Dachau:Absage an Event-Arena

Dachauer Stadträte lehnen eine Veranstaltungshalle für 1000 Besucher auf dem MD-Gelände als potenzielles Millionengrab ab. Ein Jugendkulturzentrum jedoch soll auf das ehemalige Fabrikareal.

Von Walter Gierlich

Dachau: Wegen der Säulen ungeeignet als Veranstaltungsaal: die ehemalige Kalanderhalle der MD-Papierfabrik. Foto: Jørgensen

Wegen der Säulen ungeeignet als Veranstaltungsaal: die ehemalige Kalanderhalle der MD-Papierfabrik. Foto: Jørgensen

(Foto: DAH)

Die Stadt Dachau hält sich zurück, wenn es um kulturelle Nutzungen auf dem MD-Gelände geht. Einzig ein Jugendkulturzentrum und den Fortbestand des seit Jahrzehnten existierenden kleinen Papiermuseums sehen die Stadträte auf der Industriebrache am Fuß der Altstadt als sinnvoll an. Eine große Veranstaltungshalle für 1000 oder mehr Besucher wurde im Kulturausschuss mit großer Mehrheit abgelehnt, weil man Angst vor einem Millionengrab wie in Germering oder Unterschleißheim hat, wie es Kulturreferent Dominik Härtl (CSU) ausdrückte.

Seit der Schließung der MD-Papierfabrik 2007 haben die Mitglieder der Initiative für ein Jugendkulturzentrum (Juku) auf Räume in den alten Industriegebäuden gehofft. Zwischenzeitlich wurden auch Alternativen wie die Ziegler-Villa geprüft und verworfen. Am Ende kam die Juku-Initiative doch wieder zu dem Ergebnis, dass das MD-Gelände für ihre Zwecke der ideale Standort ist, wie ihr Vorsitzender Markus Erhorn im Kulturausschuss erläuterte. Nun besteht endlich konkrete Hoffnung für die Juku-Initiative. Obwohl die Stadtverwaltung keinen Bedarf sah, beschloss der Ausschuss einstimmig, dass ein Kulturzentrum für die jungen Dachauer mit einem Veranstaltungsraum in der Größe des Saals im Adolf-Hölzel-Haus, vier bis sechs kleineren Räumen und einem Jugendcafé auf dem MD-Gelände Platz finden solle. Alle Fraktionen signalisierten Zustimmung, wenn auch SPD-Stadtrat Günter Heinritz leise Bedenken äußerte: "Dort sollen nicht nur Kultur, sondern auch Partys stattfinden. Damit sind Konflikte programmiert."

Erstaunlich harmonisch ging es in der Kulturausschuss-Sitzung zu. Ein Museum für Menschenrechte, das man einst ins Auge gefasst hatte, wurde angesichts hoher Kosten und einer zuerwartenden geringen Besucherfrequenz ("zu aufwendig für die Stadt", "Größenordnung unrealistisch") ebenso ad acta gelegt wie ein Museum für zeitgenössische Kunst. Darüber habe man in der Zeit nachgedacht, als die Neue Galerie heimatlos gewesen sei, sagte Kulturreferent Härtl. Mittlerweile habe sie aber wieder einen festen Standort, so dass zeitgenössische Kunst in Dachau dort ihren Raum habe.

Einhellig waren die Stadträte auch dafür, das sogenannte Mühlenforum, den Platz am Eingang von der Altstadt her, so zu gestalten, dass dort Open-Air-Kulturveranstaltungen stattfinden können. Als Alternative für den Platz vor dem Rathaus, an dem es bisher schon Konzerte und Theateraufführungen unter freiem Himmel gibt. Kai Kühnel (Bündnis für Dachau) hatte vorgeschlagen, eventuell eine Bühne mit Überdachungsmöglichkeit und der entsprechenden Technik einzuplanen. Der Vorstoß fand allgemeine Zustimmung.

Ebenfalls waren sich im Kulturausschuss alle einig, dass das Papiermuseum als Symbol für die industriegeschichtliche Bedeutung des MD-Geländes erhalten bleiben müsse. "Generationen von Dachauern hatten damit zu tun", sagte Härtl. Er betonte allerdings, dass weder die Stadt noch der Zweckverband Dachauer Galerien und Museen als Träger in Frage kämen. Er könnte sich jedoch einen Förderverein vorstellen. Härtl sagte aber auch: "Der Investor steht in der Verantwortung." Auf jeden Fall handle es sich nicht um ein Museum, "das Massen anzieht". Daher müsste es nach seiner Ansicht mit einem Café kombiniert werden. Für Heinritz war in erster Linie wichtig, dass der Bau erhalten bleibt.

Strittig war im Kulturausschuss einzig, ob Dachau zusätzlich zu den vorhandenen dezentralen Orten eine große Veranstaltungshalle braucht. Ein klares Nein kam dazu mit Blick auf die Stadthalle in Germering und das Ballhausforum in Unterschleißheim vom Kulturreferenten: "Man schaufelt sich ein Millionengrab", so Härtls Befürchtung. Wenn man so eine Halle baue, müsse man sie auch füllen. Er sehe allerdings höchstens Bedarf für fünf bis zehn Veranstaltungen im Jahr.

Auch Oberbürgermeister Peter Bürgel (CSU) sprach sich klar gegen so ein Großprojekt aus. Zum einen mache das Kulturzentrum Fürstenfeld rund eine Million Euro Verlust pro Jahr. Zum anderen sei das Dachauer Kulturangebot - Stichwort: klein, aber fein - eine Attraktion, die Leute von weither anlocke, betonte er. "Wir dürfen dieses Kleinod nicht zerstören." Der Betrieb einer solchen Halle würde zu viel Kapazität binden und ehrenamtliche Veranstalter frustrieren, fürchtete Bündnis-Stadtrat Kühnel. Ganz anders sah das SPD-Stadtrat Heinritz: "Das MD-Gelände ist in absehbarer Zeit die einzige und letzte Chance, so etwas zu realisieren." Darauf sollte man nicht verzichten. Nach Ansicht von Wolfgang Kaiser (ÜB) braucht Dachau eine größere Veranstaltungshalle: "Das Thoma-Haus ist einfach zu klein." Doch außer ihm, Heinritz und Horst Ullmann (SPD) stimmten alle anderen Ausschussmitglieder gegen eine große Halle, die in den bestehenden Fabrikgebäuden ohnehin nur äußerst schwierig unterzubringen wäre.

Als Zuhörer hatte Investor Herbert R. Ullmann die Ausschuss-Sitzung verfolgt. Er äußerte sich anschließend nicht dazu.

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