Dachau:"Es muss sofort gehandelt werden"

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Experte Willi Kirchensteiner ermahnt, den Klimaschutz jetzt anzugehen und vor allem die Jugend in einer nachhaltigen Energiewirtschaft auszubilden

Interview von Fam Marie Schaper

Willi Kirchensteiner, 65, ist pensionierter Berufsschullehrer und ausgebildeter Elektro- und Heizungstechniker. Er hat sich der Rettung des Klimas und der Ausbildung junger Fachkräfte verschrieben. Unter anderem leitete er im Auftrag der Stadt München das Bildungszentrum für Solartechnik, bildete in europäischen Großstädten Berufsschullehrer aus und schrieb einige Lehrbücher, die in verschiedenen Ländern erschienen sind. Jetzt, im Ruhestand, wirkt er ehrenamtlich an Projekten mit. Vor allem den Einsatz von erneuerbaren Energien will er fördern. Deshalb integrierte er kürzlich die Wärmepumpe in ein Bildungsprojekt für Auszubildende, um ihnen die komplizierte Technik besser vermitteln zu können.

Herr Kirchensteiner, was ist das Besondere an der Wärmepumpe?

Sie bietet die Möglichkeit, heimische Energiequellen zu nutzen. Die Hauptenergiequelle der Wärmepumpe ist die Wärmeenergie in der Außenluft, in der Erde oder im Grundwasser am jeweiligen Standort. Bei der Luft-Wärmepumpe wird die Außenluft durch einen Ventilator angesaugt und ihr die Wärme in einem Wärmetauscher entzogen, vereinfacht gesprochen. Nach einem inneren Verarbeitungsprozess wird die Wärme auf Wasser übertragen, welches in die Heizkörper fließt und somit die Häuser wärmen kann. Das Besondere ist, dass Energie recycelt wird. Die Wärme, die durch Fenster verloren geht, kann wieder angesaugt und neu verwendet werden. Um dies zu ermöglichen, braucht man natürlich Strom. Man benötigt aber nur ungefähr 25 Prozent Strom, um damit 75 Prozent Energie aus der Umgebung zu recyceln und somit 100 Prozent Heizenergie für das Haus zu gewinnen. Das Ziel ist es, diesen aus erneuerbarer Energie zu gewinnen.

Wenn es die Wärmepumpe schon gibt, warum wird sie dann nicht genutzt?

Es liegt nicht an der Technik, die hat sich in den vergangenen Jahren enorm verbessert. Es liegt an dem Mangel an gut ausgebildeten Handwerkern. Es gibt kaum Menschen, die die Wärmepumpe so einbauen können, dass sie effizient läuft. Das zweite Problem ist, dass es in der Bevölkerung noch nicht so bekannt ist und kaum jemand auf sie zurückgreift.

Wie würden Sie das ändern?

Am wichtigsten ist die Bildung unserer Jugend. Deswegen habe ich ja auch diesen Lernstand mitentwickelt. Wenn wir die Auszubildenden im Bereich erneuerbare Energien besonders schulen, können wir auch mehr auf diese Energien setzen. Eben weil diese geschulten Kräfte momentan noch Mangelware sind, sind natürlich Technologien wie die Wärmepumpe noch nicht so populär in der Bevölkerung. Die Öffentlichkeit könnte man zu Informationsveranstaltungen laden und ihnen die Wärmepumpe vorführen, wie ich es in der Berufsschule vor den Lehrern und Schülern getan habe. In allen Bereichen ist Aus- und Weiterbildung das wichtigste. Auch im Landkreis kann in dieser Hinsicht noch vieles getan werden.

Denken Sie, dass das Klimaabkommen von Paris vieles verbessern wird?

Die Pariser Klimabeschlüsse haben den Regierungen die Legitimation zum Handeln im Klimaschutz geliefert. Nun müssen die betreffenden Ministerien die Handlungskonzepte beraten und möglichst schnell zum Handeln kommen. Das Abkommen ist in seiner Form einzigartig und die Ziele, die angepeilt werden, sind auch erreichbar. Aber es wird sehr schwierig. Es muss sofort gehandelt werden. Dass es so schnell gehen wird, bezweifle ich. Aber spätestens, wenn die Bevölkerung die Folgen der Klimaerwärmung wirklich zu spüren bekommt, wird sie ihre Regierung zum Handeln zwingen.

Welche Rolle kommt Deutschland im Kampf gegen den Klimawandel zu?

Deutschland sollte als Hoffnungsträger für die anderen Länder fungieren. Ich habe einige Reisen gemacht, unter anderem auch nach Paraguay, um dort Menschen auszubilden. Immer wieder teilten Menschen mir mit, dass sie sich genau diese Vorbildfunktion wünschen. Deutschland genießt einen guten Ruf in der ganzen Welt und den muss unser Land nutzen, um die Lösung des Klimaproblems voranzutreiben. Auch in der Flüchtlingskrise können wir in dieser Hinsicht eine Chance sehen. Wir müssen auch die jungen Menschen, die zu uns kommen, gut ausbilden. Nicht nur bezogen darauf, dass sie in unserem Land arbeiten können, sondern besonders in ihrem eigenen. Vermitteln wir ihnen Wissen, könnten sie es in der Zukunft nutzen, um ihre eigene Gesellschaft zu stärken.

© SZ vom 19.12.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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