Dachau:Für ein besseres Verständnis

OB Hartmann bemüht sich bei seinem ersten offiziellen Besuch in Israel um Kontakte und steten Austausch

Von Sebastian Jannasch, Dachau

Der Dachauer Oberbürgermeister Florian Hartmann (SPD) zieht eine positive Bilanz seines ersten offiziellen Besuchs in Israel. In der ersten Dezemberwoche verbrachte Hartmann fünf Tage in Tel Aviv und Jerusalem. "Die Idee war es, zum 50-jährigen Bestehen der diplomatischen Beziehungen zwischen Deutschland und Israel jungen Führungskräften einen Einblick in die Gesellschaft und Mentalität Israels zu geben", sagt Hartmann. "Durch viele Gespräche in Israel kann ich nun tatsächlich die politische Denkweise der Israelis besser verstehen, die sich von Nachbarstaaten in ihrer Existenz bedroht fühlen", sagt er. Dass der Holocaust auch im kollektiven Gedächtnis jüngerer Israelis noch präsent sei, stelle Hartmann ebenfalls fest.

Eingeladen wurde der Oberbürgermeister zusammen mit etwa 180 weiteren jungen deutschen Nachwuchskräften aus Politik, Wirtschaft, Gesellschaft und Kultur vom israelischen Außenministerium. Der israelische Generalkonsul in München wollte Hartmann gleich aus zwei Gründen dabei haben: Einerseits ist der SPD-Politiker als jüngster deutscher Oberbürgermeister eine interessante politische Nachwuchskraft. Zudem verleiht ihm sein Amt als erster Vertreter der Stadt Dachau mit ihrer dunklen Vergangenheit als KZ-Standort eine besondere Rolle bei der Aussöhnung zwischen den beiden Staaten. "Im Gespräch mit israelischen Bürgern und Diplomaten habe ich bemerkt, dass der Name Dachau noch immer eine emotionale Reaktion auslöst und den Israelis Bilder in Erinnerung ruft." Dabei sei es nicht darum gegangen, über die Schuld der Deutschen zu sprechen. "Wir müssen aber berücksichtigen, dass der Holocaust immer noch nachwirkt", sagt er. Das sei auch der Grund, weshalb Hartmann eine Städtepartnerschaft zwischen Dachau und einer israelischen Stadt nicht übereilen will. Dieses Projekt konnte Hartmann durch seine Reise nicht voranbringen. Eine Partnerschaft sei ein gutes Symbol, auf das man sich aber nicht versteifen solle. Hartmann könne sich eher vorstellen, dass sie sich aus einem stetigen Austausch ergibt. Schon seit mehreren Jahren sucht die Stadt Dachau eine Partnerkommune in Israel. Hartmanns Vorgänger, Peter Bürgel (CSU), hatte das Projekt während seiner Amtszeit forciert und im Kontakt mit Holocaust-Überlebenden und israelischen Politikern für eine Annäherung geworben. Im Jahr 2009 wähnte sich Dachau schon kurz vor dem Abschluss einer Partnerschaft mit der Stadt Rosh HaAyin. Doch die unterschriftsreife Vereinbarung scheiterte im letzten Moment am Protest von Holocaust-Überlebenden.

Hartmann will aus der Erfahrung lernen und eine formelle Partnerschaft daher nicht zum festen Ziel erklären. "Wir brauchen aber Begegnungen und Austausch auf vielen Ebenen", sagt er. So möchte Hartmann Möglichkeiten für einen deutsch-israelischen Schüleraustausch im Stadtrat ansprechen. Auch intensivere Kontakte zwischen Unternehmen könnte sich Hartmann vorstellen. Bei seinem Besuch informierte sich der OB zum Beispiel über die israelische Start-up-Szene, die sehr innovativ ist und viele Patente hervorbringt. Künftige Projekte stünden aber immer unter dem Vorbehalt, dass die Sicherheitslage in Israel gefahrlose Reisen zulasse.

Bei dem Besuch in Israel traf Hartmann zudem den israelischen Ministerpräsidenten Benjamin Netanjahu sowie den Staatspräsidenten Reuven Rivlin. "Ich war beeindruckt von der Herzlichkeit, mit der uns Rivlin empfangen hat", sagt Hartmann. Dies sei umso erstaunlicher, da Rivlin als Student noch gegen den ersten deutschen Botschafter in Israel demonstriert hatte, sich nun aber für die Beziehung einsetzt. In der Holocaust-Gedenkstätte Yad Vashem legte Hartmann zudem einen Kranz nieder. "Das war ein besonderer Moment. Mir ist klar, dass wir in Dachau eine Verantwortung haben, zu zeigen, was in unserer Stadt passiert ist, aber auch die Aufgabe, den Austausch mit Israel zu pflegen."

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