Preisverleihung:Der Golden-Award-Burger

Das Designer-Paar Franz Göttler und Tini Ammann hat gemeinsam mit Hi-Five-Wirt Matthias Schilcher eine der weltweit wichtigsten Auszeichnungen für Gestaltung gewonnen.

Von Anna-Sophia Lang

Die Idee war Matthias Schilcher, dem neuen Kochwirt und Roxi-Bar-Betreiber in der Altstadt, schon lange im Kopf herumgespukt. Dann kam das Angebot. Ob er nicht das leer stehende Restaurant neben dem Kino im Gewerbegebiet übernehmen wolle. Schilcher überlegte hin und her. Im Frühjahr 2015 eröffnete er das Hi Five. Jetzt hat das Burgerrestaurant den iF Design Award gewonnen. Es ist nicht irgendein Preis: Seine Geschichte geht zurück bis in die 50er Jahre, die den Beginn der Auseinandersetzung mit zeitgemäßem Design in Deutschland markierten. Heute wird er vom International Design Forum vergeben. Er gilt er als eine der weltweit wichtigsten Auszeichnungen.

In ihrem Urteil zum Hi Five spricht die Jury von einem "herausragenden Gestaltungskonzept", von Konsequenz in Entwurf und Ausführung. Durchgängigkeit und Tiefe des Entwurfs seien bewundernswert. Die Designer hätten eine Brücke geschlagen zwischen einem amerikanischen Produkt und regionalen Einflüssen. "Gelernte Assoziationen, umgesetzt mit einfachen Mitteln, werden neu interpretiert und schaffen eine regional geprägte, zeitgemäße Wirtshausatmosphäre."

Wie ein Wirtshaus wirkt das Hi Five nicht

Wie ein Wirtshaus wirkt das Hi Five auf den ersten Blick nicht. Auf der Karte stehen Burger und Hot Dogs, als Beilagen gibt es Pommes, Zwiebelringe und Krautsalat. Typisch amerikanisch. Die Dachauer Elemente fallen erst auf den zweiten Blick auf: Das Fleisch kommt vom Lamplhof aus Pfaffenhofen, die Semmeln aus der Biobäckerei Polz aus Ampermoching, die Freilandeier vom Bentenrieder Hof aus Prittlbach. Was beim Essen beginnt, setzt sich bei der Innenarchitektur fort: Eine amerikanisch-bayerische Fusion. Wenige, dafür gute Zutaten, die eine klare Linie verfolgen. Schilcher hatte einen genauen Plan für sein Restaurant. Es sollte etwas besonderes werden. Eigentlich ist er ausgebildeter Schreiner, hat aber ein paar Semester Architektur studiert. Auf der Suche nach Inspiration flog er nach Kopenhagen, schaute sich Läden, Restaurants, Häuser an. "In Skandinavien sind sie uns weit voraus." Die ständige Präsenz von Holz fiel ihm auf, und immer wieder dunkle Fußböden. Schilcher brachte beides im Kopf mit nach Dachau. Für das Hi Five tat er sich mit Franz Göttler und Tini Ammann zusammen. Beide sind ausgebildete Designer. Zwar haben sie kein gemeinsames Büro, arbeiten aber nebenher immer wieder für einzelne Projekte zusammen.

Es ist ein gewöhnlicher Mittwochnachmittag. Der Regen fällt in dicken Tropfen vom grauen Himmel. Die Wolken hängen so dicht, dass schon um vier Uhr die Dämmerung herein bricht. Man muss wissen, wonach man sucht, hier im Gewerbegebiet in Dachau-Ost, zwischen Autohäusern und Discountern. Ein schwarzes Schild am Straßenrand weist den Weg. "Hi Five Burger & Bar" steht darauf in weißer Schrift. Der große Raum im ersten Stock, gleich neben dem Eingang zum Kino, steht in krassem Kontrast zur verregneten Kälte dieses Märztages. Es ist gemütlich. Lampen mit Kupferschirmen verbreiten ein warmes Licht. Tische und Bänke aus hellem Holz wirken einladend. Man möchte sich sofort in eine der Nischen lümmeln. Mit schwarzem Holz vertäfelte Wände und schwarze Elemente an den Möbeln verleihen der Einrichtung Coolness und Bar-Flair. "Wir mixen die Kulturen", sagt Franz Göttler, "indem wir uns eng an das amerikanische Gastrokonzept anlehnen und es mit regionalen Einflüssen verbinden." Die massive, dunkle Wandvertäfelung mit hellen Fugen erinnert an bayerische Wirtshäuser, die Stühle sind eins zu eins übernommen, die Lampen über den Tischen hängen tief und zeichnen gemütliche Lichtkegel. Dazu typisch amerikanische Diner-Nischen, hohe Barhocker, Stehtische im Eingangsbereich für den schnellen Burger nach dem Kinobesuch. "Alles Eigenkreationen", sagt Matthias Schilcher, "nichts kommt von der Stange." Jedes Stück wurde als Prototyp gebaut, bevor es in den finalen Entwurf einging.

Sie sind einer von 75 Preisträgern unter mehr als 5000 Bewerbern

So sehr sich die Elemente in ihrem Ursprung unterscheiden, sind sie doch farblich und vom Material her in jedem Detail aufeinander abgestimmt: Lampen mit Stuhl- und Tischbeinen, Bänke mit Sitzflächen und Wandvertäfelung. Die Zahl der Materialien und Farben ist auf ein Minimum reduziert. Holz, Blech, Kupfer und Linoleum in schwarz, naturfarben und rötlich. Eine zurückhaltende Innenarchitektur, die trotzdem klaren Gestaltungspunkten folgt. "Wir haben uns bewusst eingeschränkt, um ganz klar zu bleiben", sagt Tini Ammann, "wir wollten beim Wesentlichen bleiben." Keine leichte Aufgabe. Zumal es mit der Gemütlichkeit in einem ehemaligen Industriegebäude mitten im Gewerbegebiet nicht weit her ist. Dazu in Matthias Schilcher ein Auftraggeber, der genaue Vorstellungen hat, hohe Ansprüche und den Mut, etwas Neues zu machen. Für Göttler und Ammann Herausforderung und Freude zugleich. Dass sich die drei schon sehr lange gut kennen, half. "Es war ein schönes Miteinander", sagt Schilcher.

Hoffnung auf einen Preis hatten sie nicht, als sie die Bewerbung abschickten. "Wir wollten es einfach probieren, weil wir alles selber gemacht hatten." Dass sie am Ende den Gold-Award gewinnen würden, als einer von 75 unter mehr als 5000 Bewerbern, glaubte keiner. Die Mail kam an einem Montagvormittag. "Wahrscheinlich habe ich erst mal einen hochroten Kopf gekriegt", sagt Göttler, "und dann habe ich angefangen, SMS zu verschicken." Selbst bei der Preisverleihung, als die drei zwischen Australiern, Taiwanesen und Brasilianern in der BMW-Welt saßen, konnten sie es noch kaum glauben. Erst am Abend, da wurde gefeiert.

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