Dachau:Dopingsünder vor Gericht

Ein 24-jähriger Kraftsportler hat jahrelang verbotene Präparate eingeführt und konsumiert. Die Menge hätte ausgereicht, um jemanden Jahrzehnte lang therapeutisch damit zu behandeln.

Von Benjamin Emonts, Dachau

Für den Erfolg nehmen Sportler nicht nur körperliche Qualen auf sich - manch einen treibt der Ehrgeiz sogar in die Kriminalität. So auch der 24-jährige Thomas F. (Name geändert), der sich nun auf der Anklagebank des Dachauer Amtsgerichts wiederfand. Nach nur zwei Jahren im Leistungssport war der junge Mann bereits Oberbayerischer und Bayerischer Meister in verschiedenen Kraftsportdisziplinen. Sein steiler Aufstieg fand erst ein Ende, als die Polizei bei einer Hausdurchsuchung große Mengen Anabolika bei ihm sicherstellte. Das Amtsgericht Dachau verurteilte den Mann nun zu einer Freiheitsstrafe von elf Monaten auf Bewährung.

Doch wie konnte es dazu kommen? "Das Dopen entwickelt sich zu einem Selbstläuferprinzip", erklärte der Vertreter der Staatsanwaltschaft München I das Motiv des Angeklagten. Der Mann muss wissen, wovon er spricht. Aufgrund der Masse an Dopingverstößen wurde eine eigene Abteilung für Verfahren gegen Dopingsünder gegründet. Sie setzt sich jährlich mit 1000 bis 1200 Fällen auseinander. Allein diese Zahl zeigt deutlich, wie groß das Problem Doping inzwischen ist - und wie groß die Verführung für ehrgeizige Sportler sein kann.

Leistungssteigernde Mittel wurden verharmlost

Thomas F. ist nicht mehr anzusehen, dass er mehr als zwei Jahre lang leistungssteigernde Präparate eingenommen hat. Der junge Mann ist gut gebaut, das schon. Aber wie ein muskelbepackter Bodybuilder sieht er nicht aus, als er vor dem Dachauer Amtsgericht seine Geschichte erzählt. In Berührung mit dem Kraftsport geriet der Dachauer erstmals im Alter von 20 Jahren während seines Wehrdiensts. Der Sport machte ihm Spaß. Also meldete er sich in einem Fitnessstudio und bei einem Kraftsportverein an. Der Einsatz von Dopingmitteln war in seinem neuen Umfeld nicht ungewöhnlich, "er wird bagatellisiert", sagte der junge Mann.

Auch Thomas F. wurde schließlich neugierig. Er begann, sich in das Thema einzulesen und eigene Dopingmittel zu bestellen. Anfangs bezog er die Substanzen überwiegend von der inzwischen geschlossenen Plattform Silk Road, einem Verkaufsportal im Dark Net, wo mit Drogen, Waffen und anderen illegalen Waren gehandelt wurde. Nach und nach stellte er sich so eine eigene kleine Apotheke aus einschlägigen Dopingpräparaten und den dazugehörigen Gebrauchsutensilien zusammen.

Glimpfliches Urteil

Im Mai 2014 kontrollierte der Zoll am Flughafen Frankfurt am Main ein Paket aus China, das der Angeklagte bestellt hatte. Die Beamten fanden darin 10,2 Gramm des Steroids Oxandrolon. Bei einer anschließenden Hausdurchsuchung bei F. stellten die Fahnder dann erhebliche Mengen leistungssteigernder Substanzen wie Testosteron sicher. Es handelte sich dabei überwiegend um Präparate zum Muskelaufbau, die in Deutschland nicht zugelassen sind, weil der Konsum als bedenklich eingeschätzt wird. Die Menge der Mittel überschritt laut dem Staatsanwalt das 223-fache einer nicht geringen Menge. "Sie hätte Jahrzehnte ausgereicht, um jemanden therapeutisch damit zu behandeln", sagte der Staatsanwalt.

Mit einer Freiheitsstrafe von elf Monaten auf Bewährung und einer Geldstrafe von 2500 Euro kam der 24-Jährige verhältnismäßig glimpflich davon. Vor Gericht gab sich der junge Mann geläutert. Er versicherte glaubwürdig, nichts mehr eingenommen zu haben, seitdem er aufgeflogen war. Dem Zoll, das berichtete der Staatsanwalt, habe F. sogar noch nachträglich Substanzen übergeben. "So etwas habe ich noch nie erlebt." Außerdem sprach für den Einserabiturienten, dass er inzwischen sein Studium beendet hat, einen gut bezahlten Job ausübt und verlobt ist.

Irreversible Schäden

Amtsrichter Christian Calame und der Staatsanwalt wiesen schließlich auf die großen Gefahren hin, die mit der Einnahme von Steroiden einhergehen. Nicht selten klagen Dopingsünder über Erektionsstörungen, Herzvergrößerungen, Leberblutungen, Depressionen bis hin zur Zeugungsunfähigkeit. "Oft handelt es sich um irreversible Schäden", mahnte der Staatsanwalt. F. behauptete, nahezu keine Nebenwirkungen verspürt zu haben. Seinen Sport hat der junge Mann inzwischen aufgegeben.

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