Tierheim:Alles für die Katz'

Tierheim: Eine heimatlose Katze wartet auf ein neues Zuhause.

Eine heimatlose Katze wartet auf ein neues Zuhause.

(Foto: Niels P.Jørgensen)

Seit Jahren kämpft das Tierheim mit massiven Kostensteigerungen und bittet um finanzielle Unterstützung. Doch die Kommunen schauen weg. Jetzt setzt Vierkirchen ein Zeichen und erlässt die Steuer für Fundhunde aus der Einrichtung. Andere Gemeinden ziehen nach

Von Helmut Zeller, Dachau

Seit Jahren ignoriert die bayerische Staatsregierung die miserable Lage der Tierheime im Land. Nicht einmal eine Million Euro jährlich sind ihr der Tierschutz wert. Diesen Betrag fordert die SPD im Landtag, aber die Tierschutzvereine bekommen weiter keine Förderung. Der Deutsche Tierschutzbund wurde von Finanzminister Markus Söder (CSU), der sich gerne als Tierfreund ablichten lässt, bitter enttäuscht. Auf Umweltministerin Ulrike Scharf (CSU) hoffen die 114 im Landesverband zusammengeschlossenen Tierschutzvereine mit ihren 80 Tierheimen schon nicht mehr.

Viel Hoffnung auf das Jahr 2016 haben die Tierschützer da nicht - mit einer Ausnahme. Zum Jahresende hat Vierkirchen für den Landkreis Dachau ein Zeichen gesetzt: Ein Jahr lang sind künftig Gemeindebewohner, die einen Hund aus dem Dachauer Tierheim nehmen, von der Hundesteuer befreit. Altomünster folgte dem Beispiel. Dieses Modell wird auch in ähnlicher Form in Städten wie Nürnberg oder Berlin praktiziert und soll die Vermittlung von heimatlosen Hunden fördern.

Der Landkreis hat die neue IT-Anlage des Tierheims finanziert. Dachau erwägt auf Initiative der Grünen im Stadtrat einen jährlichen Zuschuss von 15 000 Euro zur Versorgung der Abgabetiere zu zahlen - dafür würde der Tierschutzverein auf eine Erhöhung der Fundtierpauschale bis 2020 verzichten. Es bewegt sich was; deshalb, weil die Vereinsvorsitzende Silvia Gruber nicht locker lässt und in diesem Jahr eine Facebook-Gruppe sowie viele andere Bürger Druck gemacht haben.

Mit anderen Ehrenamtlichen würde die Politik kaum so umspringen, wie sie es im Freistaat und im Landkreis tut. "Es ist nicht statthaft, den Tierschutzverein Dachau als Betreiber des Tierheims bei der Finanzierung der Fundtierhaltung wie einen Bittsteller zu behandeln", kritisiert der Schwabhausener CSU-Gemeinderat Florian Scherf. Tierschützer bekommen im Gegensatz zu anderen Vereinen keinen Cent an regelmäßigen Zuschüssen. Sie finanzieren sich ausschließlich aus Mitgliedsbeiträgen und Spenden. Die Fundtierpauschale, die versteuert werden muss, steht auf einem anderen Blatt: Die Kommunen sind per Gesetz zur Versorgung und Unterbringung der Fundtiere verpflichtet; mit der Pauschale, die jedoch nicht kostendeckend ist, kaufen sie sich von der Aufgabe frei. Sulzemoos, Erdweg, Schwabhausen und Hilgertshausen-Tandern zahlen noch nicht einmal die 1,50 Euro. Alle Tierheime in Bayern sind unterfinanziert, weil die Zahl der Fundtiere wie auch Abgabetiere stetig wächst und die meisten davon tierärztlich behandelt werden müssen. Der Dachauer Verein hat ein Defizit bei den Fundtieren von mehr als zwei Millionen Euro (2001 bis 2014) aus eigener Kraft ausgeglichen und damit Steuergeld sparen geholfen.

Dennoch schlägt den Tierschützern Misstrauen entgegen, sie könnten nicht mit Geld umgehen. Damit und mit einem anderen Vorurteil hat die Stadträtin Luise Krispenz (Grüne) aufgeräumt: Das Tierheim hortet, wie alle Statistiken beweisen, keine Tiere. Dennoch schwieg ihre eigene Fraktion im Finanzausschuss nur, als in der Zuschuss-Debatte die bekannten Vorurteile laut wurden. Der Verein erspart mit seinem 24-Stunden-Notdienst der Polizei Dachau viel Arbeit. Darauf weist Inspektionsleiter Thomas Rauscher öffentlich immer wieder hin. Aber die Politik missachtet fortgesetzt das ehrenamtliche Engagement der Tierschützer. Tierrechte zählen nicht und wer sich dafür (und damit für die Umwelt) einsetzt, wird bestenfalls belächelt - am anthropozentrischen Stammtisch ist die entsprechende wissenschaftliche Erkenntnis noch nicht angekommen.

Immerhin haben die Bürgermeister Stefan Kolbe von Karlsfeld, Marcel Fath aus Petershausen und Richard Reischl aus Hebertshausen erklärt: "Es gibt leider von außen ganz viele falsche Gerüchte über das Tierheim. Wir sind der Auffassung, dass hier hervorragende Arbeit geleistet wird." Aber es bleibt zäh: Ein Antrag auf die Befreiung von der Hundesteuer wurde in Schwabhausen mit großer Mehrheit abgelehnt. Karlsfeld wird 2016 über einen ähnlichen Antrag beraten, Dachau wird abschließend über den Zuschussantrag beraten - gut möglich, dass das nächste Jahr eine Wende in der Tierschutzpolitik bringt.

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