Belastung durch Autos:Das Verkehrs-Dilemma

Anwohner in Augustenfeld klagen bereits jetzt über Stau und Lärm. Mit dem neuen Quartier könnte sich die Belastung noch verschlimmern. Der Stadtrat sucht nach Lösungen und erkennt: "Wir laufen in einen Konflikt"

Von Petra Schafflik, Dachau

Die Verkehrsbelastung in der Stadt ist ein Dauerbrenner. Täglich stauen sich in der Rush-Hour die Fahrzeuge auf den Durchgangsstraßen, auch nachts kommen Anwohner oft nicht zur Ruhe. Keine Bürgerversammlung vergeht, in der nicht über die Belastungen durch Autos und Schwerlastwagen geklagt wird. Da ist es nur logisch, dass die Kommunalpolitik bei Siedlungs- oder Gewerbeprojekten das Thema Verkehr genau unter die Lupe nimmt. Umso mehr, wenn wie in Augustenfeld Nord ein ganzes Stadtviertel neu entstehen soll. In dem Gebiet zwischen Theodor-Heuss-Straße und S-Bahnhof könnten einmal 2200 Bürger leben, Geschäfte und Schulen sind vorgesehen. So jedenfalls das Ergebnis einer Rahmenplanung, an der in den vergangenen zwei Jahren auch Bürger intensiv mitgearbeitet haben.

Weil mögliche Verkehrsbelastungen dabei kritisch diskutiert wurden, ließ der Stadtrat auch Erschließungskonzepte erstellen. Mit überraschendem Ergebnis: Mit dem neuen Viertel entsteht so viel Verkehr, dass das angrenzende Gebiet Augustenfeld Mitte, das bereits fertig geplant ist, enorm belastet würde. "Ihr eigener Lärm wäre den Anwohnern dort zu viel", sagte Oberbürgermeister Florian Hartmann (SPD) im Umwelt- und Verkehrsausschuss.

Bürger an Planungsworkshops beteiligt

Wie sollen die Bürger des künftigen Viertels Augustenfeld Nord zu ihren Wohnungen kommen? Bei allen Planungsworkshops und Ortsbegehungen, an denen zwischen 50 und 120 Dachauer beteiligten, wurde die Frage der Verkehrserschließung intensiv diskutiert. Denn natürlich fürchten die Anwohner der bestehenden Viertel im Süden (Augustenfelder Straße) und Norden (Wiener Straße) künftig mehr Verkehr. Von einem umfangreichen Verkehrsgutachten erhoffte sich der Stadtrat deshalb eine solide Entscheidungsgrundlage. Basis der Studie war, dass das neue Gebiet natürlich von der direkt vorbeilaufenden Theodor-Heuss-Straße aus angefahren werden kann.

Aber welche Verbindungen soll es Richtung Stadtgebiet im Westen geben? Drei Planfälle haben die Experten untersucht: Wenn das neue Viertel von der Augustenfelder Straße abgehängt wird, gibt es dort eine Entlastung. Umgekehrt verhält es sich, sobald ein "Stöpsel" weiter nördlich an der Oberen-Moosschwaige-Straße beim heutigen Park-und-Ride-Parkplatz gesetzt wird. In jedem Fall aber entlastet ein Parkhaus, das direkt an der Schleißheimer Straße geplant ist, die Bürger vom Parksuchverkehr rund um den Bahnhof. Als dritte Variante wurde eine Lösung untersucht, die möglichst jeden Durchgangsverkehr verhindert. Tatsächlich werden dabei die Bürger in den bestehenden Wohnvierteln maximal entlastet. Was aber so wohl niemand erwartet hat: Immer entsteht so viel zusätzlicher Verkehr im Westen, dass ein Wohngebiet belastet würde, das bisher nur auf dem Papier existiert: Das Quartier Augustenfeld Mitte, das zwischen städtischer Grundschule und Wohnbebauung an der Augustenfelder Straße entstehen wird. In diesem bereits fix und fertig geplanten Bereich könnten sogar Lärmschutz-Grenzwerte überschritten werden.

"Wir laufen in einen Konflikt", erklärte der Oberbürgermeister in der Sitzung des Umwelt- und Verkehrsausschusses. Denn eine ideale Lösung gibt es nicht. "Entweder wir belasten die bestehenden Wohnviertel mehr oder das neue Quartier wird so belastet, dass es diese Last nicht erträgt." Der Stadtrat Dachau hat noch keine Variante der Verkehrserschließung priorisiert.

"Wir müssen auch überlegen, wie wir die Verkehrsbelastung reduzieren können", erläuterte Bauamtsleiter Michael Simon. Mit einem Konzept "Wohnen ohne Auto" vielleicht. "Das hätte Charme direkt am Bahnhof, aber nicht alle Ziele lassen sich per S-Bahn erreichen", gab Gertrud Schmidt-Podolsky (CSU) im Ausschuss zu bedenken. Dann lieber die Belastung des Verkehrs gleichmäßig auf vorhandene und neu entstehende Wohngebiete verteilen. Reduzieren ließe sich der Verkehr auch, wenn das Baurecht zurückgefahren und damit Wohnungen errichtet würden. "Aber das widerspricht der zentralen Lage", fand der OB. Erst bei der Erstellung konkreter Bebauungspläne will man einen Ausweg aus dem Dilemma suchen. Eine Entscheidung wird der Stadtrat erst im Rahmen konkreter Bebauungspläne treffen.

Das Verfahren der Rahmenplanung wird damit wie vorgesehen noch in diesem Jahr beendet. Öffentlicher Schlusspunkt ist eine Bürgerinformationsveranstaltung, die für November geplant ist.

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