Dachau:Der Markus-Lüpertz-Effekt

Die Ausstellung des international renommierten Malers im faszinierenden Untergeschoss des Kaufhauses Rübsamen verstärkt bei den Besuchern den Wunsch nach besseren Kunsträumen in Dachau. Kurator Josef Lochner ist begeistert

Von Wolfgang Eitler, Dachau

Das Votum der Langen Nacht der Offenen Türen von 33 Galerien, Museen und Ateliers in der Dachauer Innenstadt und der Vernissagegäste zur Markus-Lüpertz-Ausstellung am Samstagabend ist eindeutig: Wenn es in der Altstadt einen wunderbaren Raum für die Präsentation zeitgenössischer Kunst gibt, dann das Untergeschoss des Kaufhauses Rübsamen. Insofern ist die Ausstellung von Markus Lüpertz, der mit Gerhard Richter oder Georg Baselitz in einem Atemzug genannt wird, von doppelt herausragender Bedeutung für Dachau.

Einmal, weil es Kunstsammler Josef Lochner gemeinsam mit dem Förderverein Wasserturm gelungen ist, ihn überhaupt hierher zu locken. Dann aus lokalpolitischer Sicht, weil in den Reaktionen der Besucher deutlich wurde, wie wenig ansprechend die Mehrheit die bestehenden Ausstellungsoptionen in Dachau bewertet: sei es das Schloss oder die Galerie der KVD in der Kulturschranne. Im Stadtrat hat vergangene Woche eine Debatte über die Kulturschranne begonnen. Dabei ist es denkbar, dass die KVD ihre bestehende Galerie erweitern könnte.

Bereits auf der langen Nacht der Offenen Türen zeigten sich ungefähr 1000 Besucher begeistert von dem weitläufigen, gar nicht mal so hohen Untergeschoss. Bildhauer Albert Krottenthaler sagte beim Hineingehen: "Hier würde ich sofort ausstellen." Maria und Rainer Schmidt sind nicht nur von der Ausstellung begeistert. Lüpertz kennen sie eh schon. Das Video des Dachauer Fotografen Werner Bauer über eines der Konzerte des Malers und Pianisten mit den Granden es deutschen Jazz überraschte sie. "Das ist Free-Jazz?", fragten sie ungläubig. Aber das gesamte Untergeschoss faszinierte sie. Der frühere Bauträger und leidenschaftliche Kunstsammler Hansjörg Treu schwärmte: "Wesentlich schöner als die Räume der KVD-Galerie. Die müsste die Stadt anmieten." Ob der Vorschlag realistisch ist, darf bezweifelt werden, da die Jahrespacht nach Informationen der Dachauer SZ im oberen fünfstelligen Bereich liegen dürfte.

Schon am Freitag war Lüpertz-Kurator Josef Lochner euphorisch: "Die Ausstellung macht richtig Spaß." Bereits in kurzer Zeit verkaufte er ein Dutzend der Werke des Malers. Dazu kamen noch mehrere Anfragen und Reservierungen. Dass der Raum so stark beeindruckt, ist vor allem vier Männern zu verdanken: Lochner selbst, Gerhard Niedermair vom Vorstand des Wasserturmvereins, Lochners Freund Dieter Rothe und dem Dachauer Künstler Heiko Klohn. Er wird immer dann gerufen, wenn es schwierig wird. In dem Fall bestand die Herausforderung darin, einen Rhythmus in die 130 Werke zu bekommen, damit ein All-Over-Effekt entsteht. Dem Besucher muss es möglich sein, einen Gesamteindruck zu gewinnen, der sich schließlich in der näheren Betrachtung der Bilder festigt und differenziert.

Josef Lochner und sein Team waren am Freitag sehr gespannt, wie Markus Lüpertz die Ausstellung aufnehmen wird. Der hat Anspruch und Selbstverständnis in einem Interview mit der Zeit so formuliert: "Wir haben großartige Maler. Es gibt keine Disziplin, in der Deutschland weltweit so an der Spitze ist wie in der Kunst. In allen Künstler-Rankings führen die Deutschen. Die bildende Kunst der Nachkriegszeit ist die größte Erfolgsgeschichte." Im Frühjahr gelang Lüpertz eine herausragende Retrospektive im Museum der Moderne der Stadt Paris. Die Kunstkritik feierte sie als die beste Werkschau des Künstlers überhaupt. Leiter Fabrice Herrgott würdigte Lüpertz als einen der bedeutendsten Maler der Gegenwart.

Und nun also Dachau, die Altstadt, das Untergeschoss des Kaufhauses Rübsamen. Und nicht einmal das Schloss und der Renaissancesaal, den Georg Baselitz für das im nächste Jahr reserviert bekommen hat. In einer kurzen Ansprache sagte Markus Lüpertz: "Ich hoffe, Sie nehmen die Ausstellung so gut an, wie ich sie finde." Nach einem zweistündigen Spaziergang durch Dachau empfand er die Stadt "idyllisch kleinstädtisch", aber doch mit "großstädtischen" Anklängen. Im Gespräch mit der SZ erzählte er von seinem Besuch der KZ-Gedenkstätte, des Friedhofs auf dem Leitenberg und seinen Dachauer Eindrücken. "Ich habe selten so ein Idyll erlebt." Lüpertz sagte, dass er innehalten muss, vor allem als Vertreter einer Generation, die noch während des Zweiten Weltkriegs geboren worden sei: "Ich muss darüber noch sehr nachdenken."

Die Ausstellung hält er für sehr gut gehängt. Der Raum und die Bilder zusammen ergeben für ihn die Atmosphäre eines "Jazzkellers". "Ich bin wegen der Musik nach Dachau gekommen." Und mit ihm die Granden des deutschen Jazz wie Manfred Schoof oder Georg Dudek. Gemeinsam bilden sie das Ensemble TTT.

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