Chor und Festvortrag:Wenn es nach Heimat riecht

Die Dachauer Landfrauen feiern ihr 70-jähriges Bestehen. Kreisbäuerin Emmi Westermeier spricht über die wechselvolle Geschichte des bäuerlichen Lebens, Erzabt Wolfgang Öxler über das Verwurzeltsein

Von Renate Zauscher, Markt Indersdorf

Ein besonderes Jubiläum feiert die Gruppierung der Landfrauen innerhalb des Bayerischen Bauernverbands (BBV): Sie wurde vor 70 Jahren, im Mai 1948, als eigene Abteilung im BBV gegründet. Beim Landfrauentag Dachau am Mittwoch in Gut Häusern wurde das Jubiläum mit einem vom Landfrauenchor musikalisch umrahmten Gottesdienst und einem Festvortrag des Erzabtes Wolfgang Öxler aus Sankt Ottilien gefeiert.

Kreisbäuerin Emmi Westermeier berichtete den über dreihundert Festgästen, unter ihnen viele Ehrengäste, von der wechselvollen Geschichte der Landfrauen im BBV. Etwa 1350 Mitglieder in 67 Ortsverbänden hat der Bauernverband im Landkreis Dachau; entsprechend viele Frauen sind über ihren Betrieb im BBV organisiert. Anfangs, berichtete Westermeier, sei es den Landfrauen vor allem um hauswirtschaftliche Verbesserungen und Modernisierungen gegangen, später seien mehr und mehr soziale und rechtliche Fragen und auch die Bildungsarbeit in den Vordergrund getreten. Seit 1974 gibt es das Bildungswerk des BBV.

Landfrauentag

Mit mehr als 300 Gästen feiern die Landfrauen aus dem Landkreis Dachau in Gut Häusern ihr Jubiläum.

(Foto: Niels P. Joergensen)

Im Rahmen der Bildungsarbeit entstanden Projekte wie der "Kindertag auf bayerischen Bauernhöfen" oder das "Landfrauen machen Schule" benannte Projekt, mit dem Kinder viel über das bäuerliche Leben erfahren. Heute sind aber auch Gesundheit und Ernährung wichtige Themen auf der Agenda der Landfrauen. Bayernweit sind derzeit 150 Ernährungsfachfrauen unterwegs, Hauswirtschaftsmeisterinnen mit einer besonderen Zusatzqualifikation, davon vier im Landkreis Dachau, die für gesundheitsbewusste Ernährung in Schulen und bei Erwachsenen werben. Auf der Website "qualität-vom-hof.de" präsentieren darüber hinaus Bäuerinnen spezielle Angebote ihrer Betriebe.

Landfrauentag

Anton Kreitmair.

(Foto: Niels P. Joergensen)

Über ein Thema, das viel mit dem Verwurzeltsein in einem Dorf, einer Landschaft zu tun hat, sprach Erzabt Wolfgang Öxler: Er hatte seinen Vortrag unter das Motto "Das ist Heimat!" gestellt. Der Geistliche war vor seinem Eintritt ins Kloster Musiker gewesen und musikalisch gestaltete er auch den Einstieg ins Thema: Erst einmal wurde gemeinsam gesungen. Für den Erzabt besteht das Gefühl der Heimat aus Gerüchen, Klängen, optischen Eindrücken, die in seinen persönlichen Kindheitserinnerungen einen wichtigen Platz einnehmen.

Landfrauentag

Emmi Westermeier und Roswitha Göttler gratulieren der neuen Hauswirtschaftsmeisterin Veronika Rainer.

(Foto: Niels P. Joergensen)

Seine Botschaft, die er in Gut Häusern mit vielen Anekdoten und Witzen anreicherte, lautet, zusammengefasst: "Bleib geerdet und gehimmelt", "vertrau dem Augenblick und darauf, dass Gott dich auffängt." In einer Zeit, in der alles immer schneller gehen müsse, litten viele Menschen an einem "Verlust der eigenen Mitte". In der zunehmenden Hektik des Alltagslebens müsse man lernen, "Pausen einzulegen" und zu sich selbst zu finden. Gleichzeitig müsse man offen bleiben für andere Menschen, auch und gerade gegenüber Flüchtlingen. In Sankt Ottilien wird diese Haltung konkret vorgelebt: Laut Erzabt Öxler leben derzeit dreißig Flüchtlinge im Klosterkomplex.

Landfrauentag

Wolfgang Öxler.

(Foto: Niels P. Joergensen)

Zu Wort kamen auch Vertreter verschiedener Gruppierungen, die mit dem Bauernverband zusammenarbeiten. An Stelle von Grußworten beantworteten sie Fragen, die Emmi Westermeier und ihre Stellvertreterin Roswitha Göttler an sie richteten. Als Vertreter des Landratsamtes war Helmut Zech, der stellvertretende Landrat, nach Gut Häusern gekommen; er sollte dazu Stellung nehmen, was von Seiten der Behörde getan werden könne, um das beschönigend als "Strukturwandel" bezeichnete Höfesterben abzubremsen.

Zech erklärte, man biete hier zwar "jede Unterstützung" an, in erster Linie aber seien die Landwirte selbst gefragt - und die große Politik. Anton Rottmair vom Verband für landwirtschaftliche Fachbildung (Vlf) will die Wertschätzung für den Beruf des Landwirts "im Dialog mit einer sehr kritischen Öffentlichkeit" fördern, um junge Menschen für eine Betriebsübernahme zu begeistern. Der neue Vorsitzende des Maschinenrings, Josef Brandmair, möchte die "öffentliche Wahrnehmung" wichtiger Berufe wie den der Dorfhelferin und des Betriebshelfers stärken.

Zu einem aktuellen politischen Thema nahm Anton Kreitmair, Präsident des Oberbayerischen Bauernverbands, Stellung: zum geplanten Volksbegehren der Grünen zur Begrenzung des Flächenverbrauchs. Die Haltung des Bauernverbands ist hier offensichtlich zwiespältig: Der BBV fordere seit langem, den "Flächenfraß" einzuschränken, erklärte Kreitmair, der Inhalt des Volksbegehrens aber gehe ihm zu weit. Es gehe nicht an, dass von oben her in die Entscheidungsfreiheit der Kommunen eingegriffen und der Ballungsraum München noch stärker als bisher "favorisiert" würde. Dies hätte ein "Ausbluten des ländlichen Bereichs" zur Folge.

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