Dachau:Ein Kobold

Tim McMillan

Tim McMillan auf seiner Dachauer Heimatbühne.

(Foto: Niels P. Jørgensen)

Tim McMillan im Gramsci

Von Dorothea Friedrich, Dachau

Es zieht ihn immer wieder nach Dachau, und die Dachauer zieht es zu ihm. Musiker Tim McMillan war 2011 der erste Stipendiat, der ein Jahr lang in der Ruckteschell-Villa lebte und arbeitete. Am Freitagabend war er "with Friends" und seiner Gitarre auf Einladung von Tollhaus e.V. wieder einmal zu Besuch im Café Gramsci. Das Quartett, Tim, Gabriel und Richard (Gitarre) sowie Drummer Johnny Bautzen arrangieren sich lässig mit den beengten Platzverhältnissen im Gramsci. Und das Publikum kommt sowieso wegen der in Dachau unschlagbaren Kombination von Wohnzimmer- und Konzertatmosphäre, bodenständige (Rinderroulade mit böhmischen Knödeln) oder internationale (gefüllte Pasta auf Pilzragout mit Lachs) Gerichte inklusive.

Diese kulinarische Verbindung passt nun wieder gut zu Tim McMillan, seiner Musik und seinen nie aufgesetzt wirkenden Scherzen zwischen den einzelnen Nummern. Der Mann hat Entertainerqualitäten, er fühlt sich offensichtlich wohl beim Schwatz mit guten Bekannten im Wohnzimmer Gramsci. Er erzählt von seinen (weltweiten) Abenteuern oder von skurrilen Begegnungen mit Polizisten beim G7-Gipfel in Elmau, die seinen australischen Führerschein nicht anerkennen.

Seine Musik ist so spacy wie eh und je. Die inzwischen viel beschriebene Mischung aus Folk, Klassik, Jazz, Weltmusik und Blues, dazu ordentlich Heavy Metal, begeistert einfach. Fließen in sie doch die Erfahrungen eines Menschen ein, der viel unterwegs, nie abgehoben, sondern immer mittendrin ist. Sie fasziniert, weil die gewollten Brüche in den manchmal fast meditativen Solostücken den Zuhörer davon abhalten, sich endgültig in ferne Galaxien zu beamen, ihn vielmehr höflich, aber bestimmt dazu auffordern, sich wieder auf die Musik zu konzentrieren. Die steht - netter Plausch unter Freunden hin oder her - schließlich im Mittelpunkt und verdient volle Aufmerksamkeit.

Seine Mitspieler sind dabei nicht nur die Begleiter im Hintergrund, sondern kongeniale Solisten und Sänger. Dass Drummer Johnny Bautzen nicht so wirklich zum Zuge kommt und sich zudem mit Mini-Equipment begnügen muss, ist den strengen Lärmschutzauflagen für Veranstaltungen im Gramsci geschuldet. Schade, denn die Töne dieses ungewöhnlichen Quartetts wecken Assoziationen an Länder, Menschen, Abenteuer. Möglich, dass der Goblincore (Goblin heißt Kobold), wie McMillan sich selbst nennt, das beabsichtigt hat. Schließlich ist diese Spezies in ihrer gutmütigen Ausprägung für ihre Menschenfreundlichkeit bekannt.

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