Dachau: Stadt lädt Unternehmer zu Empfang ins Schloss

Viele Wirtschaftsvertreter sind aber auch neugierig auf die Baselitz-Schau, durch die sie Kuratorin Bärbel Schäfer führt.

Von Robert Stocker, Dachau

Was hat die Wirtschaft mit der Kunst zu schaffen? Sehr viel, wenn man die Dinge näher betrachtet. Das fängt damit an, dass Manager ihre großzügigen und gestylten Chefetagen gern mit Werken führender Künstler schmücken. Hier ein Picasso, dort ein Matisse. Oder ein überdimensionaler Richter, der die Wand hinter dem Designer-Stuhl des Vorstandsvorsitzenden füllt. Der Mann von Welt schätzt große Werke. Und er lässt sich da nicht lumpen. Das Geld aus der Wirtschaft fließt auch in die Kunst. Andererseits kann auch die Kunst die Wirtschaft fördern. Wer einen Standort für die Niederlassung seines Unternehmens sucht, lässt sich womöglich auch davon locken, ob die Stadt eine lebendige Kunstszene hat. Kunst als weicher Standortfaktor. Galerien, Museen und Ausstellungen bereichern den Alltag der Mitarbeiter. Wo Kultur geboten wird, da ist etwas los.

Dachau: Florian Hartmann, Bärbel Schäfer, Stefan Wolf und Nikolaus Widmann (v. li).

Florian Hartmann, Bärbel Schäfer, Stefan Wolf und Nikolaus Widmann (v. li).

(Foto: Toni Heigl)

Am Montagabend hat die Kunst etwa 80 Vertreter Dachauer Unternehmen ins Schloss gelockt. Seit Anfang Juni läuft dort die Ausstellung "Mit Richard unterwegs", die das druckgrafische Werk von Georg Baselitz zeigt. Der Volksbank Raiffeisenbank ist es mit Überzeugungskraft und großem Einsatz gelungen, einen der weltweit bedeutendsten zeitgenössischen Künstler nach Dachau zu holen. Wirtschaft und Kunst in Einklang zu bringen, ist seit langem ein Anliegen des genossenschaftlichen Geldinstituts - unter dem Credo Kunst und Bank. Dabei hat es auch die örtliche Szene im Auge. Mit der Baselitz-Ausstellung hat sie jetzt ein Glanzlicht von überregionaler Bedeutung gesetzt.

Dachau: Bei der Führung durch die Baselitz-Schau hören die Unternehmer samt Begleitung aufmerksam zu.

Bei der Führung durch die Baselitz-Schau hören die Unternehmer samt Begleitung aufmerksam zu.

(Foto: Toni Heigl)

Ein bisschen Networking muss auch erlaubt sein

Natürlich lebt nicht nur die Kunst von der Wirtschaft. Auch eine Stadt ist auf Unternehmen angewiesen, die Gewerbesteuer in die Kasse bringen. "Da heißt es auch mal Danke sagen", begründet Wirtschaftsförderer Stefan Wolf die Einladung ins Schloss. Die Veranstaltung ist für die Wirtschaftsvertreter auch eine Gelegenheit, ins Gespräch zu kommen und Kontakte zu knüpfen. Die Bedingungen sind wie geschaffen dafür. Die schwülwarme Witterung lockt die Gäste ins Freie. Die Damen tragen elegante Sommerkleider, auch extravagante Hüte sind zu sehen. Bei den Herren dominiert ein gedeckter Anzug. Bei einem Glas Prosecco oder Aperol Sprizz fangen die Gäste munter zu plaudern an. Und dabei es geht nicht um den Hebesatz für die Gewerbesteuer, sondern eher um Zwischenmenschliches und die Kunst. Und die Ausstellung eine Etage höher. Die meisten Gäste haben sie noch nicht gesehen. Jetzt nehmen sie die Gelegenheit wahr, von Kuratorin Bärbel Schäfer durch die Schau geführt zu werden. Ein Privileg, das nicht alle Besucher haben.

Dachau: Ein Häppchen gefällig?

Ein Häppchen gefällig?

(Foto: Toni Heigl)

Die promovierte Kunsthistorikerin hat die große Baselitz-Ausstellung nicht nur mitkonzipiert, sondern auch den Katalog dazu verfasst. "Der ist bereits zum Standardwerk über Georg Baselitz' druckgrafisches Werk geworden", lobt Oberbürgermeister Florian Hartmann (SPD) in seiner Begrüßungsrede. Und die fällt locker und launig aus. Kunst, heißt es, sei ein Selbstzweck, sagt der OB. Doch an diesem Abend diene sie auch dazu, Wirtschaftstreibende zusammenzubringen. "Möge die Kunst nachsichtig sein, wenn heute Abend die eine oder andere Visitenkarte den Besitzer wechselt." Dann droht Hartmann ein einhalbstündiges Referat über die Kunststadt Dachau an. Gott sei Dank, alles nur Spaß. Stattdessen zitiert er den Schriftsteller Mark Twain, wonach eine Rede dann gut ist, wenn Anfang und Ende möglichst nah beieinander liegen. Der Oberbürgermeister erinnert an den einstigen Dachauer Brauereibesitzer Eduard Ziegler, der seinem Lieblingsmaler Adolf Hölzel eine Villa baute. Einer von einem Dachauer Unternehmer gesponserten Villa wäre wohl der ein oder andere Künstler nicht abgeneigt.

Dachau muss sich vom Umfeld abheben

Kuratorin Bärbel Schäfer hebt auf die überregionale Bedeutung der Baselitz-Ausstellung ab. Das kulturelle Rückgrat der Stadt bilde aber nicht eine einzige Ausstellung. Zur Kultur in der Stadt gehörten auch Musik, Theater und die Architektur, Galerien, Museen und die Künstlervereinigung Dachau. Die Baselitz-Ausstellung sei eine langfristige Investition in die Zukunft, sagt Schäfer. Sie erhöhe den Stellenwert der Kunst in Dachau. Die Stadt brauche wieder eine Kultur, die sich von Nachbarstädten im Umfeld Münchens abhebt. Dadurch werde sie auch als Standort für Unternehmen attraktiv.

Womit sich der Kreis zwischen Kunst und Wirtschaft schließt. Während Nikolaus Widmann, Aufsichtsratsvorsitzender der Volksbank Raiffeisenbank, mit Hartmann die Folgen der Niedrigzinspolitik und die Umweltbelastung durch Kreuzfahrtschiffe erörtert, steigen die ersten Gäste über die Treppe zum Renaissancesaal hinauf. Bei der Führung durch die Baselitz-Schau erhalten sie auch Informationen über den Wert der Werke. Kunst hat eben auch mit Wirtschaft zu tun.

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