Dachau:Faszination in drei Dimensionen

In Dachau hat das erste Geschäft für 3D-Druck eröffnet. Kunden können hier nach Vorlage "alles, was man anfassen kann", drucken lassen.

Von Johannes Vogel

Eine ältere Modelleisenbahn ist für Sammler oft ein besonderes Liebhaberobjekt. Sehr unangenehm ist es, wenn von der längst nicht mehr käuflichen Lokomotive ein gut sichtbares Stück abbricht und verloren geht. Vor zehn Jahren hätte der Sammler kaum etwas tun können. Heute genügt ein Anruf in einer 3D-Druckerei und nach wenigen Tagen glänzt die Modelllokomotive in alter Form.

Mit dieser Aufgabe sahen sich Claudia und Rudolf Gleixner konfrontiert. Das Ehepaar ist Inhaber der CRDREI GmbH, dem ersten 3D-Druckladen in Dachau und Umgebung. Zusammen mit dem Modelleisenbahner konnten sie das fehlende Teil der Lokomotive digital nachzeichnen und drucken. Auch anderen Kunden haben sie exotische Wünsche erfüllt - etwa kleine Antilopenschädel für ein Trachtengeschäft.

Wie so oft in der IT-Branche, kommen die Inhaber aus ganz anderen Bereichen. Rudolf Gleixner ist gelernter Koch. Im Lauf der Zeit entdeckte er sein Interesse an der Informationstechnologie und sammelte unter Anderem am Fraunhofer-Institut Erfahrung. Heute nimmt er PC-Reparaturen vor, unterstützt aber auch komplexe und umfangreiche Projekte wie etwa den Umzug von Servern in großen Unternehmen. Claudia Gleixner arbeitete ursprünglich als Maskenbildnerin im Theater. Eine berufliche Pause nahm sie zum Anlass, sich zur IHK-geprüften Fachinformatikerin ausbilden zu lassen. Als 3D-Drucker immer erschwinglicher wurden, schaffte sich Rudolf Gleixner ein Exemplar an. Seine Frau entwickelte schnell besonderes Interesse am Gerät und arbeitete sich intensiv ein. Als schließlich Räumlichkeiten in der Schleißheimer Straße 79 frei wurden, eröffnete das Ehepaar ein gemeinsames Geschäft. Claudia Gleixner gab ihren Job auf, um sich dem 3D-Druck widmen zu können. Ihr Mann bietet seine Dienstleistungen für PC und Server in den gleichen Räumen an.

Wer meint, dass man einen 3D-Drucker an den Computer anschließen, in einem Programm ein hübsches Gebilde zeichnen und dieses dann ausdrucken kann, täuscht sich. Zwar gibt es für Heimanwender inzwischen Geräte für wenige hundert Euro. Doch deren Einrichtung und Bedienung ist umständlich. Für Bastler gibt es einen Bausatz, mit dem man sich den Drucker selbst zusammensteckt. Dazu ist allerdings eine intensive Einarbeitung in das Gebiet nötig. Auch das Ehepaar Gleixner musste viel ausprobieren, bis sie ihre Dienste öffentlich anbieten konnten. Zuerst stellte sich die Frage nach der Technologie. Es gibt mehrere etablierte Verfahren, Gegenstände im 3D-Druck zu modellieren.

Rudolf Gleixner entschied sich für Fused Deposition Modeling (ADM), die preisgünstigste Variante. Dabei zieht der Druckkopf, Extruder genannt, einen Kunststofffaden, das Philament, ein. Dieses wird im Extruder geschmolzen und dann über eine Düse ausgebracht. Die Objekte entstehen in einzelnen, 0,1 Millimeter starken Schichten, den Slices. Die erste Schicht wird auf eine Platte aufgetragen, die weiteren Slices bauen aufeinander auf. Für jede Schicht bewegt sich der Extruder, ähnlich wie beim herkömmlichen 2D-Drucker, nach einem vorgegebenen Muster und bringt den Kunststoff auf. Schließlich rückt sich die Grundplatte minimal nach unten - die nächste Schicht kommt an die Reihe.

Zur Steuerung der Drucker sind mehrere Computerprogramme notwendig. Zuerst braucht man ein digitales Modell des gewünschten Objekts in einem gängigen Datenformat. Das kann man beispielsweise mit teuren Konstruktionsprogrammen zeichnen. Für den Laien bieten sich eher Vorlagen an, die von engagierten Nutzern teils lizenzfrei ins Netz gestellt werden. Ein eigenes Programm vektorisiert die Oberfläche und berechnet dann den Weg des Druckkopfes. Diese Daten werden an den Drucker übermittelt. Auf Wunsch bemalt Claudia Gleixner die Objekte von Hand.

Rudolf Gleixner sieht in der Technologie das Potenzial, "die Produktions- und Arbeitswelt wie auch das Alltagsleben zu verändern". Wie vor Jahrzehnten der PC, erschließt sich heute der 3D-Druck Privatleuten Schritt für Schritt. CRDREI ist bei der Entwicklung vorn dabei.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: