Betreutes Wohnen für Familien:Hilfe für Mütter in Not

Alleinerziehende, die ganz auf sich gestellt sind und Schwierigkeiten haben, ihr Leben in den Griff zu bekommen, sollen in Karlsfeld eine neue Zuflucht bekommen.

Von Viktoria Großmann, Karlsfeld

Mütter in schwierigen Lebenslagen sollen im Landkreis eine neue Zuflucht bekommen. Der Verein Kinderschutz will ein Karlsfelder Reihenhaus zu einem Ort für betreutes Wohnen für Alleinerziehende mit kleinen Kindern umbauen. Das Dachauer Jugendamt hat dringenden Bedarf angemeldet. Die vorhandenen 21 Plätze, die von anderen Trägern angeboten werden, reichen nicht aus. Wie in so vielen Fällen macht sich auch hier die Wohnungsnot im Großraum deutlich bemerkbar. Der Verein schafft nicht einfach nur günstige Wohnungen für Alleinerziehende: Es geht um alleinstehende Mütter, vereinzelt auch Väter, mit Kindern unter sechs Jahren, die nicht nur finanzielle, sondern auch psychische Probleme haben. Die zum Beispiel traumatisiert sind und schwer für sich selbst sorgen können.

Ein großes Problem hat der Verein noch mit der Finanzierung des Vorhabens. Er ist seit Jahrzehnten im Landkreis tätig und gründete die Elisabeth-Bamberger-Schule für Kinder mit psychosozialen Schwierigkeiten. Aus finanziellen Gründen musste der Kinderschutzverein die Schule im vergangenen Jahr aufgeben, das Franziskuswerk übernahm die Einrichtung, die von Karlsfeld nach Hebertshausen umzog. Der Verein räumte Fehlentscheidungen in der Vergangenheit ein. Die Mehrheit der Einrichtungen arbeite heute kostendeckend, sagt Vorstand Rüdiger Kiefer.

Oft fehlt die Unterstützung durch die Familie

Ein Mutter-Vater-Kind-Haus betreibt der Verein Kinderschutz bereits seit vielen Jahren in München. Unter den Bewohnern seien viele sehr junge Mütter, sagt Any Pfleger. Sie leitet im Verein den Bereich der stationären Erziehungsangebote. Häufiger seien in jüngster Zeit auch unbegleitete minderjährige Flüchtlingsmädchen oder junge Frauen unter den Hilfsbedürftigen, sagt Pfleger. Die Geburtenraten unter den jungen Flüchtlingsfrauen seien vergleichsweise hoch, bestätigt das Jugendamt. So wurde in der Münchner Einrichtung etwa ein 16 Jahre altes Mädchen aus Nigeria aufgenommen, die eine zweijährige Flucht hinter sich hatte und zur Prostitution gezwungen worden war. Aber auch eine 18-jährige Deutsche mit zwei Kindern, die in ihrer Familie Gewalt und Alkoholsucht erlebt hatte.

"Meist erleben wir eine Kombination verschiedener Probleme", sagt Pfleger. In der Regel fehle jegliche familiäre Unterstützung, weder Eltern noch Großeltern fangen die Alleinerziehenden auf oder geben irgendeine Anleitung, ergänzt Jugendamtsleiterin Steffi Weinhold. Entsprechend hoch ist der Beratungs- und Betreuungsbedarf. Etwa 17 Stunden in der Woche sind Sozialpädagogen für die Bewohner da, dazu soll in Karlsfeld ein psychologischer Fachdienst sich zwei Stunden in der Woche für jede Bewohnerin Zeit nehmen.

Finanzierung steht noch nicht

So dringend die Einrichtung gebraucht wird, finanziert ist sie noch lange nicht. Zwar gehört dem Verein ein Haus in Karlsfeld, das dafür genutzt werden soll. Zuletzt lebten in dem Haus Jugendliche, die von Sozialpädagogen betreut wurden. Doch es ist alt und muss grundlegend saniert werden. Auch der Garten muss kindgerecht umgebaut werden. Insgesamt soll das 479 777 Euro kosten, nur zehn Prozent davon kann der Verein aufbringen. Das Jugendamt Dachau hat zwar dringenden Bedarf und betrachtet es als Glücksfall, dass der Verein angesichts der Immobilienknappheit ein Haus zur Verfügung hat, doch "Investitionszuschüsse oder eine Initialförderung" gibt es nicht, sagt Landrat Stefan Löwl (CSU). "Schließlich müssen wir alle Träger gleich behandeln." Hinzu komme, dass die Einrichtungen nicht nur vom Jugendamt Dachau, sondern auch von denen anderer Landkreise gebucht werden können, wenn es im eigenen Umfeld keine Plätze gibt.

Der Verein muss sich die Sanierung also refinanzieren. Zwischen 16 000 und 18 000 Euro an Mieteinnahmen kann der Verein jährlich vom Jugendamt erwarten. Zugleich will der Kinderschutzverein in Karlsfeld ein Angebot schaffen, dass es im Landkreis noch nicht gibt: eine intensive therapeutische Betreuung in einer Wohngruppe für Kinder zwischen drei und zwölf Jahren. Auch sehr kleine Kinder können schon massive Gewalt erlebt haben, sagt Pfleger. Die meisten Kinder in solchen Einrichtungen seien zwischen sechs und neun Jahre alt. Manche zeigen erhebliche Entwicklungsverzögerungen, auch Essensverweigerung komme schon bei kleinen Kindern vor.

Das Jugendamt Dachau plant für das Jahr 2017 allgemein einen Ausbau der Betreuung in gemeinsamen Wohnformen, der Heimerziehung, Schulbegleitung und ambulanten Betreuung. Jährliche Sozialraumanalysen sollen helfen, Probleme zu erkennen und entsprechende Angebote zu schaffen. Der Verein Kinderschutz ist dabei laut Jugendamt ein "wertvoller" Partner. Der 1901 in München gegründete Verein bietet im Landkreis Jugendsozialarbeit an Schulen, Erziehung in Heimen und heilpädagogischen Tagesstätten an.

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