Bayerischer Tierschutzpreis:Zeitenwende

Die Staatsregierung ehrt den Dachauer Tierschutzverein mit einem Preis - ein Signal auch an die Kommunalpolitik, die wichtige Arbeit der Ehrenamtlichen ausreichend zu würdigen. Landrat Löwl geht auf diesem Weg voran

Von Helmut Zeller, Dachau/München

Ein Durchbruch für den Tierschutzverein Dachau: Die Verleihung des Bayerischen Tierschutzpreises markiert die Wende zu mehr Anerkennung der jahrzehntelangen ehrenamtlichen Arbeit der Vereinsmitglieder um die Vorsitzende Silvia Gruber. Anders als etwa der Sport oder die Brauchtumspflege wurde der Tierschutz von der Kommunalpolitik im Landkreis Dachau früher eher stiefmütterlich behandelt. Inzwischen aber hat der Verein einen starken Verbündeten: Landrat Stefan Löwl (CSU). Er nahm denn auch an dem Festakt im Max-Joseph-Saal der Münchner Residenz teil und war unter den ersten Gratulanten. "Der Landkreis Dachau schätzt die Arbeit dieses Vereins sehr", sagt Löwl.

"Tierschutz geht uns aber alle an, angefangen beim Kampf gegen den illegalen Welpenhandel bis hin zum Bewusstsein für die eigenen Haustiere, auch wenn Urlaubszeit ist oder eine (manchmal teure) tierärztliche Behandlung notwendig ist", so beschreibt Landrat Löwl die Bedeutung des Vereins. Umweltminister Marcel Huber (CSU), der den Preis an die Vereinsvorsitzende Silvia Gruber übergab, erklärte: "Die Aufnahme und Versorgung von hilfsbedürftigen Tieren und deren Vermittlung an verantwortungsvolle Tierhalter verdient Anerkennung in hohem Maße. Viele ehrenamtliche Mitarbeiter sind rund um die Uhr für notleidende Tiere da. Die Preisträger sind Vorbilder für einen aktiven Tierschutz aus der Mitte der Gesellschaft. Ihr Engagement ist unverzichtbar. Mit ihrer Arbeit setzen die Preisträger Tag für Tag ein starkes Zeichen für den Tierschutz."

Der Preis wird seit 18 Jahren jährlich vergeben, diesmal wurde die Arbeit von insgesamt sieben Tierheimen gewürdigt. Sie bekommen im Gegensatz zu manchen anderen Bundesländern keine regelmäßigen staatlichen Zuschüsse und finanzieren sich ausschließlich aus Spenden und Mitgliedsbeiträgen. Auch aus diesem Grund ist der mit 20 000 Euro dotierte Tierschutzpreis für die Dachauer hochwillkommen. Dabei leisten die Ehrenamtlichen unglaublich viel Arbeit: Im Tierheim werden jährlich ungefähr 45 000 Arbeitsstunden geleistet, etwa 30 000 davon ehrenamtlich erbracht. Zusätzlich fallen pro Jahr ungefähr 2000 Einsatzfahrten (Abholung von Fundtieren, Nothilfe, Platzkontrollen) an; 500 davon nachts.

Tierschutzpreis

Silvia Gruber, Vorsitzende des Dachauer Tierschutzvereins, links Umweltminister Marcel Huber (CSU) und Dachaus Landrat Stefan Löwl (CSU) bei der Verleihung des Tierschutzpreises in der Münchner Residenz.

(Foto: Umweltministerium/oh)

"Seit 1989 gibt es das Tierheim in Dachau und es ist im und für den Landkreis kaum mehr wegzudenken", sagt Landrat Löwl. Die Jury des Tierschutzpreises setzt sich aus Vertretern des Staatsministeriums, des Tierschutzbeirates, der Tierschutzorganisationen, der Wissenschaft und der Landwirtschaft zusammen. Die Juroren beeindruckte vor allem auch eine besondere Einrichtung des Dachauer Tierheims: der 24-Stunden-Notdienst. Die ehrenamtlichen Helferinnen und Helfer seien rund um die Uhr und äußerst zuverlässig im Einsatz; sie dienten als Ansprechpartner für Bürgerinnen und Bürger wie auch für Behörden", erklärt Löwl.

Vor allem: Thomas Rauscher, Chef der Polizeiinspektion Dachau, wüsste nicht, wie seine Beamten ohne das Tierheim zurecht kommen sollten. Wann immer ein Tier in Not geraten oder verletzt aufgefunden worden ist, ruft die Polizei die Ehrenamtlichen. Die Tierschützer nehmen ihr enorm viel Arbeit ab.

Auch Veterinäramt und Lebensmittelüberwachung des Landratsamtes werden vom Tierheim tatkräftig und fachkompetent unterstützt. Zum Beispiel greift die Behörde bei Beschlagnahmungen misshandelter Tiere im Landkreis auf die Hilfe der Tierschützer zurück. Deshalb hatte die Amtsveterinärin am Landratsamt, Bettina Brühl, die Idee, den Verein für eine Nominierung vorzuschlagen. Löwl hatte diese Idee aufgegriffen und an das Umweltministerium geschrieben. "Ich freue mich über diese tolle Anerkennung des langjährigen, unbezahlbaren ehrenamtlichen Engagements. Wo ein Tier im Landkreis Hilfe braucht, sind die Ehrenamtlichen vom Tierheim zur Stelle; nachts ebenso wie am Wochenende", so Löwl.

Die Laudatio von Staatsminister Huber, die lobenden Worte von Landrat Löwl - die Vereinsvorsitzende Silvia Gruber traute in der Münchner Residenz für Sekunden ihren Ohren nicht mehr. Seit mehr als 30 Jahren kämpft sie, wie Löwl besonders betont, unermüdlich, ehrenamtlich und mit großem Fachwissen ausgerüstet für den Tierschutz im Landkreis Dachau. Vor 25 Jahren hat sie das Tierheim übernommen und führte es aus damals 800 000 Mark Schulden heraus und wendete üb er die Jahre hinweg drohende Insolvenzen ab. Fast alle Tierheime wirtschaften defizitär, und das liegt nicht an den Betreibern, sondern an der Politik, die den Tierschutz missachtet, obwohl er als Staatsziel seit 2002 im Grundgesetz festgeschrieben ist.

Permanente Geldsorgen

Das Dachauer Tierheim erhält von den Kommunen eine Fundtierpauschale - allerdings ist die Rettung und Versorgung ausgesetzter und verletzter Tiere eine Pflichtaufgabe der Gemeinden und Städte, von der sie sich seit 1994 durch die Fundtierpauschale freikaufen; die muss allerdings der Verein noch versteuern. Ansonsten finanziert sich das Tierheim aus Spenden und Mitgliedsbeiträgen der etwa 1200 Mitglieder.

An Geld fehlt es dem Tierheim wie fast allen in Bayern andauernd, denn allein die Ausgaben für die ärztliche Versorgung einer wachsenden Zahl von Fundtieren steigen ständig. Daneben wachsen auch die Kosten für Abgabetiere, die erkrankt sind und von Haltern ins Tierheim abgeschoben werden. Schließlich belaufen sich die Betriebskosten des Tierheims jährlich auf etwa 400 000 Euro. Die pauschale Aufwandsentschädi- gung deckt die Kosten bei weitem nicht. Silvia Gruber, seit 25 Jahren Vereinsvorsitzende, kämpfte jahrelang um eine Erhöhung der Fundtierpauschale auf 1,50 Euro pro Einwohner, noch heute wird sie nicht von allen 17 Landkreisgemeinden bezahlt. In der Stadt Dachau hat sich jedoch eine Umkehr vollzogen. Auf Initiative der Grünen fand eine bessere finanzielle Ausstattung des Tierheims auch die Unterstützung von ÜB und CSU. Mehrheitlich billigte der Finanzausschuss 2016 einen CSU-Antrag, wonach der Verein jährlich einen Zuschuss von 19 000 Euro erhält - und dafür auf Jahre hinaus keine Erhöhung der Fundtierpauschale fordert. Vom Landkreis gab es - neben den Abrechnungen für erbrachte Leistungen - zu verschiedenen Anlässen Geld, für den Bau des Katzenhauses und zuletzt 2015 für die Neuanschaffung der veralteten EDV-Ausstattung. SZ

Das Engagement der Tierschützer hat ihnen in der Vergangenheit nicht nur Freunde eingebracht: In der Öffentlichkeit nicht selten verlacht, mussten sie gegen eine starre Abwehrhaltung auch in der Kommunalpolitik ankämpfen. Vorbei ist jedoch die Zeit, als ein Bürgermeister glaubte, zumindest die Kleintiere im Münchner Tierpark verfüttern zu können, auch wenn ähnliche Äußerungen gelegentlich heute noch fallen. Inzwischen ist der Tierschutz aus seinem Schattendasein im Landkreis herausgetreten.

So viel Unterstützung für das Dachauer Tierheim wie 2015 gab es noch nie. Allein auf Facebook hatten sich 1300 Bürger zusammengeschlossen. Sie sagten Nein zu dem Umgang der Kommunalpolitik mit den Rechten der Tiere und den ehrenamtlichen Tierschützern, die den Gemeinden viel Geld sparen helfen. Als Folge der Urbanisierung des Dachauer Landes bekommt der Tierschutz zusehends eine andere Bedeutung - und immer mehr Bürger fordern ihn von der Kommunalpolitik ein.

Landrat Löwl wirbt dafür, dass die Rathauschefs die Tierschützer viel mehr als Partner ansehen. Er hofft, dass die Ehrung "ein perfekter Ansporn" für die ehrenamtlichen Helfer ist, sich "auch in Zukunft mit voller Einsatzbereitschaft, Elan und viel Herzblut für den Tierschutzverein Dachau einzusetzen". Tierheimleiter Manfred Wagner, Vorstandsmitglied Günter Hofheinz, alle Mitarbeiter freuen sich über die Anerkennung - auch Silvia Gruber, die schon wieder den Blick in die Zukunft richtet und einen "Multifunktionsbau" für das Tierheim plant. Spenden sind erwünscht.

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