Dachau:Flüchtlingsunterkunft an der Kufsteiner Straße wird geschlossen

Testbetrieb Münchner Straße

Florian Hartmann, Oberbürgermeister.

(Foto: Niels P. Joergensen)

Mehr als 25 Jahre existiert das menschenunwürdige Provisorium in Dachau bereits. Was und wann neu gebaut wird, ist unklar.

Von Anna-Sophia Lang, Dachau

Die Tage der heruntergekommenen Gemeinschaftsunterkunft in der Kufsteiner Straße sind gezählt. Bis Ende Oktober müssen alle Geflüchteten, die noch dort wohnen, ausgezogen sein. Dann wird die Unterkunft geschlossen. Die Regierung von Oberbayern hat sich mit dem Sozialministerium darauf geeinigt, dass auf dem Grundstück ein Neubau errichtet werden soll, der weiterhin als Flüchtlingsunterkunft genutzt wird. Dies hat sie Dachaus Oberbürgermeister Florian Hartmann und dem Landtagsabgeordneten Martin Güll (beide SPD) im September schriftlich mitgeteilt. Die Details stehen aber immer noch nicht fest. Nach Auskunft der Bezirksregierung verhandelt der Staatsbetrieb Immobilien Freistaat Bayern die Details zu Pachtzins und Vertragslaufzeit noch mit dem Grundstückseigentümer.

Wann mit einer Einigung zu rechnen ist, wann die Bauarbeiten voraussichtlich beginnen können und welche Art von Gebäude entstehen soll, sei noch nicht klar, teilt eine Sprecherin mit. Auch über die geplante Kapazität könne man derzeit keine Angaben machen. Allerdings habe das staatliche Bauamt Freising bereits mit den Vorplanungen für die neue Unterkunft begonnen. Die Stadt Dachau kann sich Wohnungen für bis zu 250 Menschen vorstellen. Hartmann und Güll hatten immer wieder dafür plädiert, dass auf dem Gelände an der Kufsteiner Straße ein festes Gebäude entsteht, also ein Massivholzbau oder ein Ziegelhaus. Die Baracken, in denen die Flüchtlinge derzeit wohnen, wurden in den Neunzigerjahren erbaut, sie sind marode und feucht, teilweise regnet es in die Zimmer hinein. Immer wieder hatten Kommunalpolitiker die Wohnverhältnisse als menschenunwürdig bezeichnet.

Nur noch 20 Bewohner

Nach Auskunft der Regierung von Oberbayern leben noch etwa 20 Menschen dort, die meisten seien alleinstehend mit noch laufenden Asylverfahren. Im Lauf des Monats sollen sie auf andere Unterkünfte in den Landkreisen Dachau und Freising verteilt werden. Manche leben seit Sommer 2014 an der Kufsteiner Straße, andere erst seit wenigen Monaten. Die Familien, die dort untergebracht waren, wurden bereits im April in neue Unterkünfte an der Parzivalstraße in Karlsfeld und dem Himmelreichweg in Dachau-Süd verlegt. Sie hatten teils seit vielen Jahren in der Kufsteiner Straße gewohnt. Manche hatten in dieser Zeit Kinder bekommen, die in der Unterkunft aufgewachsen sind. Als bekannt wurde, dass sie Ende Oktober geschlossen wird, befürchteten Kommunalpolitiker und ehrenamtliche Helfer, dass viele der Bewohner obdachlos werden könnten. So weit kommt es nun wohl nicht. Florian Hartmann hat jedenfalls keine entsprechenden Anfragen bekommen. Dass die verbleibenden Menschen aus der Unterkunft bis Ende Oktober tatsächlich ausziehen müssen, hat ihm aber niemand gesagt. Er ärgert sich über die Informationspolitik von Bezirksregierung und Sozialministerium. Er habe über Monate hinweg immer wieder nach dem aktuellen Stand gefragt. "Jedes Mal dauert es ewig, bis eine Antwort kommt."

Ewig alt ist auch die Vorgeschichte: Die Diskussion über einen Neubau anstelle der maroden Baracken an der Kufsteiner Straße wird seit Langem geführt. 2013 kündigte Ministerpräsident Horst Seehofer an, der Freistaat werde eine menschenwürdige Unterkunft bauen. 2014 wurde eine Machbarkeitsstudie erstellt, um die Finanzierung zu klären. Im Januar 2016 teilte die Regierung von Oberbayern dann mit, sie habe den Vertrag mit dem Grundstückseigentümer zum 31. Oktober gekündigt, weil man sich nicht auf einen Pachtzins für die längerfristige Nutzung einigen konnte. Auf Grundlage eines Gutachtens bot sie ihm 6000 Euro monatlich an, er verlangte jedoch nach einem anderen, eigenen Gutachten 7166 Euro. Erst, nachdem Martin Güll sich einschaltete und Gespräche mit dem Grundstückseigentümer führte, erklärte der sich doch zu weiteren Verhandlungen bereit.

Überbelegte Container

Nun zeichnet sich ab, dass sich die Mühen gelohnt haben und der Neubau tatsächlich kommt. Der Stadtrat, sagt Hartmann, werde den Flächennutzungsplan der Bebauung entsprechend ändern, wenn die Details feststehen. Noch ist das Grundstück als Grünanlage mit Sportnutzung eingetragen. Güll hat gehört, dass ein Gebäude mit Platz für mehr Menschen als bisher entstehen soll. "Die Hauptsache ist, dass eine vernünftige, solide Unterkunft entsteht, die uns wirklich weiterhilft." Darauf baut der Landkreis: Zur Zeit leben etwa 1500 Asylsuchende und Flüchtlinge in den Unterkünften. Zwar kommen seit dem Frühjahr keine neuen Menschen mehr an. Ob und wann sich diese Situation ändert, kann aber niemand absehen. Im Landratsamt, das die Neuankömmlinge unterbringen muss, will man deshalb umsichtig planen. Landrat Stefan Löwl (CSU) will möglichst bald die beiden Traglufthallen schließen, die nur als Provisorium gedacht waren. Noch immer müssen viele Menschen in Containern leben, die wegen der hohen Zahl der Neuankömmlinge noch im Herbst und Winter teils überbelegt wurden. Außerdem laufen die Verträge für die Container sukzessive aus.

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