Dachau:Fröhliche Frömmigkeit

Krailling Waldsanatorium Leisner

Das Konzert erinnert auch an den selig gesprochenen Pfarrer Karl Leisner, dessen Büste sich auf dem Gelände des Waldsanatoriums Planegg befindet.

(Foto: Georgine Treybal)

Die Dachau-Messe von Pater Gregor Schwake in Heilig Kreuz

Von Dorothea Friedrich, Dachau

Manchmal schließt sich ein Kreis. Still, fast unbemerkt und doch bedeutsam. So wie in der Vorabendmesse in Heilig Kreuz. Dort sang der Männerchor Herz Jesu aus dem niederrheinischen Kleve die von Pater Gregor Schwake (1892 bis 1967) 1944 im Konzentrationslager Dachau komponierte Dachau-Messe. In Kleve ist der selig gesprochene Karl Leisner geboren, der aus KZ Dachau befreit wurde, aber an den Folgen einer Lungenerkrankung im Waldsanatorium von Planegg bei München am 12. Agust 1945 starb. Vermutlich hat Karl Leisner bei der Uraufführung der Dachau-Messe mitgesungen.

Den Benediktinermönch Schwake, Kirchenmusiker, Theatermann und Dichter, traf der Furor der braunen Horden 1943 in Linz. Dort leitete er einen Choralkurs. Anfang 1944 wurde er in das KZ Dachau überstellt, wo er die Leitung des Priesterchores übernahm und als Organist in der Kapelle des Pfarrerblocks tätig war. Die am Fest Maria vom Loskauf der Gefangenen, am 24. September 1944 uraufgeführte Dachau-Messe, war lange Zeit verschollen. Eleonore Philipp vom Verein Zum Beispiel Dachau entdeckte sie 1995 im Franziskanerinnenkloster Reute in Bad Waldsee.

In Kleve hatte Karl Leisner (1915 -1945) seine Jugend verbracht. Im März 1939 wurde er vom Münsteraner Bischof Clemens August Graf von Galen zum Diakon geweiht. Von Galen selbst predigte schon von 1934 an immer schärfer gegen die Nationalsozialisten. Leisner wurde am 9. November 1939 wegen seiner Kritik verhaftet, ins Konzentrationslager Sachsenhausen gebracht und 1940 nach Dachau. Dort wurde er am 17. Dezember 1944 zum Priester geweiht. Er war der einzige Geistliche, der in einem KZ die Weihen empfing. 1996 wurde er selig gesprochen.

Die Vermutung des Internationalen Karl-Leisner-Kreises ist nahe liegend, dass Leisner die Dachau-Messe mitgesungen hatte, die nun zum sechsten Mal - fünfmal von den Heilig-Kreuz-Chören - in Dachau aufgeführt wurde. Kirche und Pfarrgemeinde sind eng mit der Zeitgeschichte verbunden. Nach der Befreiung waren im ehemaligen Konzentrationslager zunächst Kriegsverbrecher und SS-Leute inhaftiert, später diente es als Unterkunft, für Flüchtlinge und Vertriebene Pater Leonhard Roth, selbst ehemaliger KZ-Häftling, richtete provisorische Gotteshäuser ein. Sie trugen bereits den Namen "Heilig Kreuz". Mit dem Umzug der Lagerbewohner in den neuen Stadtteil Dachau-Ost entstand an der Sudetenlandstraße 1964 die katholische Kirche Heilig Kreuz.

Ein geschichtsträchtiger Aufführungsort also für ein zeithistorisches musikalisches Vermächtnis. Wer die Dachauer Messe noch nie gehört hat, ist überrascht von der Heiterkeit der Musik und von der fröhlichen Frömmigkeit, die sie durchdringt und die der Männerchor Herz Jesu stimmgewaltig zum Ausdruck bringt. Johannes Feldmann, Kirchenmusiker und Chorleiter in Kleve hat sie musikalisch klug analysiert. Für ihn nimmt das Werk immer wieder Bezug auf die Weihnachtsbotschaft, ist durchdrungen von Hoffnung. Und vielleicht sogar seinem Urheber selbst ein wenig ein Rätsel geblieben. "Es ist mir unbegreiflich, wie ich sie habe komponieren können."

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