Beeindruckend:Die Einsamkeit des Reisenden

Ryan M. Brewer

Ryan M. Brewer im Dachauer Café Gramsci.

(Foto: Niels P. Jørgensen)

Songwriter Ryan M. Brewer auf der Suche nach etwas Glück

Von Niels P. Jørgensen, Dachau

Ryan M. Brewer ist zum ersten Mal in Europa und sein Auftritt beim Dachauer Tollhaus e.V. markiert den Beginn einer Tour, die ihn in den nächsten Wochen quer durch Deutschland und die Niederlande führen wird. Warum seine Lieder überwiegend traurig klingen, hat ihn eine ältere Dame mal gefragt. Eine Antwort könnte darin liegen, dass seine Songs der archäologischen Ausgrabung einer zerbrochenen Beziehung vor langer Zeit gleichen. Sie sind Spuren einer zwischen Musikerleben und Alltag einer Intensiv-Krankenschwester gescheiterten Liebe. Und so kultiviert Brewer in seinen Songs die Melancholie der selbst gewählten Einsamkeit des Reisenden, den doch eine Sehnsucht treibt: "Build a house, make a home and never get lost again".

Die internationale Community der Singer-Songwriter, zu der nun auch Brewer gehört, zieht durch die Lande wie einst die Minnesänger. Sie touren zwischen Sizilien und Island, für eine Handvoll Euros Gage wenn es gut läuft, für ein warmes Essen, eine provisorische Übernachtung und etwas Kilometergeld, wenn es weniger gut läuft.

Die Globalisierung macht auch vor der Kleinkunst nicht halt. So romantisch die Vorstellung sein mag, mit dem Gitarrenkoffer das Ticket für eine Reise um die Welt in der Hand zu haben, zahlen die Künstler natürlich auch einen Preis für ihre vermeintliche Freiheit. Immerhin unterstützen einige Herkunftsländer ihre musikalischen Botschafter, sei es mit Flugtickets oder Toursubventionierung. Auch die Gastgeber leisten ihren Beitrag, wie die Stadt Dachau, die in Künstlerappartements und der Ruckteschell-Villa Übernachtungsmöglichkeiten anbietet.

Für Musikfreunde ist die Vielfalt der reisenden Künstler in jedem Fall ein Gewinn.

Ein so abwechslungsreiches und internationales Programm, wie es der Tollhaus e.V. in diesem Frühjahr präsentiert hat, könnte ein kleiner Verein sonst kaum stemmen. Die Bandbreite reichte in diesem Frühjahr von der skurrilen Tanzperformance des Duos Puhti aus Finnland über den warmen rockigen Sound des New Yorkers Steve Waitt bis zum verträumten Pop der libanesischen Postcards quer durch die Welt. Viele der Musiker kommen gerne immer wieder zurück, wie der Australier Tim McMillan. Der virtuose Gitarrist und erste Stipendiat in der Ruckteschell-Villa hat das bei seinem jüngsten Konzert mit seiner Partnerin, der Violinistin Rachel Snow, in der Dachauer Kulturschranne so ausgedrückt: "Keine Stadt hat soviel für meine musikalische Entwicklung getan wie Dachau." Ryan M. Brewers melancholischer Auftritt war, so gesehen, ein passender Saisonabschluss vor der Sommerpause des Tollhaus-Programms.

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