Bahn:Fahrdienstleiter haben Schlüsselrolle

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Ein Gleis, zwei Begegnungsabschnitte: Eine S-Bahn der S 2 fährt von Altomünster in Richtung Dachau ab. (Foto: Toni Heigl)

Wie die Züge auf der Unfallstrecke bei Bad Aibling fährt die S 2 Altomünster nur auf einem Gleis.

Von Robert Stocker, Dachau

Seit dem schweren Unglück von Bad Aibling gibt es eine Debatte über die Sicherheit im Zugverkehr. Ist das Unfallrisiko auf eingleisigen Strecken grundsätzlich höher? Mit welchen Sicherheitseinrichtungen sind die Linien ausgestattet? Die S 2 Altomünster im Landkreis Dachau ist ebenfalls eingleisig. Gleiches gilt für die S 2 Petershausen auf zwei Streckenabschnitten zwischen Dachau und Petershausen. Wie sieht es mit der technischen Sicherung auf diesen Linien aus? Im Fall von Bad Aibling hat den Ermittlern zufolge wohl menschliches Versagen zu der Katastrophe geführt. Es ist nie ganz auszuschließen. Dennoch: "Die Bahn ist eines der sichersten Verkehrsmittel. Sicherheit ist bei uns oberstes Gebot", betont ein Sprecher der Deutschen Bahn.

Vor einer engen Kurve wird der Zug notfalls automatisch gebremst

Die Bahnstrecken in Bayern sind insgesamt etwa 6000 Kilometer lang; 3000 Kilometer sind eingleisig. Wie zwischen Rosenheim und Holzkirchen sind sie in der Hauptsache Nebenstrecken. "Eingleisige Strecken sind grundsätzlich nicht gefährlicher als andere", stellt der Sprecher der Bahn fest. Denn die Sicherheitseinrichtungen seien die gleichen wie auf zweigleisigen Linien. Prinzipiell seien alle Strecken mit der Punktförmigen Zugbeeinflussung (PZB) ausgestattet. Dieses elektronische Sicherungssystem überträgt Daten über Sensoren am Gleis und am Fahrzeug. Überfährt ein Zug ein Stoppsignal, wird er automatisch gebremst. Außerdem überwacht das System, ob der Zug an einem bestimmten Punkt die zulässige Geschwindigkeit überschreitet. Ist der Zug an den Messpunkten zum Beispiel vor einer engen Kurve zu schnell, wird er ebenfalls automatisch gebremst. Nach dem Stand der Ermittlungen im Bad Aiblinger Fall setzte der Fahrdienstleiter die PZB mit einem Sondersignal außer Kraft. Die Folge: Der Zugführer überfuhr ein rotes Signal. Es kam zum Zusammenstoß.

Auf einem eingleisigen Streckenabschnitt darf grundsätzlich nur ein Zug verkehren. Weil es wegen der Zugfrequenz auch Gegenverkehr gibt, müssen eingleisige Strecken Begegnungsabschnitte haben, die mit zwei Gleisen ausgebaut sind. Vor der Elektrifizierung der Strecke von Dachau nach Altomünster begegneten sich die Dieseltriebwagen aus beiden Richtungen am Bahnhof in Markt Indersdorf. Dort war die Strecke zweigleisig ausgebaut. Seit dem Ausbau der Zugverbindung zu einer regulären S-Bahn gibt es zwischen Bachern und Schwabhausen und im Bereich des Erdweger Bahnhofs zwei Begegnungsabschnitte. Sie wurden wegen des dichteren Fahrtakts und des höheren Tempos der Züge nötig. Hat einer der Züge eine Verspätung, muss der Gegenzug im Begegnungsabschnitt auf ihn warten. Für diesen Zug steht das Signal auf Rot. "Die Blockabschnitte sind mit Signalen gesichert", sagt der Sprecher der Bahn. Überfährt der Lokführer das Haltesignal, bremst das elektronische Sicherungssystem seinen Zug. Nur der Fahrdienstleiter kann die PZB übersteuern - wie beim Zugunglück von Bad Aibling.

Fünf Kilometer langer Begegnungsabschnitt

Die S 2 von Dachau nach Petershausen hat zwischen Hebertshausen und Röhrmoos einen fünf Kilometer langen Begegnungsabschnitt. Zwischen Dachau und Hebertshausen und zwischen Röhrmoos und Petershausen steht für die S-Bahn nur ein Gleis zur Verfügung. Das zweite Gleis ist dem Regional- und Fernverkehr vorbehalten. Auch diese Strecke ist mit der PZB gesichert. Neben der elektronischen Zugbeeinflussung soll auch die Sicherheitsfahrschaltung Unfälle verhindern. Sie bremst den Zug ab, wenn der Triebfahrzeugführer während der Fahrt etwa aus gesundheitlichen Gründen handlungsunfähig wird. Der Lokführer muss während der Fahrt mindestens alle 30 Sekunden ein Pedal oder einen Taster bedienen. Macht er das nicht, warnt das System den Lokführer akustisch und optisch, bevor der Zug automatisch abgebremst wird.

Wenn andererseits die Technik ausfällt, kann der Fahrdienstleiter dem Zugführer telefonische Anweisungen geben. Die Lokführer können relativ wenig beeinflussen. Letzte Instanz ist der Fahrdienstleiter im Stellwerk. Der Bahnsprecher verteidigt dieses System. "Es ist gut, dass der Mensch das letzte Wort haben kann. Die Flexibilität erhöht die Pünktlichkeit."

© SZ vom 23.02.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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