Dachau:Friedlicher Fasching

Mehr als 20 000 Narren sind am Wochenende im Landkreis auf den Beinen. Besonders der Indersdorfer Faschingszug zieht Besucher aus der ganzen Region an. Für die Polizei gibt es bis zum Sonntagabend wenig zu tun

Von Franziska Hofmann und Anna-Sophia Lang

Tausende Menschen nahmen am Wochenende bei frühlingshaftem Wetter an den Faschingsumzügen und Feiern im Landkreis teil. Bis zum Abend blieb es dabei weitgehend friedlich. Polizisten konnten Rangeleien verhindern, erst in den späteren Abendstunden gab es unter den Feiernden zum Teil Schlägereien, bei denen jedoch niemand ernsthaft verletzt wurde. Die Narren nahmen mit ihren Faschingswagen sowohl die Berliner, als auch die dörfliche Politik aufs Korn und ließen von Ex-Fifa-Präsident Sepp Blatter über Volkswagen bis Uli Hoeneß keinen ungeschoren.

Markt Indersdorf

Schon eine halbe Stunde, bevor es losgeht, säumen die Menschen am Sonntagmittag erwartungsvoll die Straßen. Anwohner stehen in ihren Türen und beobachten das vorfreudige Treiben. Die Polizisten sind in gleicher Mannschaftsstärke unterwegs wie in den vergangenen Jahren. Zwischen 10 000 und 15 000 Zuschauer erwartet Willi Heilmann vom Indersdorfer Faschingskomitee. Dazu kommen die Narren auf den 42 Wagen und 16 Fußgruppen. Die Stimmung ist gut, Heilmann ist zufrieden. Was er noch nicht weiß: Der Bus des Faschingskomitees wird später nicht anspringen. So müssen sich die Herren im roten Umhang mit üppigen Federn auf den Hüten zu Fuß auf den Weg machen. Der Laune tut das keinen Abbruch. Es werden Blumen verteilt und Bonbons geworfen, die von kleinen Dinosauriern, Elefanten, Marienkäfern und Löwen emsig aufgesammelt werden. Eine Eskimodame und ein Soldat küssen sich verstohlen, zwei Cheerleader eilen mit fliegenden, roten Röckchen auf der Suche nach ihrem Wagen vorbei, der den US-amerikanischen Superbowl feiert. "Marktplatz ausgelöscht", steht auf einem mit Grabkerzen und Kreuz geschmückten Wagen, der von Zombies begleitet wird. Sie haben den Marktplatz für sich entdeckt, verkünden sie in Anspielung auf die lange Debatte um die Aufwertung des Areals am Rathaus. Die Maisbrunner Faschingsnarren sind als menschliche Achterbahn verkleidet und feiern den Breitbandausbau in der Gemeinde. Eine andere Gruppe widmet sich dem Verbot des Ponyreitens auf dem Dachauer Volksfest. "Auch Dressur, Springen und Military verbieten", lautet die Forderung. Vorneweg geht ironisch der Pferdemetzger. Weiter hinten folgen in grüne Matten gehüllte Narren mit Fußballleder auf dem Kopf. Mit einem mobilen Mini-Spielfeld machen sie Werbung für einen Kunstrasenplatz, durch den sie den von Wühlmäusen zerstörten Platz des TSV Indersdorf gern ersetzen würden. "Jedes Jahr einen Kreuzbandriss, auf dem Kunstrasenplatz hätten wir das nicht", steht auf ihren Schildern. Irgendwo, mitten im Getümmel, stehen zwei senegalesische Männer und betrachten das Treiben interessiert. An ihre Jacken haben die beiden die rot-gold-blauen Festzeichen geheftet. Sie seien schon zum dritten Mal beim Indersdorfer Fasching, erzählen sie. "Ich finde das cool", sagt einer, grinst und reckt den Daumen hoch.

Petershausen

Zehn Wagen und zehn Fußgruppen sind auf dem kleinsten Umzug im Landkreis am Sonntag unterwegs. Doch das Faschingskomitee ist stolz auf die lange Tradition. Etwa 700 Menschen säumen die Straßen und begrüßen jede Gruppe im Umzug enthusiastisch. Kichernde Primeln werfen mit reichlich Süßem um sich, eine Vogelscheuche und eine Sonnenblume tanzen jubelnd im Kreis. Eine Gruppe weiß gekleideter Scheiche mit Pilotenbrillen prangert die "Servicewüste Petershausen" an. "Versuchen Sie mal, in Petershausen einen Termin bei der Gemeinde zu kriegen, oder einen Carport zu bauen", ereifert sich einer. Auch der "Obermarbacher Erdbewegungs-Helferkreis" nutzt den Fasching für eine Botschaft an die Kommunalpolitik. Lärm und Dreck auf den Straßen rund um das entstehende Gewerbegebiet Eheäcker, wo ein Hügel abgetragen wird, müssten endlich ein Ende haben. Dafür bieten die Narren sogar ihre Hilfe mit Besen und Schubkarren an.

Vierkirchen

Superhelden dominieren am Samstag den Faschingsumzug in Vierkirchen. Sie sind unter fünf der 42 Wagen und 16 Fußgruppen zu finden. "Unsere Politiker können nicht mehr, darum müssen jetzt die Bembegga Superhelden her", steht auf dem Wagen der Langenpettenbacher. Auch die Vierkirchener stürzen sich auf das Thema: Eine Fußgruppe, verkleidet als Eichhörnchen und Nussknacker, läuft unter dem Motto "A harte Nuss zum knacken, griagt die Merkel nicht gebacken." Aber nicht nur die Flüchtlingspolitik wird aufs Korn genommen. Gleich vier Wagen widmen sich dem VW-Skandal, mit Sprüchen wie aus Pasenbach: "Feuerstein hatte sein Auto noch im Griff, bei VW geht's nur mit Beschiss". Das Wasserhaus Oberroth schreibt:"Volkswagen fügt Ihnen und den Menschen in Ihrer Umgebung erheblichen Schaden zu." Bei anderen Gruppen steht der Fußball im Mittelpunkt. So ist auf dem als Gefängnis gestalteten Wagen des "Zuchthaus Prittlbach" zu lesen: "Hast du Steuerhinterziehungspech, triffst du den Uli in Landsberg am Lech" und der Schützenverein Ampertal Weng merkt an:"Werds beim Blatter im Geldbeutel eng, kafft sie d'WM hoid a weng." Auch die dörfliche Politik wird nicht verschont. Der Gemeinderat Vierkirchen hat verkleidete Ratten im Schlepptau: "Wenn der Kanalratz auf der Straße schwimmt, wird's Zeit, dass endlich da Bagger kimmt", ist ihr Motto, passend zu der maroden Kanalisation im Ort. Die Burschen aus Weißling machen ihre persönlichen Wünsche publik: "Mia braucha koane Windradl, lieba schene nackade Madl." Die feschen Frauen verstecken sich allerdings unter Kostümen als Disney-Prinzessin, Schlumpf oder Eisbär. Für die Sicherheit der Faschingsfreudigen sorgen 25 Polizisten, 25 Helfer vom Bayerischen Roten Kreuz, sowie Sicherheitsleute, die zum Teil von den Zuggruppen selbst bestellt wurden und die freiwillige Feuerwehr Vierkirchen. Auch für Anwohner wurden Vorsichtsmaßnahmen getroffen: Damit weniger angetrunkene Narren ihre Blase in fremden Gärten entleeren, sind über die ganze Zugstrecke verteilt 18 mobile Toiletten aufgestellt. Wesentlich mehr als im Vorjahr. Mit den insgesamt 58 teilnehmenden Gruppen ist der Zug in diesem Jahr länger. Im vergangenen Jahr hatte man die Anzahl auf 35 begrenzt. Die Polizei zählte insgesamt etwa 5000 Feiernde auf dem Umzug und der anschließenden Feier. Bilanz: Zwei Körperverletzungen, zwei Platzverweise, eine Anzeige wegen Beamtenbeleidigung. Erst in der Nacht kommt es zu einer Schlägerei. In einem Lokal in der Freisinger Straße wird ein Mann von vier anderen geschlagen und leicht verletzt.

Dachau

Auf dem Dachauer Marktplatz finden sich am Samstag insgesamt 3500 Menschen zum Faschingstreiben ein. Radiomoderator Mike Thiel von Gong 96,3 bespaßt die Menge. Darunter auch Oberbürgermeister Florian Hartmann mit Piraten-Dreispitz und Rüschenhemd. Seine Freundin stellt mit Blumenketten und Palmen auf dem Kopf offensichtlich die zu enternde Karibikinsel dar. In Spitzenzeiten sind laut Polizei 2500 Leute auf dem Platz. "Nicht überfüllt", findet Polizist Björn Scheid. Er und seine Kollegen können Rangeleien unterbinden. Zwei Besucher verweisen sie vom Platz, einen nehmen sie am Ende kurz in Gewahrsam. Der Mann ist stark betrunken und aggressiv. Die meisten halten Maß Nur ein 17-Jähriger trinkt gar zuviel, wird vom Rettungsdienst behandelt und von seinem Vater abgeholt. Drei Feiernde erwischt die Polizei mit illegalen Betäubungsmitteln. Erst in der Nacht auf Sonntag muss die Polizei noch zu vier Einsätzen wegen Schlägereien und Körperverletzungen in Gaststätten und Bars ausrücken. Sechs Menschen werden leicht verletzt.

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