Dachau:Der Streit geht weiter

Mit dem Bürgerentscheid sollte der Streit um den Neubau des Kindergartens Mariä Himmelfahrt eigentlich beigelegt sein. Doch die Gegner halten weiter an ihrer Kritik fest.

Helmut Zeller

Die Wahlkabinen für den Bürgerentscheid vom Sonntag sind längst abgebaut - aber der Streit über den Neubau des katholischen Kindergartens Mariä Himmelfahrt in Dachau Süd ist noch nicht beendet. In Leserbriefen, Presseerklärungen und auf Facebook diskutieren Dachauer Bürger und Kommunalpolitiker das Ergebnis des Bürgerentscheids, der am Quorum gescheitert ist. Die Initiative "Raum für Kinder", spricht auf ihrer Homepage von einem "deutlichen Signal": Die Bürger verlangten in öffentlichen Projekten mehr Mitsprache und würden nicht länger tatenlos zusehen, wenn so unglaublich an ihren Interessen vorbeigeplant werde, wie es bei der städtischen Neubauplanung für den Kindergarten Mariä Himmelfahrt der Fall sei. Am Sonntagabend hatte die Bürgerinitiative um Christoph Maier und Peter Rehm noch eine Stellungnahme abgelehnt. Am Montag sagte Maier auf Nachfrage, man erarbeite noch eine Stellungnahme. Von 32 678 Wahlberechtigten hatten 5535 am Bürgerentscheid teilgenommen. Davon votierten 3471 Dachauer für das Ziel der Initiative: den Stopp des Neubauprojekts, der nach Ansicht der Initiative und der Erzieherinnen des Kindergartens Mariä Himmelfahrt nicht kindgerecht ist. Diese Mehrheit von Ja-Stimmen reichte aber nicht, da sie das Quorum - 20 Prozent aller Wahlberechtigten - nicht erfüllte. Die Leiterin des baufälligen Altkindergartens, Anna Maria Sonnenberger, lehnte am Montag eine Stellungnahme als zu früh ab. Sie und ihr Team hatten kurz vor dem Bürgerentscheid am 18. März öffentlich das städtische Konzept für den 3,5 Millionen Euro teuren Neubau kritisiert. Auf ihrer Homepage schreibt die Initiative: "Die 'Waffenungleichheit' im Wahlkampf war in den letzten Wochen unübersehbar. Stadtverwaltung, Stadtrat und allen voran Caritas und Kirche haben sich nahezu geschlossen gegen den Bürgerentscheid 'Raum für Kinder' gestellt und ihre Macht entsprechend ausgespielt." Kritik übt die Elterninitiative auch an den Medien: "Auch die recht eindimensionale Presseberichterstattung ließ immer mehr zu wünschen übrig." Am Sonntag hatte Volker C. Koch, SPD-Fraktionsvorsitzender im Dachauer Stadtrat, die Initiative noch eingeladen, an der Umsetzung der Neubaupläne mitzuarbeiten. Die Kritiker schlugen die ausgestreckte Hand aus: "Nicht einmal die SPD hat ihre Chance für eine anständige Oppositionsarbeit genutzt." Unterdessen haben sich die Piraten in Dachau zu Wort gemeldet: Der Ausgang des Bürgerentscheids habe keine zufriedenstellende Antwort für die betroffenen Kinder ergeben. "Eine große Mehrheit der Dachauer Wähler hat sich klar gegen die Planungen der Stadt Dachau entschieden, das nötig Quorum wurde knapp verfehlt", schreibt Michael Stanscheck. Das Quorum wurde allerdings bei weitem nicht erreicht: Die Ja-Stimmen machten etwa zehn Prozent statt der nötigen 20 Prozent aus. Die Stadt solle jetzt versöhnlich auf die Bürgerinitiative zugehen, fordert Stanscheck. "In Unternehmen würde man jetzt ein Teambuilding-Event organisieren und die Streithähne gemeinsam in einen Hochseilgarten schicken", erklärt der Pressesprecher der Piraten. In einem Hochseilgarten wird Günther Domcke, Hauptamtsleiter der Stadt Dachau, jetzt nicht fahren. Aber die Stadt würde es sehr begrüßen, wenn die Initiative und die Erzieherinnen mit dem jetzigen Träger, der katholischen Kirche, und dem künftigen, der Caritas, im Sinne der Pädagogik zusammenarbeiten würde. "Freuen wir uns doch auf den neuen Kindergarten", sagte Domcke. Doch nicht alle können den Bürgerentscheid akzeptieren. Eine anonyme Zuschrift flatterte der Redaktion der Süddeutschen Zeitung ins Haus: Demnach sei der Bürgerentscheid nicht gültig, weil die Wahlkabinen keine Vorhänge hatten und folglich eine geheime Wahl nicht möglich gewesen sei. Dem widerspricht Domcke: Es sei sichergestellt gewesen, dass die Wähler den Stimmzettel unbeobachtet ausfüllen konnten. Der Kindergarten Mariä Himmelfahrt hatte einmal den besten Ruf in Dachau - inzwischen erregte der Streit über die Einrichtung bis weit über die Stadt hinaus Aufsehen. Erzieherinnen aus Dachau wurden bei Seminaren und Arbeitstreffen in München gefragt, was denn da eigentlich los sei in Dachau. Andernorts kämpften Eltern um einen neuen Kindergarten, in Dachau lehnten sie ihn ab, sagte eine Pädagogin der SZ, die in der aufgeheizten Stimmung ihren Namen lieber nicht veröffentlicht sehen will. Die Bürgerinitiative bleibt bei ihrer Kritik: Die Räume sind zu klein, der Garten wird beschnitten, es fehlt ein inhaltliches Konzept - und auch die Übernahme der Trägerschaft durch die Caritas erweckte Zweifel. Doch die zwei Architekten des Neubaus sind optimistisch: "Als Architekten freuen wir uns, dass die Arbeit jetzt endlich in Ruhe fortgesetzt werden kann und sind zuversichtlich, dass wir trotz der verlorenen Zeit noch rechtzeitig fertig werden. Es wird ein schönes Kinderhaus mit großzügigen Innen- und Außenflächen. Wir wünschen uns, dass sich alle in der Einrichtung wohlfühlen und die gute pädagogische Arbeit der letzten 30 Jahre fortgesetzt werden kann", schreibt der Architekt und Stadtrat Kai Kühnel (Bündnis).

Dachau: Christoph Maier von der Bürgerinitiative "Raum für Kinder" am Kindergarten vor dem Bürgerentscheid.

Christoph Maier von der Bürgerinitiative "Raum für Kinder" am Kindergarten vor dem Bürgerentscheid.

(Foto: © joergensen.com)
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