CSU-Programm:Staatstragend

Der Beitrag der CSU im Landkreis auf dem Röhrmooser Zukunftscafé zur Programmdiskussion der Partei in Bayern.

Von Wolfgang Eitler, Röhrmoos

Hubert Eberl ist Polizist, wohnt in Bergkirchen und bezeichnet sich selbst als "rabenschwarz". Er fordert wegen der Flüchtlingspolitik, die ihm nicht passt: "Merkel muss weg." Markus Blume, Vorsitzender der CSU-Grundsatzkommission, und sein Dachauer Landtagskollege Bernhard Seidenath widersprechen ihm nicht, sie schweigen wie die übrigen 20 Zuhörer auf dem Zukunftscafé der CSU. Ein solcher Ausflug in die Realpolitik war am Dienstagabend im Röhrmooser Landgasthof Brummer auch nicht vorgesehen. Denn es ging staatstragend um grundsätzlich Politisches: um ein neues Leitbild für die bayerische CSU insgesamt.

Zurzeit reist Markus Blume als maßgeblicher Programmatiker der CSU durch die Landkreise und will mit Parteimitgliedern ins Gespräch kommen. Der Besuch in Röhrmoos fiel im Vergleich zum Tag zuvor in Glonn bei Ebersberg zahlenmäßig spärlich aus. Dort diskutierten 90 CSU-Mitglieder heftig über ein christlich-soziales Leitbild. In Röhrmoos beschränkten sich die Beiträge dazu auf den Hinweis von Blume und Seidenath, dass das säkulare Grundgesetz über allen Religionen stehe und dass jeder Mensch das Recht auf freie Religionsausübung habe. Blume zeigte sich zusätzlich beeindruckt, dass ein Regisseur muslimischen Glaubens die nächsten Oberammergauer Passionsspiele inszenieren wird.

CSU-Programm: Der Dachauer CSU-Landtagsabgeordnete Bernhard Seidenath ist eines von 40 Mitgliedern dieser Kommission.

Der Dachauer CSU-Landtagsabgeordnete Bernhard Seidenath ist eines von 40 Mitgliedern dieser Kommission.

(Foto: Toni Heigl)

Skepsis gegenüber der aktuellen Flüchtlingspolitik

Der Dachauer Landtagsabgeordnete erweiterte sein Skepsis-Repertoire an Beispielen gegen die aktuelle Flüchtlingspolitik um zwei Anekdoten vom Hörensagen. So soll sich in Passau ein Flüchtling muslimischen Glaubens erst zur Essenausgabe gestellt haben, als die Helfer ihr rotes Kreuz durch einen Halbmond ersetzt hätten. Und in Coburg soll sich eine Politikerin auf einer Veranstaltung der dortigen Frauenunion bei Asylbewerbern dafür entschuldigt haben, dass die Frauen unter den Zuhörern kein Kopftuch trugen: "Das geht nicht." Bekanntlich war Seidenath als Kreisvorsitzender des Roten Kreuze dafür verantwortlich, dass die Tafel Asylbewerber ausgeschlossen hatte. Der Beschluss wurde revidiert. Und als Gemeinderat von Haimhausen kritisierte er die Aufstellung von Wohncontainern für Flüchtlinge mit dem Hinweis: "Wir müssen für unsere Leute bauen, sonst gibt es böses Blut."

Die Diskussion im Zukunftscafé beschränkte sich auf Aspekte, die in den vergangenen drei Jahren auf zahlreichen Bürgerforen des Landkreises zu hören waren, um ein Leitbild unter dem Oberbegriff "Dorf und Metropole" zu entwerfen. So ging es vor allem wieder um Digitalisierung und Globalisierung. Der Blickwinkel richtet sich allerdings nicht mehr auf die Frage nach der Bewahrung regionaler Eigenheiten, sondern auf die Chancen, Risiken und die Sicherheitsbedürfnisse der Menschen. "Orientierung" und Ordnung" waren Blumes zentrale Begriffe dafür. Anscheinend soll sich die CSU mit einer künftigen Rolle des Staats befassen.

CSU-Programm: Der Münchner Landtagsabgeordnete Markus Blume leitet die CSU-Grundsatzkommission.

Der Münchner Landtagsabgeordnete Markus Blume leitet die CSU-Grundsatzkommission.

(Foto: Claus Schunk)

Lähmende Bürokratie

Der Hinweis des Dachauer Landrats Stefan Löwl (CSU) passt dazu, auch wenn er pragmatisch und realpolitisch daherkommt. Er kritisierte die sich selbst lähmende Staatsbürokratie. Beamte trauten sich nicht mehr zu handeln. Tatsächlich sei es gefährlich, Fehler zu machen, da "der Vorwurf der Untreue" mit der Folge eines Disziplinarverfahrens sofort erhoben würde. Diese Mentalität führe zu einer "Absicherungspolitik". Er zitierte den früheren Bundeskanzler Helmut Schmidt, dass "Unterlassen eine Pflichtverletzung" darstelle.

Mit diesem Redebeitrag dürfte Landrat Löwl auch die Stimmung innerhalb seiner Verwaltung wiedergegeben haben. Dort ärgern sich Mitarbeiter beispielsweise darüber, dass es für die Registrierung der Flüchtlinge kein einheitliches Computersystem wenigstens auf Landesebene gebe. Den Grund sehen sie im Konnexitätsprinzip, das in Bayern Verfassungsrang hat. Es bedeutet, dass der Staat bei Anordnungen für die Regierungsbezirke und Kommunen die Kosten zu übernehmen hätte. Fazit: "So lähmt sich der Staat selbst. Und nicht nur im Fall der Flüchtlingspolitik."

Eine Stellungnahme übrigens zu Hubert Eberls Merkelschelte und der Rücktrittsforderung vermied Markus Blume auch nach der Veranstaltung. Er sagte der SZ lächelnd zu Eberls Beitrag: "Er war keine Frage."

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