Pornodarstellerin wider Willen:Bloßgestellt

35-Jähriger filmt Freundin heimlich beim Sex, verschickt die Videos an seine frühere Partnerin - und landet dafür vor Gericht.

Von Benjamin Emonts, Dachau

Fast bis zum Schluss ihrer Aussage steht Anna F. (Name geändert) gefasst Rede und Antwort zu den unangenehmen Fragen des Gerichts - dann bricht es aus ihr heraus. "Es ist einfach schwer, damit zu leben", sagt sie und beginnt zu weinen. "Das ist so ein Vertrauensmissbrauch." Ihr damaliger Freund, ein 35-jähriger Mann aus dem Landkreis Wasserburg, hatte sie im Jahr 2014 mehrfach ohne ihr Wissen bei gemeinsamen sexuellen Handlungen gefilmt. Anna F. entdeckte die Aufnahmen zufällig auf dem Handy des Mannes und forderte ihn auf, die Videos zu löschen. Stattdessen schickte der Angeklagte die Filme an seine vormalige Freundin. Anna F. erstattete Anzeige. Nun musste sich der 35-Jährige wegen der Verletzung höchstpersönlicher Lebensbereiche durch Bildaufnahmen am Amtsgericht Dachau verantworten.

"Es handelt sich um perversestes, krassestes Pornomaterial", beschreibt Amtsrichter Lukas Neubeck den Inhalt der zwei Videoclips. Neubeck und auch der Staatsanwalt mussten sich die Filme vor der Verhandlung am Dachauer Amtsgericht anschauen. Zu sehen darin sei Anna F. mit verbundenen Augen sowie der Angeklagte, wie er fetischartige Sexualpraktiken bei ihr durchführt. "Die Videos haben wirklich deftige Inhalte", so der Staatsanwalt.

Nachdem Anna F. die Aufnahmen auf dem Handy des Angeklagten entdeckte, forderte sie ihn auf, diese umgehend zu löschen. Wenige Tage später jedoch stieß sie erneut auf die Videos, dieses Mal auf dem Laptop des Freundes. Schlussendlich packte Anna F. ihre Sachen und hinterließ dem Angeklagten einen Abschiedsbrief, in dem sie ihre Beziehung für beendet erklärte.

Davon, dass ihr Freund das Videomaterial auch an Dritte weitergeleitet hat, erfuhr Anna F. erst zwei Tage später, als sie über Facebook von der Ex-Freundin des 35-Jährigen kontaktiert wurde. "Pass auf, lass dich nicht verarschen. Dein Freund hat etwas Schlimmes getan", zitiert Anna F. Im weiteren Verlauf schickte die fremde Frau den Verlauf einer Chat-Unterhaltung, die sie mit dem Angeklagten geführt hatte und die nun dem Gericht vorliegt. "Ich hab was Geiles gemacht, ich hab meine Freundin beim Sex gefilmt", schrieb der 35-Jährige darin. Schließlich sendete er seiner Ex-Freundin über Whatsapp pornografische Bilder, die er aus dem Internet hatte. Außerdem schickte er die anzüglichen Videoaufnahmen von Anna F. Die ging infolgedessen zur Polizei. "Wer weiß schon, wo die Videos noch überall gelandet sind."

Der 35-Jährige Angeklagte beteuert vor Gericht, dass Anna F. von den Videoaufnahmen gewusst habe. "Man hat sich gegenseitig gefilmt. Sie wollte immer, dass die Aufnahmen noch am selben Tag nach dem Anschauen gelöscht werden." Anna F. widerspricht dem: "Ich wusste nichts von den Videos. Das muss passiert sein, als er mir die Augen verbunden hat." Diese Sexpraktik habe ihr Freund gleich zu Beginn der Beziehung vorgeschlagen, und sie habe auch eingewilligt. "Es konnte ja keiner wissen, dass das so enden würde", sagt sie.

Der Vertreter der Staatsanwaltschaft ist sich sicher: "Die Zeugin hat weder von der Anfertigung der Videos gewusst noch davon, dass sie weiterversandt wurden." Vielmehr habe der Angeklagte die Praktik des Augenverbindens bewusst eingeführt, um unbemerkt Videos vom Sex mit seiner Partnerin aufnehmen zu können. Der Staatsanwalt legt dem Angeklagten zur Last, das Vertrauen seiner damaligen Freundin gleich doppelt missbraucht zu haben. "Erst hat er die Videos nicht gelöscht und dann auch noch weitergeschickt."

Amtsrichter Lukas Neubeck ist von der Schuld des 35-Jährigen ebenso überzeugt, er verurteilt ihn zu einer Geldstrafe von 5250 Euro. Diese Strafe hätte der Angeklagte auch ohne Verhandlung haben können, doch hatte er gegen die Höhe des Strafbefehls Einspruch eingelegt. Nur deshalb musste sich Anna F. den peinlichen Fragen des Gerichts stellen. Immerhin nutzte ihr Ex-Freund die Begegnung für eine Entschuldigung. "Es tut mir leid. Ich wollte dir nicht solche schrecklichen Schmerzen zufügen."

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