Dachau:Der Bürger hat das Wort

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Zwei Fahrspuren für die Autos, Verkehrsinseln für Fußgänger und ein eigener Fahrradstreifen: Der Probebetrieb für die umgestaltete Münchner Straße ist vorbei. Jetzt können alle Dachauer ihr Urteil abgeben

Von Christiane Bracht, Dachau

Wie wirkt sich die neue Verkehrsführung in der Münchner Straße in Dachau für Sie aus? Kommen Sie jetzt lieber dorthin, um einzukaufen? Soll die Regelung beibehalten werden? Oder was würden Sie gerne ändern? Das sind in etwa die Fragen, die die Dachauer von Donnerstag an beantworten können. Nach einem Jahr Probebetrieb will die Stadt nun das Votum der Bürger und ihre Verbesserungsvorschläge einholen. Bei den Bürgerversammlungen stand die große Mehrheit den Neuerung positiv gegenüber. Ob das jetzt noch immer so ist, wird sich zeigen.

Fragt man Passanten, so hat sich die Umgestaltung der Münchner Straße in Dachau jedenfalls gelohnt. Bis vor einem Jahr donnerte hier der Verkehr vierspurig durch die Geschäftsstraße, Fußgänger hatten Mühe von einer Straßenseite zur anderen zu kommen. Wer in mehreren Geschäften einkaufen wollte, musste teilweise große Umwege laufen, denn nur der Weg über die Ampeln war einigermaßen sicher. Jetzt wirkt das Leben auf der Einkaufsmeile dagegen eher entspannt. "Der Verkehr fließt deutlich langsamer als früher", sagt Andreas Pirchmoser, der ein Geschäft an der Münchner Straße betreibt. "Und das Rennen von der letzten Fußgängerampel zur Brücke, wo die Fahrbahn einspurig wurde, ist endlich vorbei." Es hört sich an wie ein Aufatmen, wenn er spricht. Barbara Saulich ist ebenfalls begeistert von der neuen Verkehrsführung mit dem einspurigen Verkehr in jede Richtung, einem Radstreifen am Rand und mehreren mobilen Verkehrsinseln in der Mitte der Fahrbahn: "Das ist sehr gut. Jetzt kann man als Fußgänger endlich wieder über die Straße. Langsam bürgert sich auch ein, dass die Autos halten." Sogar Mütter mit Kinderwagen trauen sich ohne Ampel die Straße zu überqueren, hat Alexander Knoblich festgestellt.

Kritik gibt es aber dennoch: "Man müsste die Radler kontrollieren und ermahnen, damit sie nicht mehr auf dem Gehweg fahren", klagt Katharina Fuchs. Sie ist mit Kinderwagen unterwegs und fühlt sich trotz des breiten Fußgängerwegs manchmal nicht ganz sicher, wenn ein Radler in einem schnellen Schwenk an ihr vorbeihuscht. Schaut man dem Verkehr ein wenig zu, sind es viele, die aus einem Geschäft herauskommen und dann, meist entgegen der Fahrtrichtung, auf dem breiten Gehweg losfahren, zumindest bis zur nächsten Ampel.

Die seit einem Jahr getestete Verkehrsregelung findet viel positives Echo. (Foto: Toni Heigl)

"Für Fußgänger ist die neue Regelung einfacher, aber die Autofahrer müssen jetzt auf viele Kleinigkeiten achten. Man sollte das lieber noch einmal überdenken", fordert Marianne Zelenka. Am meisten stört sie, dass die Radfahrer jetzt auch auf der Straße sind, für ausparkende Autos sei das schwierig. Es wäre besser, wenn die Radler neben den Fußgängern herfahren würden, sagt sie. Pirchmoser hat dagegen festgestellt, dass das "Ausparken rückwärts jetzt leichter geht", weil man mehr Platz habe und einen "besseren Überblick".

Von diesem Donnerstag an bis zum Sonntag, 9. Juli, dürfen alle Dachauer ihre Meinung online auf der Internetseite der Stadt www.dachau.de kundtun. Wer den neuen Medien nicht so traut, kann auch den Fragebogen, der dem Bürgermagazin beiliegt, ausfüllen und im Rathaus (Konrad-Adenauer-Straße 2-6) abgeben. Die neue Ausgabe des Bürgermagazins erscheint am Donnerstag. Die Umfrage muss spätestens am darauffolgenden Donnerstag, 13. Juli, im Rathaus eingehen, egal ob sie per Post verschickt oder persönlich hingebracht wird. Adressat ist die Abteilung Tiefbau.

Oberbürgermeister Florian Hartmann hofft auf möglichst viele Teilnehmer, um ein repräsentatives Bild zu bekommen. Damit nicht nur die Kritiker sich zu Wort melden, werden auch Interviewer an der Münchner Straße stehen und die Passanten nach ihrer Meinung fragen. Die Entscheidung, wie es weitergeht, wird der Umwelt- und Verkehrsausschuss voraussichtlich im September treffen. Dazu werden neben der Umfrage auch die Videoaufzeichnungen, die die Stadt Anfang April 2016, also vor der Umstellung gemacht hat, und diejenigen von Ende März/Anfang April 2017 herangezogen. Betrachtet man sich diese, so hat der Verkehr in den Spitzenstunden um fünf bis zehn Prozent abgenommen, so die Verwaltung. Der Anteil der Radler, die auf dem Gehweg fuhren, ist offenbar auch stark zurückgegangen - zumindest auf einer Seite. Laut Hartmann hat die Polizei signalisiert, dass die Zahl der Unfälle auf der Münchner Straße ebenfalls weniger geworden ist.

Die größten Kritiker waren in der Vergangenheit die Jungen Freien Wähler. Schon kurz nach der Umgestaltung klagten sie, dass die neue Straßenführung den Verkehr ins Stocken bringe. Die Fußgängerampel am Unteren Markt tut das tatsächlich gelegentlich, gibt Oberbürgermeister Hartmann zu. Sie ist zugunsten der Fußgänger geschaltet. Angesichts der vielen Verkehrsinseln sei dies jedoch nicht mehr nötig, weil die Fußgänger jetzt an verschiedenen Stellen queren. Die Stadt habe die Umprogrammierung der Schaltung herausgezögert, weil sie viel Geld koste. Wenn die Entscheidung über die Zukunft der Münchner Straße gefallen sei, werde man die Zeitschaltung dort noch einmal neu festlegen.

Die Fahrradverbände ADFC und VCD hatten in der Vergangenheit die neue Regelung auf der Münchner Straße, insbesondere die beiden Streifen am Rand für die Radfahrer sehr gelobt. Vor allem deshalb, weil die Autofahrer nun viel mehr Abstand hielten und die Radler auf der Straße nicht mehr so leicht übersehen werden können, als wie wenn sie auf dem Gehweg führen.

© SZ vom 05.07.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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