Ausgesperrte Retter am Waldschwaigsee:Beschränkt einsatzfähig

Bei einem Notfall am Waldschwaigsee stehen die Rettungskräfte unversehens vor einem abgesperrten Schlagbaum. Das soll nicht noch mal passieren

Von Thomas Radlmaier, Karlsfeld

Es ist ein Sonntagabend gegen 19.30 Uhr, als eine Frau am Waldschwaigsee am Uferbereich ins Wasser stürzt. Sie kann nicht schwimmen, droht zu ertrinken. Andere Badegäste reagieren schnell. Sie ziehen die bewusstlose Frau aus dem Wasser. Sie beginnen, sie zu reanimieren und wählen den Notruf. Ein Rettungswagen des Bayerischen Roten Kreuzes (BRK) rauscht heran, doch die Sanitäter kommen nicht auf das Gelände. Eine Schranke versperrt ihnen den Weg. Einen Schlüssel, um das Schloss an der Schranke zu öffnen, haben sie nicht. Wertvolle Minuten, die über Leben und Tod entscheiden können, verstreichen. Und das nur wegen einer heruntergelassenen Schranke.

Glücklicherweise und dank des Einsatzes der Passanten konnte die Frau gerettet werden. Doch der Vorfall hat in der Gemeinde Karlsfeld für ein Umdenken gesorgt. Mitarbeiter des Bauhofes hatten an der Schranke ein Schloss angebracht. Damit wollten sie verhindern, dass Autofahrer sich die Schranke hochklappen und mit ihren Fahrzeugen direkt an den See fahren. Einzelne Schlüssel seien zwar an Rettungsorganisationen verteilt worden, sagt Günther Rustler von der Gemeinde Karlsfeld. Aber es gebe so viele verschiedene Rettungseinrichtungen. "Da kommen Sie mit Schlüsseln nicht weit."

Aufgrund des Vorfalls hat die Gemeinde nun veranlasst, die Schranke zu entfernen und die Zufahrt mit Pfosten zu versperren. Diese lassen sich mit Dreikantschlüsseln entriegeln und aus dem Boden heben. Die Pfosten sind bereits bestellt. "Das ist ein gängiges System", sagt Rustler. Bis die Pfosten eingesetzt werden, bleibe die Schranken unten. Sie sei aber nicht versperrt. Man könne sie ohne Probleme nach oben klappen. "Das Schloss ist weg."

Paul Polyfka begrüßt die Maßnahme sehr. Er ist der Dachauer Kreisgeschäftsführer des BRK. Er kann nicht ausschließen, dass sich in einzelnen Rettungswagen ein Schlüssel für die Schranke befindet. Doch das Schranke-Schloss-Schlüssel-Modell mache grundsätzlich keinen Sinn, sagt er. "Das ist nicht händelbar." Wenn zum Beispiel die Einsatzfahrzeuge des Dachauer Kreisverbandes irgendwo gebunden seien, würden Rettungswagen aus anderen Landkreisen einspringen und zum Waldschwaigsee fahren. Doch dann bräuchten diese ja auch einen Schlüssel für das Schloss. Polyfka klärt auf: "Grundsätzlich haben wir keinen Schlüssel für irgendetwas." Die Rettungswagen seien mit Dreikantschlüsseln für Pfosten und einem Bolzenschneider für leichte Vorhängeschlösser ausgestattet. Doch das Schloss am Waldschwaigsee sei zu mächtig gewesen. Polyfka lobt die Zivilcourage der Passanten, die beim Badeunfall so schnell reagiert haben: "Das ist ein ganz super Einsatz."

Ralf Bogenrieder ist an diesem Sonntagabend zuhause. Er ist der Pächter des Kiosks am Waldschwaigsee und wohnt ganz in der Nähe. Eine Passantin macht ihn auf den Badeunfall aufmerksam. Er radelt sofort los und verschafft sich am See einen Überblick über die Lage. Plötzlich sieht er, dass der Rettungswagen vor der verschlossenen Schranke steht. Er hat einen Schlüssel und sperrt auf. Die Sanitäter können die Frau, die inzwischen wieder bei Bewusstsein ist, verarzten und ins Krankenhaus bringen. "Ich bin froh, dass die Schranke jetzt wegkommen soll", sagt Bogenrieder. Er selbst habe sich am nächsten Tag bei der Gemeinde gemeldet und die Situation geschildert. Es sei reines Glück gewesen, dass er daheim gewesen sei. Das Ganze hätte ja auch anders ausgehen können. "Ich bin glücklich, dass so etwas in Zukunft nicht mehr passieren kann."

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