Dachau:CSU tröstet sich mit Referentenposten

Ihre Kandidatin für das Bürgermeisteramt in der Stadt Dachau ist gescheitert, aber die Christsozialen vertreten künftig sieben wichtige Politikressorts. Kai Kühnel, Stellvertreter von OB Hartmann, hält das für unfair.

Von Walter Gierlich

Am Ende herrschte dann doch große Einigkeit: CSU-Fraktionschef Dominik Härtl legte am Schluss der konstituierenden Sitzung des Dachauer Stadtrats einen gemeinsamen Antrag aller Fraktionen wegen der Neonazi-Kundgebung vom 12. April vor. Darin wird gefordert, dass in Zukunft alle Fraktionsvorsitzenden über angemeldete Demonstrationen rechtsextremer Gruppierungen informiert werden, damit sie die Möglichkeit zu Gegenveranstaltungen haben. "Wenn uns etwas einen sollte, dann die historische Verantwortung", sagte er zur Begründung und betonte zudem: "Wir lassen uns an dieser Stelle nicht auseinander dividieren." Das aber war zuvor geschehen, als es längst nicht so harmonisch zugegangen war: Sowohl Bürgermeister Kai Kühnel (Bündnis für Dachau) als auch die zweite Stellvertreterin von OB Florian Hartmann (SPD), die CSU-Stadträtin Gertrud Schmidt-Podolsky, wurden nach Kampfabstimmungen gewählt. Und auch bei der Wahl der Referenten gab es mehrmals Gegenkandidaten.

Im Vorfeld hatten zahlreiche Gespräche zwischen den Fraktionen stattgefunden, um die Personalien möglich reibungslos über die Bühne zu bringen. Man hatte sich darauf verständigt, dass der erste Stellvertreter der stärksten Fraktion zustehe, also der CSU, der zweite dem grün-ökologischen Lager. Doch hatten Grüne und Bündnis für Dachau schon vorab klar gemacht, dass sie jeden CSU-Vorschlag mit Ausnahme der bisherigen dritten Bürgermeisterin Gertrud Schmidt-Podolsky als erste OB-Stellvertreterin mittragen würden. Doch die CSU schlug dennoch Schmidt-Podolsky vor. Zwei Gründe nannte Fraktionschef Härtl am Tag nach der Sitzung dafür: Zum einen sei es ein einstimmiger Beschluss der Fraktion gewesen, "dass sie unsere Kandidatin ist", zum anderen, dass man sich nicht politisch erpressen lasse. Mit 21 Stimmen konnten CSU, Freie Wähler und Bürger für Dachau sowie FDP gemeinsam auf eine Mehrheit bauen.

Doch mit 20:21 Stimmen unterlag die CSU-Kandidatin gegen Kühnel. Am Mittwoch sagte Härtl: "Wir nehmen zur Kenntnis, dass die SPD die Konsenspolitik, die sie angekündigt hat, nicht umgesetzt hat." Doch auch die Vermutung der Besucher im überfüllten Sitzungssaal am Dienstagabend, dass es angesichts der Mehrheitsverhältnisse einen Überläufer gegeben haben könnte, lässt sich nicht halten. Denn ÜB-Fraktionschef Rainer Rösch versichert, dass sich seine vier Stadträte an das vorher gegebene Versprechen gehalten haben, die Kandidatin der stärksten Fraktion zu wählen. Also räumt Härtl zähneknirschend ein, dass die Abweichler wohl aus der eigenen Fraktion oder dem befreundeten Lager gekommen sein müssen. Einer könnte sein Vorgänger an der Fraktionsspitze, Christian Stangl, gewesen sein. Er verließ ein Krisengespräch der CSU-Fraktion nach Schmidt-Podolskys Niederlage rasch und saß allein im Sitzungssaal. Er mochte jedoch nicht mit der Presse sprechen war am Mittwoch auch nicht erreichbar.

Oberbürgermeister Hartmann erklärte, dass er nicht an allen Gesprächen im Vorfeld der Sitzung beteiligt gewesen sei, er also nicht wisse, welche Absprachen eventuell in kleinen Runden im Einzelnen getroffen wurden. Er wisse, dass der CSU im Vorfeld mitgeteilt worden sei, was passieren könnte. Er wisse aber nicht, wer da umgefallen sei. "Mir ist es letztlich auch egal, ich muss mit dem Ergebnis leben. Das ist eine demokratische Entscheidung, die man akzeptieren muss", sagte er.

Härtl betonte angesichts der Niederlage: "Wir ziehen uns nicht sechs Jahre in die Schmollecke zurück." Schließlich sei die CSU gewählt worden, die Stadtpolitik mitzugestalten. Zudem hält er das Ergebnis der konstituierenden Sitzung in der Gesamtbilanz für die CSU gut: Mit sieben der 16 Referentenposten sei man sehr zufrieden. Der neu gewählte Bürgermeister Kühnel hingegen hält die Verteilung der Referentenposten für unfair, da die CSU sieben, die Freien Wähler und die ÜB je zwei haben, aber die SPD als zweitstärkste Fraktion auch nur zwei, Grüne und Bündnis sogar nur je einen. Doch Härtl konterte den Vorwurf im Gespräch mit der SZ: Bei den Referenten gehe es um Kompetenz. "Ginge es um Proporz, hätte man bei der Bürgermeisterwahl auch anders stimmen müssen."

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