Dachau:Bündnis für die Kufsteiner Straße

Vertreter von Parteien, Kirchen, KZ-Gedenkstätte und Vereinen wollen die Flüchtlingsunterkunft erhalten und setzen ein Zeichen

Von Anna-Sophia Lang, Dachau

Der "Runde Tisch gegen Rassismus" setzt sich für den Erhalt der Flüchtlingsunterkunft in der Kufsteiner Straße ein. Der Verein bietet der Regierung von Oberbayern an, sie finanziell zu entlasten: Er will einen Monat lang die Differenz zwischen dem vom Verpächter verlangten und dem von der Bezirksregierung angebotenen Pachtzins übernehmen - 1166 Euro. Im Januar wurde bekannt, dass die Unterkunft im November geschlossen werden soll, weil sich Regierung und Grundstückseigentümer nicht einigen konnten. Der Vorschlag des Vereins stößt auf gemischte Reaktionen. Während Dachaus Oberbürgermeister Florian Hartmann (SPD) von einem "tollen symbolischen Zeichen" spricht, ist Landrat Stefan Löwl (CSU) nicht begeistert. "Das wird uns in der Sache nicht weiterbringen", sagt er.

Bürger wollen die Unterkunft erhalten

Die Regierung von Oberbayern teilte am Mittwoch mit, man suche nach Alternativstandorten zur Kufsteiner Straße. "Sollte in diesem Zusammenhang der Eigentümer ein neues Angebot machen, wird dieses selbstverständlich geprüft." Mit seinem Vorschlag zeigt der "Runde Tisch gegen Rassismus", wie groß der Wunsch in der Bevölkerung ist, den Standort Kufsteiner Straße zu erhalten. Am Runden Tisch sitzen unter anderem Vertreter von Parteien, Kirchen, vom Jugendzentrum Freiraum, von Zeitgeschichtsvereinen und der KZ-Gedenkstätte. Es sei "ein Unding", dass sich beide Vertragsparteien gerade jetzt nicht einigten, da der Landkreis jede Woche 40 Flüchtlinge unterbringen müsse. Noch dazu sei eine Einigung wegen einer Summe von nur 1166 Euro gescheitert. Bisher hat die Bezirksregierung 10 000 Euro Pacht für das Geländebezahlt. Aufgrund eines Gutachtens bot sie dem Grundstückseigentümer in Verhandlungen über eine längerfristige Nutzung dann aber nur noch 6000 Euro an. Dieser forderte 7166 Euro, nachdem er seinerseits ein Gutachten vorlegte. Daraufhin kündigte die Regierung von Oberbayern den Pachtvertrag zum 31. Oktober 2016. Für die 124 Bewohner der Unterkunft bedeutet das, dass sie auf andere Unterkünfte im Landkreis verteilt werden müssen. Zwölf bereits anerkannte Asylsuchende würden obdachlos und müssten von der Stadt untergebracht werden. Unter ihnen sind auch alleinerziehende Mütter und kleine Kinder.

Der "Runde Tisch gegen Rassismus" hofft, einen Gesinnungswandel bei Bezirksregierung und Grundstückseigentümer einzuleiten. "So viel bürgerschaftliches Engagement sollte die Verhandlungspartner doch zum Nachdenken bringen", heißt es in einer Pressemitteilung. Das Angebot ist ernst gemeint. Dass der Verein die 1166 Euro tatsächlich bezahlt, ist unwahrscheinlich. Denn ein neuer Pachtvertrag, auf den sich die Summe bezieht, existiert eben gar nicht. Bis einschließlich Oktober bezahlt die Regierung von Oberbayern noch 10 000 Euro monatlich.

Appell an die Grundstückseigentümer

Ob die Verhandlungen in der Zwischenzeit weitergehen, weiß OB Hartmann nicht. Die Stadt hat die Bezirksregierung bereits vor drei Wochen schriftlich dazu aufgefordert. Eine Antwort hat Hartmann jedoch nicht bekommen. Mitreden kann er ohnehin nicht, ebenso wenig wie Landrat Löwl. Beide wurden lediglich über die Kündigung des Pachtvertrags informiert. Hartmann hofft, dass es doch noch zu einer Einigung kommt. Er appelliert auch an den Grundstückseigentümer. Der müsse sich bewusst machen, dass er ohne Kompromiss am Ende ganz ohne Pachteinnahmen dastehe. Den Standort Kufsteiner Straße will Hartmann erhalten, weil er sich bewährt habe und die Strukturen mit Ehrenamtlichen und Infrastruktur rundherum gut funktionierten. Am liebsten wäre dem Oberbürgermeister ein Neubau. "Es wäre toll, dort ein vernünftiges Gebäude zu haben", sagt er. Die Stadt habe der Regierung von Oberbayern sogar angeboten, dort insgesamt 250 Menschen unterzubringen. Ob der "Runde Tisch gegen Rassismus" etwas bewirkt, bezweifelt Hartmann. Einen Versuch sei es allemal wert.

Landrat Löwl sieht das Angebot kritisch. "Als symbolischen Akt akzeptiere ich es", sagt er. Mit dem Angebot von 6000 Euro Pachtzins sei die Bezirksregierung "an die Obergrenze" gegangen. Bei einer 40-jährigen Laufzeit sei sie dem Pächter mehr als entgegengekommen. Auf einen Monat betrachtet seien 1166 Euro ein kleiner Betrag, auf 40 Jahre gerechnet jedoch nicht. Auch Löwl sagt, er wolle den Standort Kufsteiner Straße erhalten. "Aber man kann nicht jeglichen privaten Wunsch auf Staatskosten realisieren."

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