Gewerbegebiet:Gesucht: der ideale Betrieb für Dachau

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Die Stadt überlegt, welche Unternehmen sich bevorzugt im neuen Gewerbegebiet an der Siemensstraße ansiedeln sollen.

Von Petra Schafflik, Dachau

Es ist kein Geheimnis: Firmengrundstücke sind rar in Dachau und die Stadt selbst verfügt derzeit nur über die etwa 2,8 Hektar an der Siemensstraße, auf denen sich vor allem die bestehenden Firmen weiter ausbreiten werden. Doch ein umfassendes Gewerbeflächenentwicklungskonzept ist in Arbeit, der Entwurf für den Bebauungsplan für das insgesamt 8,4 Hektar große Gebiet zwischen Siemensstraße und Schleißheimer Straße ist beschlossen. Genau der richtige Zeitpunkt, um sich Gedanken zu machen, welche Firmen sich künftig bevorzugt neu in der Stadt ansiedeln sollten.

Statistische Daten und Informationen, die als Entscheidungsgrundlage dienen können, präsentierte Julia Schwarz von der städtischen Wirtschaftsförderung jetzt auf Anfrage der Überparteilichen Bürgergemeinschaft (ÜB) im Haupt- und Finanzausschuss. Allerdings: Konkrete, auf Dachau bezogene Daten liegen in der Verwaltung nicht vor. "Wir müssen uns letztlich einen einzelnen Betrieb genau anschauen, und dennoch gibt es dann keine Garantie", erklärte Wirtschaftsreferent Florian Schiller (CSU).

Die Erweiterung des Gewerbegebiets an der Siemensstraße in Dachau Ost kommt vor allem der Firma Maytec zugute. Das Unternehmen für Aluminium-Systemtechnik hat 80 Mitarbeiter, 50 neue Arbeitsplätze könnten entstehen. (Foto: Toni Heigl)

Dachau hat Nachholbedarf

Völlig im Nebel stochern müssen Verwaltung und Stadträte aber nicht, wenn es um die Auswahl idealer Betriebe geht. Daten von statistischem Landesamt, der Agentur für Arbeit und eigene Auswertungen der städtischen Wirtschaftsförderung lassen einige Rückschlüsse zu. So untermauern die Zahlen, dass in Sachen Betriebsansiedlung noch Nachholbedarf in der Stadt besteht. In Dachau liegt die Gewerbesteuer pro Einwohner seit Jahren unter dem Einkommensteueranteil pro Bürger. "Eine untypische Verteilung", erklärte Schwarz. In finanzstarken Kommunen liegt der Gewerbesteueranteil in der Regel deutlich höher.

Wenn sich nun aber in Dachau demnächst Chancen für neue Gewerbeansiedlungen auftun, sollte die Stadt bestimmte Branchen bevorzugt willkommen heißen. So sind in Bayern nur 8,5 Prozent aller Unternehmen, das sind 48 081 Betriebe, im verarbeitenden Gewerbe tätig. Dennoch leisten diese wenigen Firmen ein Drittel des gesamten Steueraufkommens. Lukrative Gewerbesteuerzahler finden sich auch bei den Finanz- und Versicherungsdienstleistern. Hier liefern 31 408 Unternehmen einen Beitrag von 15 Prozent zum landesweiten Gewerbesteueraufkommen. Denselben Steueranteil erwirtschaften 120 533 bayerische Betriebe, die im Bereich von Handel, Reparatur und Instandsetzung von Kraftfahrzeugen aktiv sind. Aber auch die Informations- und Kommunikationsbranche ist mit einem Gewerbesteueranteil von fünf Prozent "noch interessant", sagt Schwarz.

Neue Betriebe zahlen im besten Fall nicht nur Gewerbesteuer, sondern schaffen auch qualifizierte Arbeitsplätze. Derzeit arbeiten die meisten Dachauer im verarbeitenden Gewerbe oder in der Kraftfahrzeug-Branche. Ein Aufteilung, die sich auch in den Nachbarlandkreisen ähnlich wiederfindet. Einzig in Freising gibt es wegen der Nähe zum Flughafen überdurchschnittlich viele Arbeitsplätze im Bereich Verkehr und Lagerei. Bayernweit bieten vor allem Dienstleister und produzierendes Gewerbe viele Jobs, informierte Julia Schwarz die Stadträte.

Mehr Arbeitsplätze könnten auch mehr Zuzug auslösen

Ziel einer städtischen Ansiedlungspolitik müsste laut Wirtschaftsreferent Schiller sein, Betriebe anzuwerben, die nur wenig der raren städtischen Gewerbefläche benötigen, gleichzeitig "hohe Steuern bezahlen und zufriedene Arbeitnehmer beschäftigen". Eine Prämisse, die Thomas Kreß (Grüne) nicht vollständig teilt. In Dachau und dem Landkreis lebten viele Auspendler, aber deren Arbeitsplätze lägen direkt vor unserem Fenster", gemeint sind Großbetriebe wie MAN und MTU in Allach. "Wir haben Vollbeschäftigung", wegen der Jobs müssten keine Firmen angesiedelt werden. Kreß warnte sogar ein wenig davor, dass für attraktive Arbeitsplätze neue Mitarbeiter von außerhalb zuziehen würden, für die in der Stadt erst einmal wieder Wohnungen gebaut werden müssten.

Dennoch bleibt es Konsens im Stadtrat, dass leistungsstarke Unternehmen in der Stadt gehalten, neue Firmen nach Dachau geholt werden sollen. Ideale Kandidaten auszuwählen sei dabei keine einfache Aufgabe, erklärte Oberbürgermeister Florian Hartmann (SPD). Denn gerade "große Steuerzahler aus dem verarbeitenden Gewerbe sind oft anfällig für wirtschaftliche Schwankungen, so dass auch einmal jahrelang keine Gewerbesteuer kommt". Zudem seien Firmen des verarbeitenden Gewerbes nicht bereit, hohe Preise für Gewerbegrund zu bezahlen. Andererseits waren sich Schiller und der OB einig, dass manche Branchen von vornherein am Standort Dachau nicht erwünscht sind. Dazu zählen große Logistikbetriebe, die viel Fläche benötigen, aber kaum Arbeitsplätze schaffen. Die Stadt soll daher nach Ansicht des Wirtschaftsreferenten "nicht auf Teufel komm raus, sondern gezielt Betriebe ansiedeln". Noch fehlt dafür die wichtigste Voraussetzung, nämlich Gewerbegrund in städtischer Hand. Nur wenn Dachau über eigene Flächen verfügt, "entscheidet der Stadtrat aus einer Auswahl, welche Firma den Zuschlag bekommt", sagt Hartmann.

© SZ vom 01.03.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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