Beerdigung von Josef Wagner:Mit Herz und Verstand

Mehrere Hundert Trauergäste nehmen in der Pfarrkirche Sankt Jakobus Abschied von Josef Wagner. Der Schuhfabrikant baute sein Unternehmen in Vierkirchen zu einer international erfolgreichen Marke aus

Von Benjamin Emonts, Vierkirchen

Hunderte Freunde, politische Weggefährten und ehemalige Angestellte nehmen am Montagvormittag Abschied von dem Vierkirchener Unternehmer und Ehrenbürger Josef Wagner. Als Lehrbub hatte er einst in der Schuhmacher-Werkstatt seines Onkels Hans Wagner klein angefangen. 1977 übernahm er den Betrieb und baute ihn zu einem weltweit bekannten Unternehmen in der Outdoor-Industrie aus. Auch jetzt, im Moment seiner Beerdigung, werden die Berg- und Wanderschuhe der Firma Hanwag auf der weltweit größten Sportartikelmesse namens Ispo verkauft. Wagner soll schließlich bis zuletzt überzeugt gewesen sein: "Dass wir die besten Schuhe machen, steht außer Frage."

Beerdigung Josef Wagner

Kaplan Simon Ruderer leitete die Trauerfeier für Josef Wagner.

(Foto: Niels P. Jørgensen)

Am Freitagmorgen ist Josef Wagner, der von seinen Freunden kurz "Sepp" genannt wurde, im Alter von 96 Jahren gestorben. Doch sein Lebenswerk wird noch lange überdauern. Wagner war längst nicht nur ein überaus fleißiger und erfolgreicher Unternehmer. In seiner Heimatgemeinde Vierkirchen im Landkreis Dachau saß er von 1966 bis 1990 im Gemeinderat. 18 Jahre lang bekleidete er das Amt des zweiten Bürgermeisters und vertrat die CSU-Fraktion im Kreistag. Sage und schreibe 50 Jahre engagierte sich Wagner ehrenamtlich als Vorsitzender des SC Vierkirchen, zu dem er im Jahr 1951 ernannt wurde. Mit ursprünglich 68 Mitgliedern und einem Fußballplatz gedieh der Verein unter seiner Führung prächtig. Als er aufhörte, zählte er mehr als 1600 Mitglieder und zehn Abteilungen. "Der SC Vierkirchen war Josef Wagner, er war sein Lebenswerk", sagt der Vorsitzende Josef Leichtmann über den Ehrenvorsitzenden. In ganz Bayern gab es dato keinen Sportfunktionär, der einen Verein länger geleitet hat. Wagner selbst soll über sein ehrenamtliches Engagement mal gesagt haben: "Ich war in allen Vereinen - außer dem Frauenbund."

Beerdigung Josef Wagner

Foto: Niels P. Jørgensen

"Er war eine Persönlichkeit, die sehr sehr viele Menschen ganz besonders geschätzt haben", betont der Dachauer Altlandrat Hansjörg Christmann (CSU). Der große Respekt für Wagners Lebensleistung ist auf der Trauerfeier allseits zu spüren. Vierkirchens Bürgermeister Harald Dirlenbach (SPD), der sich zu Wagner freundschaftlich verbunden fühlte, nennt den Unternehmer eine "Galionsfigur", dessen Wort für alle stets von größter Bedeutung gewesen sei. Dirlenbach hatte Wagner bei einem Zeitzeugenprojekt des örtlichen Soldaten- und Kriegervereins näher kennengelernt. Wagner hatte ihm damals erzählt, wie er im Jahr 1941 als 20-Jähriger mit der Wehrmacht auf den Russlandfeldzug geschickt und verwundet wurde. Später wurde der junge Mann in Frankreich als Funker eingesetzt und geriet in amerikanische Kriegsgefangenschaft. Erst im April 1946 kam er nach Vierkirchen zurück. Seine beiden Brüder waren im Zweiten Weltkrieg gefallen.

Beerdigung Josef Wagner

Bürgermeister Harald Dirlenbach hielt eine bewegende Rede.

(Foto: Niels P. Jørgensen)

Doch Wagner behielt seinen Lebensmut. "Er blieb unverdrossen, kraftvoll und mutig", bemerkt Altlandrat Christmann. "Er hat seine Heimat großartig wieder aufgebaut." Schon als Kind hatte Wagner viel Zeit im Schuhmacher-Betrieb seines Onkels verbracht, ehe er im Jahr 1936 dort eine Lehre begann. Nach dem Krieg besuchte er eine Handelsschule in München und wurde behutsam an den Posten des Firmenchefs herangeführt. 1977 übernahm er das Unternehmen und machte es "mit Herz und Verstand", so Christmann, zu einer international erfolgreichen Marke. Eine seiner beiden Töchter, Annemarie, sollte das Unternehmen später übernehmen. Im Jahr 2003, kurz vor der Übergabe, starb sie jedoch an einer schweren Krankheit. Für Wagner und seine Frau Käthe "war es der größte und schmerzhafteste Verlust in ihrem Leben", sagt Kaplan Simon Ruderer. Und es war ein Wendepunkt. Ein Jahr später verkaufte Wagner seine Firma an den schwedischen Konzern Fenix Outdoor International AG. Den Verkauf knüpfte er an die Bedingung, dass seine Heimatgemeinde auch künftig der Standort des Unternehmens bleibt. Sich ganz zurückzuziehen, kam für den entschlossenen und weltoffenen Mann nicht in Frage. Als Repräsentant und Ratgeber blieb er der Firma treu verbunden.

Beerdigung Josef Wagner

Die Trauergemeinde.

(Foto: Niels P. Joergensen)

Wenn er donnerstags nicht auf dem Tennisplatz stand - "da hätte der Bundespräsident kommen können, er hätte warten müssen", erinnert sich Dirlenbach - war Wagner täglich in der Firma und beobachtete die Produktion, wie der neue Hanwag-Geschäftsführer Thomas Gröger erzählt. Erst 2015, nachdem er bereits einen Schlaganfall erlitten hatte, zog er sich in sein Privatleben zurück. Laut Geschäftsführer Gröger ist mit ihm eine der letzten Ikonen der Outdoor-Industrie von uns gegangen. "Sepp, du wirst uns sicher fehlen", sagt der bewegte Altlandrat Hansjörg Christmann.

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