Dachau:Flegelhafter Auftritt

Richter reißt in einem Prozess wegen Beleidigung und Bedrohung der Geduldsfaden

Von Benjamin Emonts, Dachau

"Sie brauchen mir nicht so blöd zu kommen", sagt Amtsrichter Tobias Bauer. Der Prozess gegen 25-jährige Zwillinge aus dem Landkreis Dachau ist da erst wenige Minuten alt. Der junge Mann, den der Richter zurecht stutzt, trägt eine völlig verschmutzte Hose. Desinteressiert fläzt er in seinem Stuhl, mal höhnisch lachend, mal laut dazwischen rufend. Wenig später, nach immerhin drei Verwarnungen, verhängt der Richter über den Mann ein Ordnungsgeld von 100 Euro. Sein Auftreten wirkt flegelhaft und pubertär. Dass sich die Brüder wegen Bedrohung, Beleidigung und Schwarzfahrens vor Gericht verantworten müssen, passt da bestens ins Bild.

Auch am Morgen des 14. September vergangenen Jahres gerieten die Brüder außer Rand und Band. Bei einer Kontrolle am Münchner Hauptbahnhof konnten sie kein Ticket vorweisen. Anstatt wie üblich die Personalien abzugeben, rasteten die beiden vollkommen aus. Einer der zwei Fahrkartenkontrolleure, er ist afrikanischer Abstammung, wurde rassistisch und mit Kraftausdrücken weit unter der Gürtellinie beschimpft. Schließlich forderte der Mann mit der schmutzigen Hose den Fahrkartenkontrolleur auf, das Land zu verlassen: "Verpiss Dich nach Hause." Laut Anklageschrift soll er zudem gesagt haben: "Ihr gehört alle abgestochen." Dabei soll er mit einem Teppichmesser herumgefuchtelt haben, sagte einer der Kontrolleure bei der Polizei aus. Es wurde deshalb Anzeige wegen Bedrohung erstattet. Selbst die zu Hilfe geholte Bundespolizei konnte die Männer nicht zügeln. Zwei Beamte gerieten derart ins Kreuzfeuer, dass sie Verstärkung rufen mussten. Einer der Brüder soll sich die Hose heruntergezogen und eine Polizistin mit obszönen Äußerungen bedacht haben. Auf der Wache der Bundespolizei gingen die Beschimpfungen dann weiter. Ein Polizist sagt vor Gericht: "Es war ein nicht enden wollender Wortschwall. Das ganze Repertoire an Nettigkeiten." Demnach endete die Schimpftirade selbst dann nicht, als einer der Brüder in eine Zelle gesteckt wurde. "Die Beleidigungen gingen über die Sprechanlage unentwegt weiter. Ein richtig schöner Montagmorgen war das."

Die Beleidigungen und etliche Schwarzfahrten räumen die Zwillinge weitestgehend ein. Die Bedrohung mit dem Messer aber streitet der Mann mit der schmutzigen Hose ab. Das Teppichmesser will er gezückt haben, um sich die Fingernägel zu reinigen. Später schmiss er es den Polizisten vor die Füße. Einer zog seine Waffe.

Da der angeblich bedrohte Kontrolleur nicht rechtzeitig zu der Verhandlung geladen wurde, wird der Prozess am 8. September fortgesetzt. Erst dann wird sich zeigen, ob es zu einer Bedrohung gekommen ist. Der zweite Kontrolleur war während des Vorfalls abgelenkt, so sagte er vor Gericht aus.

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