Ausstellung:Entschlüsselung

Akademiestudentin Simona De Fabritiis und Heiko Klohn stellen in der Galerie der KVD gemeinsam aus. Ihr Thema ist die Medienkritik, der Blick hinter Fassaden mit unterschiedlichen künstlerischen Ansätzen

Von Anna-Sophia Lang, Dachau

Noch sieht alles unfertig aus. Kabel stapeln sich in großen Rollen. Bildschirme und Lautsprecher liegen auf dem Boden. Gerahmte Bilder lehnen an der Wand. Mittendrin steht Heiko Klohn, eine Bohrmaschine auf dem Arm, und überlegt. Zehn Jahre lang war er nicht mehr Mitglied der Künstlervereinigung Dachau (KVD) gewesen, vor Kurzem ist er zurückgekehrt. Es sei viel junges Leben in der KVD, sagt er. Das gefällt ihm.

Simona De Fabritiis gehört zu dieser neuen Generation, die sich zunächst unter dem Namen "Vorgarten" zusammenfand. Sie sei noch ganz am Anfang, sagt die Studentin der Akademie der Bildenden Künste über sich selbst. In Jeans, T-Shirt und Sportschuhen steht sie ein paar Meter hinter Klohn, auf Zehenspitzen, und versucht, ein Kabel an einer Säule zu befestigen. In zwei Tagen soll hier, in der KVD-Galerie, ihre Ausstellung eröffnet werden.

"Schöne neue Welt" wird sie heißen. Eigentlich ein Arbeitstitel, der dann aber geblieben ist. Für Fabritiis ist es die erste, große Ausstellung überhaupt. Je näher die Vernissage rückt, desto aufgeregter wird sie. Klohn hat schon unzählige Male ausgestellt. "Ganz so entspannt, wie ich aussehe, bin ich aber auch nicht." Den Titel haben sie dem Roman von Aldous Huxley aus dem Jahr 1932 entliehen. Er beschreibt eine scheinbar friedliche Welt, deren Bewohner aber in Wahrheit systematisch manipuliert und indoktriniert werden, damit sie ihre Lebenswelt nicht kritisch hinterfragen. Themen von Überwachung und unbemerkter Steuerung von außen also, mit denen sich auch Klohn und Fabritiis in ihren Arbeiten auseinandersetzen. Zuletzt zu sehen waren Beispiele dafür in der KVD-Ausstellung auf dem MD-Gelände. Mit "1984" trug auch sie den Titel eines dystopischen Romans, in dem Fall von George Orwell.

Die neue Ausstellung reiht sich also thematisch konsequent ein. Die Unterschiede zwischen den beiden Künstlern, die sie gestalten, könnten dafür größer nicht sein. Auf den ersten Blick zumindest. Fabritiis ist 25, Klohn 61. Er ist Zeichner und Maler, sie arbeitet mit Videos, Bildschirmen, Gegenständen. Wie passt das zusammen? "Gut", sagt Klohn. Beide betrachten den Umgang mit neuen Medien kritisch, beschäftigen sich mit der fehlenden Verbindlichkeit von Kommunikation, ob per Smartphone oder in sozialen Netzwerken. "Der Mensch vereinsamt immer mehr, obwohl die Möglichkeiten, miteinander in Verbindung zu treten, wachsen", sagt Klohn.

Beide denken über Oberflächen hinaus. Fabritiis, wenn sie zwei Münder auf zwei Bildschirmen zeigt, die sich küssen wollen. Da wird Nähe suggeriert, die nicht real ist. Wie beim Skypen, bei Facebook-Freundschaften oder bei Gesprächen per WhatsApp. Die Auseinandersetzung mit der analogen und der digitalen Identität ist Fabritiis Leitthema, dem sie sich in der Ausstellung "Schöne neue Welt" mit Videoperformances und Installationen nähert. Klohn enttarnt Oberflächliches mit ironischen Zeichnungen und Siebdrucken. Einem Burger etwa, unter dem John F. Kennedys weltberühmter Satz "Ich bin ein Berliner" steht. Ein Satz, der so wenig auf den Burger zutrifft wie auf Kennedy, den damaligen Präsidenten der Vereinigten Staaten, der "doch eigentlich nur an Pershing-Raketen gedacht hat", wie Klohn sagt. Mogelpackungen, leere Phrasen, Substanzlosigkeit sind das Thema seiner Stücke.

Kennengelernt haben sich die beiden Künstler vor einem Jahr, als die Planungen für "1984" begonnen. Dass sie sich viel zu sagen haben, war sofort klar. "Wir sind bei Unterhaltungen immer schnell auf einen grünen Zweig gekommen", sagt Fabriitis, "wir haben auf Anhieb verstanden, was der andere sagen wollte." Ähnliche Denkweise, ähnlicher Humor - eine gute Voraussetzung für die gemeinsame Ausstellung der KVD-Neulinge, auch wenn der eine nur ein halber Neuling ist. Dementsprechend locker ist die Stimmung beim Aufbau. So richtig gut kennengelernt haben sich Fabritiis und Klohn in den vergangenen Wochen, bei der gemeinsamen Konzeption. "Eigentlich, seitdem ich mailen kann", sagt Klohn. Laptop und Mailadresse, gegen die er sich lange gewehrt hat, haben es dann doch einfacher gemacht, sich abzusprechen. Die digitale Welt lässt eben keinen unberührt.

Die Vernissage findet an diesem Donnerstag, 16. Juni, um 19.30 Uhr in der KVD-Galerie, Pfarrstraße 13 in Dachau statt. Dann ist die Ausstellung "Schöne neue Welt" bis Sonntag, 10. Juli zu sehen. Die Galerie ist donnerstags bis samstags von 16 bis 19 Uhr geöffnet, sonntags von zwölf bis 18 Uhr.

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