Dachau:Bauen, bauen, bauen

Dachau: Wolfgang Reichelt, Pressesprecher des Landratsamts in Dachau, bezweifelt, dass die Datenerhebung des Pestel-Instituts der Realität entspricht.

Wolfgang Reichelt, Pressesprecher des Landratsamts in Dachau, bezweifelt, dass die Datenerhebung des Pestel-Instituts der Realität entspricht.

(Foto: Niels P. Jørgensen)

Eine Studie des Forschungsinstituts Pestel aus Hannover ergibt für den Landkreis Dachau, dass dringend neue Wohnungen geschaffen werden müssten. Die Zahl 1610 ist allerdings umstritten

Von Johannes Korsche, Dachau

Allein noch in diesem Jahr müssten im gesamten Landkreis Dachau an die 1610 neue Wohnungen gebaut werden, um dem Andrang aufzufangen. Zu diesem Ergebnis kommt eine Studie des Pestel-Instituts aus Hannover. Demnach sind allein für die dem Landkreis zugeteilten Asylbewerber 710 neue Wohnungen nötig. Damit bestätigt das Forschungsinstitut aus Hannover die Einschätzung von Kommunalpolitikern, wie Landrat Stefan Löwl (CSU), die mehr sozialen Wohnungsbau anmahnen. Wolfgang Reichelt, Pressesprecher des Dachauer Landratsamts, sagt: "Das Problem ist erkannt, benannt und wird schon angegangen."

Das Pestel-Institut versteht sich als "interdisziplinäres Forschungsinstitut", das sich besonders auf die Bereiche Regionalwirtschaft, Demografie, Kommunalentwicklung und Wohnungsmärkte spezialisiert hat. Das Institut erstellt Analysen und Modellrechnungen für Kommunen, Verbände und Unternehmen. Die Wohnungsmarkt-Analyse war von verschiedenen Vertretern der Baubranche in Auftrag gegeben worden; darunter die IG BAU und der Bund Deutscher Baumeister, Architekten und Ingenieure. Das Ergebnis ist eindeutig: "Um eine handfeste Wohnungskrise zu vermeiden, muss dringend neuer Wohnraum her", sagt der Institutsleiter Matthias Günther.

Das Institut warnt vor einem "Weiter so" in der Politik, gerade bei den Sozialwohnungen müsse die Neubaurate enorm gesteigert werden. Denn Rentner, Alleinerziehende, junge Menschen in der Ausbildung, einkommensschwache Haushalte und eben auch Flüchtlinge können sich teure Wohnungen in der Regel nicht leisten, heißt es in der Studie. Um auf den weiter wachsenden Bedarf an bezahlbarem Wohnraum angemessen zu reagieren, müsse der Landkreis rund zweieinhalb mal so viele Wohnungen bauen wie geplant.

Das Pestel-Institut geht in der Wohnungsmarkt-Analyse von 1770 Asylbewerbern aus, die im Laufe des Jahres im Landkreis untergebracht werden müssen. Das ergebe sich aus der erwarteten Anzahl von Asylbewerben, deutschlandweit seien das laut dem Institut eine Millionen Flüchtlinge, und der Anwendung des sogenannten "Königsteiner Schlüssels", der die ankommenden Asylbewerber bundesweit auf die Länder verteilt. Günther rechnet damit, dass 100 Flüchtlinge im Schnitt 40 Wohnungen benötigen. Daher bräuchten 1770 Asylbewerber 710 Wohnungen im Landkreis.

Allerdings beurteilt Pressesprecher Reichelt die Studie kritisch: Er hält die verwendeten Zahlen für zu ungenau und daher wenig aussagekräftig. Außerdem würden nicht alle Asylbewerber im Landkreis dauerhaftes Bleiberecht erhalten, wovon die Studie ausgehe. Die Anzahl der benötigten Wohnungen sei demnach nicht so hoch, wie dargestellt.

Trotzdem ist die Kernaussage, wonach bezahlbare Wohnungen im Landkreis fehlen, auch für Reichelt unbestritten: "Es muss neuer Wohnraum geschaffen werden." Reichelt verweist dabei auf Projekte wie die geplante Asylbewerberunterkunft beim Heizkraftwerk in Karlsfeld. Die Pläne sehen vor, die Unterkunft in zehn Jahren für Sozialwohnungen zu nutzen. Er mahnt zu Geduld: : "Es geht eben nicht von heute auf morgen."

Stephan Reith, Stellvertretender Geschäftsführer der Wohnungsbaugesellschaft im Landkreis Dachau, sieht ebenfalls Handlungsbedarf. Die Situation auf dem Wohnungsmarkt sei eine große Herausforderung für die nächsten zehn Jahre. Die Wohnungsbaugesellschaft verwaltet momentan 280 Wohnungen im Landkreis, es könnten innerhalb kürzester Zeit 100 neue Wohnungen hinzukommen, sagt Reith. Das Problem: "Wir sind abhängig von den Gemeinden, die uns den Baugrund stellen und der fehlt."

Wie wichtig bezahlbarer Wohnraum im Landkreis ist, zeigt auch die Warteliste für eine Sozialwohnung in Dachau: 400 Dachauer haben sich auf eine der 1500 Sozialwohnungen der Stadt beworben. Es sind vor allem "Menschen, die schon seit vielen Jahren hier leben", sagt SPD-Stadträtin Sylvia Neumeier, Gründerin der Drogenberatungsstelle Drobs e.V. Sie kennt die Menschen, die auf Sozialwohnungen angewiesen sind, aus ihrer täglichen Arbeit.

Ein Antrag der CSU-Fraktion im Stadtrat will nun Abhilfe schaffen. Die CSU fordert, dass die Stadt gemeinsam mit der Stadtbau GmbH bis 2017 weitere 50 Sozialwohnungen baut.

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