Biogasanlagen:Bauern treten auf die Bremse

Der Boom der Biogasanlagen im Landkreis Dachau ist abgeebbt, nur das Franziskuswerk Schönbrunn plant aktuell ein Großprojekt. Über Mais als Ausgangsstoff wird weiter kontrovers diskutiert.

Benjamin Emonts

Biogasanlagen: Der Röhrmooser Bio-Bauer Arthur Stein vergärt in seiner Biogasanlage alternativ den Überschuss an Klee und Gülle zu Biogas.

Der Röhrmooser Bio-Bauer Arthur Stein vergärt in seiner Biogasanlage alternativ den Überschuss an Klee und Gülle zu Biogas.

(Foto: DAH)

Es ist nun zwei Jahre her, als dem Großberghofener Landwirt Thomas Einertshofer die Lust an seinem Vorhaben endgültig vergangen ist. Gemeinsam mit vier Kollegen wollte Einertshofer zwischen Großberghofen und Walkertshofen eine Biogasanlage bauen. Doch dazu ist es nicht gekommen, das Projekt scheiterte nicht zuletzt am Protest der Bürger. "Zu viel Lärm, Dreck und Gestank", hatten diese damals befürchtet und sich gegen das Bauvorhaben formiert. Die Debatte um Biogasanlagen ist nicht neu. Doch nach Ansicht vieler Landwirte und des Kreisobmanns des Bayerischen Bauerverbands, Anton Kreitmair, sind die Ängste der Bürger oftmals unbegründet.

27 Biogasanlagen stehen derzeit im Landkreis Dachau - hinzu kommt demnächst die Biogasanlage des Franziskuswerks Schönbrunn. In ihnen wird durch Gärung von Biomasse das brennbare Biogas erzeugt, dass mit Hilfe von Motoren in Elektrizität und Wärme umgesetzt oder auch sofort in das Gasversorgungsnetz eingespeist wird. Im Zeitalter erneuerbarer Energien passt das Biogas gut ins Bild, möchte man meinen. "Für die Energiewende spielt das Biogas eine wichtige Rolle, auch weil es im Gegensatz zu anderen erneuerbaren Energien durchgehend erzeugt werden kann", sagt dementsprechend der Leiter der Umweltabteilung des Dachauer Landratsamtes, Stefan Löwl. Und auch wenn der große Boom der Jahre 2007 bis 2010 inzwischen abgeebbt sei, so sagt Kreitmair dem Biogas dennoch eine sichere Zukunft voraus: "Das Biogas ist immer verfüg- und speicherbar, und seine Einspeisung in die jeweiligen Versorgungsnetze kann beliebig gesteuert werden. Ohne Biogas gibt es keine Energiewende." Die Unsicherheit über die Zukunft der Förderung nach dem Erneuerbare-Energien-Gesetz schreckt allerdings so manchen potenziellen Betreiber vom Bau einer neuen Anlage ab.

Dennoch ist um die Biogasanlagen eine kontroverse Diskussion entbrannt, vor allem um die Materialien, mit denen die Anlagen befüttert werden. Die für die Herstellung "mit Abstand meist genutzten Materialien sind Maissilage und Gülle", sagt Kreitmair. Als Mitbetreiber einer Biogasanlage bei Sulzemoos, weiß er die Vorteile des Mais zu schätzen: "Er wächst schnell und erzielt den höchsten Ertrag. Die Energiebilanz bei der Biogas-Herstellung mit Mais liegt deutlich im positiven Bereich." Marese Hoffmann, Kreisrätin der Grünen, sieht das jedoch ganz anders. Sie hält das Biogas zwar auch für eine "wichtige Komponente im Energiemix", gleichzeitig ist sie aber eine Gegnerin davon, das Gas überwiegend aus Mais zu erzeugen. "Es gibt weitaus besser geeignete Pflanzen wie den Amaranth, deren Energiebilanz effektiver ist. Zumal der Mais negative Folgen für Landschaft, Boden und Grundwasser hat", sagt Hoffmann. Vom Landkreis erwartet die Kreisrätin, dass er alternative Wege der Biogas-Gewinnung etwa durch Pilot-Projekte "fördert und forciert".

Wie eine Alternative aussehen könnte, zeigt der Röhrmooser Bio-Bauer Arthur Stein. 2010 hat sich der Landwirt eine moderne Biogasanlage gebaut, von der heute auch die Gemeinde profitiert. Über eine 700 Meter lange Leitung wird die erzeugte Wärme in den Röhrmooser Kindergarten sowie in die Grundschule transportiert, die Elektrizität wird ins Stromnetz eingespeist. Im Gegensatz zu den meisten seiner Kollegen verwendet Stein anstatt Mais Klee. Als Bio-Bauer ist er dazu angehalten, in seiner Fruchtfolge regelmäßig Klee anzubauen, da dieser besonders bodenschonend ist. Da er dadurch - trotz der Verfütterung an seine Tiere - einen Überschuss an Klee hat, vergärt er diesen und überschüssige Gülle nun zu Biogas. So hat der Landwirt aus der Not eine Tugend gemacht. Eine Tugend, die für ihn selbst und auch für die Kommune gewinnbringend ist.

Die Praxis, Gülle in die Biogasanlagen einzuspeisen, ist übrigens nicht zuletzt wegen des hohen Methangehalts effektiv und gleichzeitig bürgerfreundlich. "Beim Gärungsvorgang wird der Gülle das Methan entzogen. Der Garrest, der auf die Felder gebracht wird, ist somit geruchlos." Der Gestank: kein Thema also. Ebenso wie die Lärmbelästigung. Viele Bürger befürchten, dass die Anlagen ständig beliefert werden müssen, dadurch Lärm und Schmutz entstehen. Eine Annahme, die Thomas Einertshofer ganz und gar nicht nachvollziehen kann. "Der Mais wird - wie immer - einmal im Jahr siliert. Das Silo hätte direkt neben der Biogasanlage gestanden. Es hätte sich überhaupt nichts verändert."

Ein Verfechter des Biogases ist übrigens auch Ministerpräsident Seehofer. Sein "Bayernplan" sieht vor, die installierte Leistung aller bayerischen Biogasanlagen zu verdoppeln. Erreicht werden soll dieses Ziel mit einem bayernweiten Netz von "kleinen Biogasanlagen". Der Plan sieht vor, dass diese überwiegend mit Gülle und landwirtschaftlichen Reststoffen betrieben werden sollen.

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