Bridgeclub Dachau:Englisch vornehm

Der Bridgeclub Dachau will gegen das Vorurteil angehen, das taktisch anspruchsvolle Kartenspiel sei nur ein Zeitvertreib für alte Damen. Schnupperkurse sollen Nachwuchs für den Verein bringen.

Andreas Glas

- In Schwarz-Weiß wäre das eine passende Kulisse für einen Miss-Marple-Film: Fünf kleine quadratische Tische sind im Raum angeordnet, allesamt versehen mit Zuschnitten aus dem typisch-grünen Filz, der auch die Spieltische in Kasinos ziert. Auf jedem der Tische stehen vier rote Kästchen, in denen Spielkarten stecken. Der Kenner hat schnell begriffen, was hier im Dachauer Mehrgenerationenhaus gespielt wird: Bridge - jenes englische Kartenspiel, das Miss Marple so liebte. Vermutlich hätte Agatha Christies Krimiheldin unentwegt Bridge gespielt, wäre sie nicht so beschäftigt gewesen mit der Verbrecherjagd. Doch die wenigen Filmszenen, in denen Miss Marple am Bridge-Tisch sitzt, haben gereicht, um das Image des Kartenspiels zu festigen: Bridge gilt gemeinhin als Zeitvertreib für alte Damen. Der Bridgeclub Dachau will dieses Vorurteil bekämpfen - und wirbt offensiv um Nachwuchs für den Verein.

So ganz falsch sei das Alte-Damen-Vorurteil zwar nicht, gibt Bridgeclub-Vizepräsidentin Katharina Deger zu, trotzdem "sollte man möglichst früh anfangen, das Spiel zu lernen". Denn Bridge, sagt Deger, sei ein taktisch hochanspruchsvolles Spiel, das im hohen Alter nur noch schwer zu erlernen sei. Auch das Vorurteil, es sei ein Spiel bloß für Damen, trifft nicht ganz zu - jedenfalls nicht auf den Dachauer Bridgeclub. Blickt man in die Runde, zählt man neben 14 Frauen auch vier Männer. Einer von ihnen ist Joachim Vorwerk, der an diesem Abend Schiedsrichter ist. Als er das Startkommando gibt, wird es schlagartig leise. Statt Gemurmel ist nurmehr das Legen der Karten zu hören. Es ist nicht dieses typische Geräusch von auf den Tisch gehauenen Spielkarten, wie man es etwa vom Schafkopfen kennt. Es ist eher ein sanftes zapp, zapp, zapp, das die Stille dann und wann stört. Bridge ist eben ein englisches, ein vornehmes Spiel.

Doch auch wenn die Bridge-Kultur eine vornehmere ist als die des Schafkopf, bleibt Bridge doch ein Kartenspiel: "Wer Skat oder Schafkopf kann, für den ist Bridge kein Problem", sagt Joachim Vorwerk, der schon dabei war, als der Bridgeclub Dachau vor 15 Jahren gegründet wurde. Seither treffen sich jede Woche etwa 20 Mitglieder zum Bridgeturnier im Mehrgenerationenhaus, 32 Mitglieder hat der Verein insgesamt. Das ist eine stattliche Zahl, doch gemessen an den Anfangsjahren ist die Mitgliederzahl rückläufig. Deshalb hat Vereinspräsidentin Barbara Wengeler nun einen Schnupperkurs ins Leben gerufen, bei dem Bridge-Interessierte von einer ausgebildeten Lehrkraft an die Spielregeln herangeführt werden.

Tatsächlich ist es nicht einfach, einem Laien das Bridge-Spiel in wenigen Worten zu erklären. Einzig das Ziel klingt simpel: Für die Spieler, die jeweils in zwei Zweier-Teams gegeneinander antreten, geht es - sehr vereinfacht ausgedrückt - darum, möglichst viele Stiche zu machen. Aber das Spiel selbst ist gewissermaßen nur der "zweite Akt". Im ersten Akt, der sogenannten Reizung, muss ein Spielerpaar schätzen, wie viele Stiche es in einer Runde zu machen glaubt. Sagt ein Paar mehr Stiche an, als es dann tatsächlich erzielt, erhält es nach der Spielrunde Minuspunkte. Die Runde um Runde erspielten Punkte werden detailliert auf einem Spielzettel notiert und nachdem alle Bridgepaare mehrmals die Tische gewechselt haben, um gegen jedes andere Paar einmal anzutreten, werden die Punktezettel mithilfe eines Computerprogramms ausgewertet.

Dass es zur Ermittlung des Siegers einer Softwareunterstützung bedarf, zeigt die Komplexität des Spiels und mag manchen Laien abschrecken. Doch so kompliziert, wie es anfangs klingt, ist es in Wahrheit nicht. Auch wenn im Dachauer Bridge-Raum Schüsseln mit Studentenfutter stehen, muss man keineswegs studiert haben, um das Spiel zu erlernen. Wer den Spielern eine Weile über die Schultern schaut, gewinnt recht schnell einen Eindruck von den Grundzügen des Spiels. Alles weitere ist schlicht Übungssache. Und obendrein "ein gutes Gehirntraining", wie Katharina Deger sagt.

Für Vereinspräsidentin Wengeler liegt die Faszination Bridge darin, dass das Spiel weniger vom Glück bestimmt ist als viele andere Kartenspiele: "Man kann auch mit schlechten Karten gewinnen." Denn nach einer gespielten Runde werden die Karten nicht neu gemischt, sondern so in das sogenannte Board in der Mitte des Tisches eingeordnet, dass die beiden Paare, die als nächstes am Tisch spielen, mit der gleichen Kartenkombination zurechtkommen müssen. So wird sichergestellt, dass beim Jeder-gegen-Jeden nicht dasjenige Paar gewinnt, das zufällig die besten Karten auf der Hand hat, sondern dasjenige, das aus den gegebenen Umständen, die für alle gleich sind, das beste macht.

Neben dem Kartenspiel, sagt Katharina Deger, biete der Dachauer Bridgeclub vor allem "ein geselliges Leben. Man trifft sich auch auf freundschaftlicher Ebene außerhalb des Clubs." Traditionell seien viele der Neulinge Zugezogene, die über das Bridgespiel versuchen, Anschluss in der neuen Stadt zu finden. Nur sei der Zulauf eben in letzter Zeit nicht mehr so groß gewesen. Das Schnupperkurs-Angebot soll dies ändern. Zwar sei Bridge ein Spiel für Paare, sagt Katharina Deger, doch wer dem Dachauer Club beitreten möchte, brauche keinen festen Partner: "Der findet sich dann schon." Am besten man probiert es einfach mal aus, rät Deger: "Alle, die es ausprobiert haben, haben weitergespielt. Denn wenn man angefangen hat, ist man infiziert."

Der erste Schnupperkurs findet am Dienstag, 9. Oktober, um 19 Uhr im Mehrgenerationenhaus in der Konrad-Adenauer-Straße 15 in Dachau statt, danach immer wöchentlich am Dienstag zur selben Uhrzeit.

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