Dachau:Asyl-Helfer brauchen Hilfe

Politiker und Ehrenamtliche fordern Unterstützung vom Freistaat

Von Anna-Sophia Lang, Dachau

Politiker im Landkreis werden nicht müde, das ehrenamtliche Engagement der Asylhelferkreise zu loben. Der Tenor lautet: "Wir brauchen euch." Doch immer häufiger geraten die Freiwilligen an ihre Grenzen. Der Landtagsabgeordnete der SPD, Martin Güll, äußerte beim Bürgerdialog in Karlsfeld Bedenken, dass die Helferkreise zu viel leisten müssten und zu wenig Unterstützung von der bayerischen Staatsregierung erhielten.

Die freiwilligen Asylhelfer beginnen nun, sich zu wehren: 57 Helferkreise aus ganz Bayern haben einen Brandbrief an den bayerischen Innenminister Joachim Herrmann (CSU) geschickt. Ihr Vorwurf: Durch das Beschäftigungsverbot für Asylbewerber und Geduldete aus sogenannten sicheren Herkunftsstaaten mache der Freistaat die Arbeit der Ehrenamtlichen zunichte und werfe ihnen "Knüppel zwischen die Beine". Sie fordern, dass die Rechtmäßigkeit des Beschäftigungsverbots überprüft wird. Auch sieben Helferkreise aus dem Landkreis haben unterzeichnet: Schwabhausen, Hebertshausen, Erdweg, Gröbenried, Markt Indersdorf, Altomünster und Vierkirchen.

"Das Arbeitsverbot muss vom Tisch," sagt Peter Barth vom Helferkreis Hebertshausen. "Jeder will arbeiten", sagt Monika Sedlatschek vom Helferkreis aus Erdweg, "das ist bei Asylbewerbern nicht anders als bei Deutschen." Auch für Barth ist das keine Frage. "Arbeit ist das A und O, um leben zu können", sagt er. Doch das Beschäftigungsverbot gilt. Im Landkreis trifft es vor allem Senegalesen. Viele von ihnen leben schon seit mehreren Jahren hier. In Erdweg, berichtet Sedlatschek, leben Flüchtlinge aus acht Ländern, davon rund 20 aus dem Senegal. "Denen mussten wir erklären, dass sie nicht mehr arbeiten dürfen, aber die anderen schon." Die beiden, deren Arbeitserlaubnis nun nicht mehr verlängert wird, hätten mit Frust und Trauer reagiert. Vier weitere hätten im Wirtshaus arbeiten können. Sie alle sind nun zum Nichtstun verdammt.

Georg Weigl vom Helferkreis Markt Indersdorf ist "immer noch total erschüttert". Zwei Senegalesen haben mit Hilfe des Helferkreises eine Vollzeitstelle gefunden, einer arbeitet in Teilzeit, ein weiterer hat einen Minijob. "Diese Leute zahlen Steuern und Sozialabgaben", sagt Weigl, "und sie haben einen Teil ihrer Würde zurückbekommen." Das Beschäftigungsverbot im Freistaat hält er für "vollkommen verrückt". Peter Barth findet noch deutlichere Worte: "Ich halte es für ethisch nicht vertretbar und unmoralisch." Die Grundprinzipien menschlicher Vernunft seien hier außer Acht gelassen worden. Mehr noch: Wie auch im Brandbrief steht, hält er den Beschluss für ungesetzlich.

Georg Weigl ist überzeugt, dass trotz Beschäftigungsverbot kein Senegalese weniger nach Deutschland und Bayern kommen wird. Eigentlich, sagt er, habe es vor allem auf Flüchtlinge aus den Balkanstaaten abgezielt - sogenannte Wirtschaftsflüchtlinge. "Warum bewertet man die Leute überhaupt unterschiedlich?", fragt Monika Sedlatschek. "Die Leute haben triftige Gründe, warum sie fliehen, die verlassen ihre Heimat nicht aus Jux und Dollerei." Auch an der Einordnung des Senegals als sicherer Herkunftsstaat haben die Helferkreise starke Zweifel.

Mittlerweile kommen sie an die Grenzen ihrer Belastbarkeit. Sie fühlen sich vom Freistaat im Stich gelassen. "Die meisten machen diese freiwillige Arbeit abends nach der Arbeit", sagt Barth. "Würden alle Vollzeit arbeiten, könnten wir das gar nicht stemmen", berichtet Sedlatschek aus Erdweg. 14 Personen setzen sich dort für 70 Asylbewerber ein, dazu kommen sieben Deutschlehrer und ein Mathematiklehrer. "Mir reicht es", sagt Sedlatschek. "Wir machen weiter, das ist ganz klar, aber es gibt sehr viel Frust." Der Erdweger Helferkreis hat sich zum Umgang mit der Belastung schon beraten lassen. Aufhören ist für Peter Barth ebenfalls keine Option, aber auch er spricht von Enttäuschung und einem "Kampf gegen Windmühlen".

Die Lust auf Ehrungen ist den Helferkreisen vergangen. "Man kommt sich verarscht vor", sagt Georg Weigl. Lobeshymnen, Staatsempfänge und gleichzeitig Regelungen wie das Beschäftigungsverbot: Das passe nicht zusammen. Monika Sedlatschek wünscht sich, dass sich die Dachauer Landtagsabgeordneten "mal zwei Stunden Zeit nehmen und vorbeikommen". Sich öffentlich darüber zu äußern, wie wichtig das Engagement der Helferkreise sei, reiche nicht. Die bayerische Staatsregierung mache es sich leicht: "Die erlauben sich, solche Regeln zu erlassen, dabei arbeiten sie gar nicht mit Asylbewerbern wie wir." Peter Barth prangert an, dass die Zusammenarbeit mit Behörden, vor allem wenn es um eine Arbeitserlaubnis gehe, von langwierigem, bürokratischem Hin und Her geprägt sei.

Monika Sedlatschek spricht von einem "Bürokratiewust". "Die Helferkreise organisieren vieles mit ihren eigenen Mitteln, weil es sonst zu lang dauert", sagt Barth. Es geht ihnen um die echte Anerkennung ihrer Arbeit. Denn sie sind Vermittler zwischen Asylbewerbern, Bevölkerung und Behörden. An dem Aufruhr in der Indersdorfer Tennishalle vor einigen Wochen habe man gesehen, was passiere, wenn die Helferkreise nicht da seien, sagt Georg Weigl. "Mit uns wäre die Dusche sofort repariert worden."

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