kommunisten oder als Kommunisten verdächtigte Männer jüdischer Herkunft. Nach dem Pogrom vom 9. November 1938 wurden ungefähr 11 000 Juden in das Konzentrationslager Dachau verschleppt. Im Sommer 1944 wurden Zehntausende jüdische Häftlinge vor allem aus Ungarn, Litauen, Polen und der Tschechoslowakei aus Auschwitz und den Ghettos in Mittel-Osteuropa nach Dachau und vor allem in die Außenlager bei Kaufering und Mühldorf deportiert. Tausende von ihnen starben bei der Sklavenarbeit für die deutsche Rüstungsindustrie oder wurden als arbeitsunfähig zur Ermordung nach Auschwitz-Birkenau verschleppt.

Die Aufführung führte Dachau einen Schritt weiter in dem Bemühen um eine Annäherung zwischen der Stadt, deren Name weltweit für die nationalsozialistischen Verbrechen steht, und Israel. Eckart Moj erinnert sich: "Gemeinsam mit dem Vokal Ensemble München sangen die Israelis in der Versöhnungskirche der KZ-Gedenkstätte Dachau; sie weinten und lachten, lagen sich in den Armen, sangen, tanzten, feierten ein unvergessliches Fest der Versöhnung." Nun erwartet der Kammerchor der Musikhochschule Jerusalem, damals kamen 32 Künstler unter der Leitung von Stanley Sperber, die Musiker aus München. Doch vor dem Abflug will das Vokal Ensemble die Freundschaft mit den Israelis in Dachau feiern, wo sie ihren Anfang nahm.

Auf dem Programm der Israel-Reise stehen zwei gemeinsame Konzerte in Jerusalem, eines in einer christlichen Kirche in der Altstadt, das zweite in der Musikhochschule. Außerdem sind die Münchner zu einem Konzert in einem internationalen Zentrum gegenseitiger Aussöhnung, in Nes Ammim in Galiläa nahe dem See Genezareth, eingeladen. Seit 50 Jahren setzt sich das christliche Dorf Nes Ammim im Norden Israels für Toleranz und Völkerverständigung ein - ohne zu missionieren. Seine Bewohner wollen einen "2000 Jahre langen Irrweg" wiedergutmachen: die Stigmatisierung der Juden als Jesusmörder. Dort schließt sich der Bogen zu dem Dachauer Konzert im Geist der Versöhnung.

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