Brauerei Schloßberg:Paul "Nikolaus" Schneider

Wie der Inhaber der Alten Brauerei in Stegen sich als möglicher Retter des Schlossbergs präsentiert und die Stadt herauszufordern versucht.

Wolfgang Eitler

Der adventliche Brauch der Nikolausfeier geht auf den Bischof von Mara in Kleinasien zurück, der, so erzählt es die Legende, vor 1700 Jahren vielen Menschen geholfen haben soll. Nikolaus heißt übersetzt "der Siegreiche des Volkes". Man kann davon ausgehen, dass Paul Schneider von der Alten Brauerei in Stegen seine Karikaturensammlung des Heiligen Nikolaus für das Ludwig-Thoma-Haus mit Bedacht als Demonstration seines Selbstbewusstseins gewählt hat: "Ich höre nur auf mich."

Brauerei Schloßberg: Die ehemalige Schloßbergbrauerei leuchtet in der Morgensonne. Ein Teilabriss ist bereits beschlossen, aber Paul Schneider lotet gerade noch einmal die Erfolgschancen einer weiteren Nutzung der ehemaligen Flaschenabfüllerei aus.

Die ehemalige Schloßbergbrauerei leuchtet in der Morgensonne. Ein Teilabriss ist bereits beschlossen, aber Paul Schneider lotet gerade noch einmal die Erfolgschancen einer weiteren Nutzung der ehemaligen Flaschenabfüllerei aus.

(Foto: npj)

Der 64-jährige ehemalige Wirtschaftsanwalt mit großer Kanzlei in München will mit diesem Auftritt seine Chancen und potentiellen Sympathiewerte in Dachau ausloten. Denn er muss herausfinden, ob eine Intervention zugunsten des historischen Areals der ehemaligen Schloßbergbrauerei überhaupt noch eine Chance hat. Er würde gerne mit seiner Anerkennung als Sanierer alter Gebäude - von einer Mühle in Oberfranken über Mietshäuser am Viktualienmarkt in München bis eben zur Alten Brauerei in Stegen - punkten und nochmals eine Kampagne gegen einen Teilabriss eröffnen.

Allerdings weiß Paul Schneider, dass das Volk in Dachau bereits gesprochen hat und dem Heimatverein um die fraktionslose Stadträtin Elisabeth Schilhabel über einen Bürgerentscheid eine herbe Niederlage bescherte. Der Petitionsausschuss des Landtags hat Schilhabels Antrag abgelehnt, den Abriss zu verhindern. Weil dem gebürtigen Münchner jegliche Verbissenheit, wie er sagt, ein Graus ist, will er mit Humor und Ironie punkten. Deshalb also lustige, heitere oder schaurige Nikoläuse.

Insofern treffen mit Schneider und Schilhabel zwei Persönlichkeiten aufeinander, die gegensätzlicher nicht sein könnten. Die Stadträtin hat ihn nach Dachau gelockt und sieht in ihm den "Retter", ihr "vierblättriges Kleeblatt". Sie stürmte vor einigen Wochen in die Redaktion der SZ und forderte im Stile eines Diktats: "Schreiben Sie!" Paul Schneider wird also die ehemalige Flaschenabfüllerei nicht abreißen. Er wird sie erhalten und eine Brauerei einrichten einschließlich eines Kulturzentrums. Er wird all das verwirklichen, was Schilhabel und ihr Dachauer Heimatverein sich wünschen.

Moment", sagt Schneider. "So nicht." In seiner Presseerklärung versucht er eine diplomatische Brücke zu bauen, auf dass diese Ausstellung der Stadträtin Schilhabel in ein Stadium des Humors und der Gelassenheit zurückführt: "Entspann Dich." Paul Schneider hat sich die Altstadt angeschaut, Kulturschranne, KVD-Galerie, Gemäldegalerie oder Kleine Altstadtgalerie, die kleinen Bühnen wie Gramsci oder das Café Teufelhart. Deshalb weiß er, dass ein erster öffentlicher Auftritt in Dachau mit kulturellem Sendungsbewusstein ein Fehlschlag würde. Er erwägt für den Schlossberg allenfalls ein kleines Kulturangebot "am Rande". Außerdem will er sich überhaupt nicht festlegen lassen, was dort oben auf dem Schlossberg entstehen könnte. "So habe ich nie gearbeitet."

Vor 25 Jahren war die alte historische Brauerei in Stegen am Ammersee ein herunter gekommenes Gebäude. Damals warnten ihn Experten vor der Baufälligkeit, vor den Feuchtkellern, die angeblich nie und nimmer trocken gelegt werden könnten. Dann entstand ein Handwerkerhof mit Ateliers für Künstler, schließlich haben sich Unternehmen mit Büros angesiedelt und jetzt befindet sich dort ein komplett saniertes Areal mit Kinos, mit Galerie, Gastronomie und seit kurzem mit einer eigenen kleinen Brauerei. Deshalb adelten ihn die Medien rund um München als einen "der Gestalter der Region". Schneider sagt: "Die Dinge müssen sich entwickeln."

Mittlerweile hat er schon gemerkt, dass Dachau ein gefährliches Pflaster für seine Reputation ist. Er erzählt von aufschlussreichen Hintergrundgesprächen mit Mitgliedern des Petitionsausschusses oder auch des Landesamts für Denkmalpflege. Ihm sei "sehr klar zu erkennen gegeben worden", dass Schilhabels Bürgerinitiative und ihr als unerbittlich empfundener Konfrontationskurs auch Zweifler am Teilabriss abgeschreckt hatte. Die Botschaft für Schilhabel lautet: Wenn sie mit Paul Schneider zusammenarbeiten will, dann nur zu seinen Bedingungen. Er bewundert sie allerdings

für ihren "Mut als Einzelkämpferin". Aber welche realistischen Optionen hat Schneider überhaupt? Der bisherige Eigentümer, die Sedlmayr Grund und Immobilien KGaA mit ihrem Aufsichtsratsvorsitzenden Jobst Kayser-Eichberg müsste an ihn verkaufen. "Ich bin bereit", sagt er und ergänzt: "Zu einem vernünftigen Preis." Ein Angebot hat er allerdings noch nicht unterbreitet. Außerdem müsste er den Stadtrat überzeugen.

Paul Schneider versucht es mit der Gegenstrategie in einer Art Nikolausschelte und will Zweifel an der bisher unumstößlichen Reputation des Eigentümers säen. "Warum", fragt er, "hat Kayser-Eichberg nicht schon längst das wertvolle Areal der Schloßbergbrauerei einschließlich des wunderschönen Biergartens hergerichtet?" Warum glaubten Stadtrat, warum glaubten Dachauer Bürger dem Bauträger, dass erst der Abriss der ehemaligen Flaschenabfüllerei erfolgen muss, danach der Bau von Wohnungen, bevor der gegenüberliegende Brauereitrakt saniert werden kann? Schneider stichelt: "Reich genug wäre Kayser-Eichberg."

Dessen Antwort erfolgt prompt: "Die zeitliche Abfolge ist so mit der Stadt vereinbart und macht auch Sinn, da eine Sanierung der Schloßbergbrauerei einer ensemblegerechte Bebauung auf der Seite der Flaschenfüllerei voraussetzt." Kayser-Eichberg weist darauf hin, dass das "historische Gebäude" der Schloßbergbrauerei "im übrigen aus der Zeit um 1910" stammt. Über das Konzept will er "zeitnah entscheiden, wenn die Sanierung ansteht". Vorziehen möchte er sie nicht: "Eindeutig nein." Schneiders Vorgehensweise bezeichnet er als "absurdes Theater".

Für Stadträtin Schilhabel ist die Zusammenarbeit mit Schneider, der sich als "Kulturkoordinator und Realist" bezeichnet, die letzte Chance, eine neue Diskussion über den Schlossberg zu entzünden. Ob die Ausstellung dazu beitrage kann, wird sich zeigen. Es sind keine originalen Karikaturen zu sehen, sondern Postkarten und Abzüge. Vernissage ist am Freitag, 9. Dezember, 18 Uhr.

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