Ausbau der S-Bahn-Stammstrecke:Nein zum Plebiszit

SPD und Grüne lehnen ein Ratsbegehren zur zweiten S-Bahn-Stammstrecke ab. Indes befürchten Politiker, andere Projekte könnten zu kurz kommen.

Dominik Hutter

In München wird es nicht zu einem Ratsbegehren gegen den zweiten S-Bahn-Tunnel kommen. SPD und Grüne wollen in der Vollversammlung am kommenden Mittwoch eine entsprechende Forderung aus der Haidhauser Bürgerversammlung ablehnen.

Bauarbeiten im S-Bahn-Tunnel

Der Stadtrat befürwortet eine Entlastungsstrecke für den 1972 eröffneten S-Bahn-Tunnel - auch ohne Befragung der Bürger.

(Foto: RUMPF, STEPHAN)

Die Koalition folgt damit der Empfehlung des städtischen Direktoriums, das angesichts der fortgeschrittenen Debatte und der ebenso langjährigen wie deutlichen Pro-Tunnel-Mehrheit im Rathaus eine Bürgerbefragung als "geradezu widersinnig" einstuft. Zudem werde bei einem auf München beschränkten Plebiszit ein Großteil der Betroffenen ausgeschlossen: die Bewohner des Umlands, die in besonderem Maße auf die S-Bahn angewiesen sind.

Rechtlich zulässig, das hat die Untersuchung des Direktoriums ergeben, wäre ein Ratsbegehren durchaus - der Begriff bezeichnet ein vom Stadtrat eingeleitetes Bürgerbegehren. Für SPD-Fraktionschef Alexander Reissl hätte allerdings die Fragestellung ohnehin nur lauten können "Sind Sie dafür, dass der Stadtrat weiterhin für die Stammstrecke ist und keine Klage einreicht?".

Schließlich werde das Thema seit mehr als zehn Jahren in den Sitzungssälen am Marienplatz diskutiert - mit stets dem gleichen Ergebnis: Ja zum Tunnel. Auch das Direktorium erinnert in seiner Stellungnahme an die inzwischen mehr als 20 Beschlüsse zur Stammstrecke. "Angesichts dieser langwierigen und intensiven Vorbereitung ergibt sich, dass die Entscheidung der Stadt nach reiflicher Überlegung und wohl fundiert erfolgt ist", steht in der Beschlussvorlage fürs Plenum.

Der Stadtrat in seiner überwältigenden Mehrheit benötige keine größere Legitimation. Die Vorstellung, die Stadt müsse bei jedem Projekt des Freistaats, das sie unterstütze und daher nicht juristisch angreife, die Bürger befragen, "entbehrt nicht einer gewissen Komik", findet das Direktorium.

Grünen-Fraktionschef Siegfried Benker gibt zudem zu bedenken, dass ein Ratsbegehren eigentlich auf der falschen politischen Ebene stattfände: Schließlich ist für die S-Bahn der Freistaat zuständig, die Kommune begleitet die Planungen nur. Ebenfalls auf der Tagesordnung der Plenumssitzung am Mittwoch steht eine Stellungnahme der Stadt zu den geänderten Plänen im westlichen Abschnitt der Trasse. Das Planungsreferat empfiehlt die Zustimmung.

"Das ist ein Offenbarungseid"

Der grüne Landtagsabgeordnete Martin Runge kritisierte am Donnerstag erneut die Milliardenröhre, die andere wichtige Schienenprojekte in Bayern gefährde. Beleg für diese Behauptung seien die gerade aktualisierten Bedarfs- und Finanzierungslisten der Bundesregierung, aus denen klar hervorgehe, dass der zweite Tunnel so teuer sei, dass seiner Realisierung der viergleisige Ausbau der S4 zwischen Pasing und Eichenau sowie die Verbreiterung der S2-Trasse zwischen Berg am Laim und Markt Schwaben zum Opfer falle. "Das ist der Offenbarungseid", findet auch Matthias Hintzen vom Arbeitskreis Attraktiver Nahverkehr.

Bayerns Verkehrsminister Martin Zeil (FDP) dementierte das angebliche Aus für die beiden S-Bahn-Projekte - diese Behauptung werde auch durch mehrmaliges Wiederholen nicht wahr. Ein Ausbau der S4 sei aber erst nach Realisierung der zweiten Stammstrecke sinnvoll, man könne nicht alles auf einmal machen. Zeil warf den Grünen vor, eine "verantwortungslose Stimmungsmache" gegen eines der wichtigsten Münchner Zukunftsprojekte zu betreiben.

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