Asylunterkünfte:Zahl der unbegleiteten minderjährigen Flüchtlinge steigt

Nicht alle Unterkünfte im Landkreis entsprechen den gesetzlich vorgeschriebenen Qualitätsstandards.

Von Anna-Sophia Lang, Dachau

Viele Jugendämter in Bayern, wo 2015 die größte Zahl alleinreisender jugendlicher Flüchtlinge ankam, wurden von der Entwicklung überrascht. Während laut Zahlen des Sozialministeriums 2013 noch 574 unbegleitete minderjährige Flüchtlinge nach Bayern kamen, waren es 2014 bereits 3 400, im Jahr darauf 16 800. In diesem Jahr sind es bisher etwa 4000. Seit November werden diese Jugendliche bundesweit nach dem Königsteiner Schlüssel verteilt und bleiben nicht mehr in dem Bundesland, in dem sie ankommen sind. Mehr als 5 300 in Bayern neu eingereiste Jugendliche wurden seitdem auf andere Bundesländer verteilt. Weil der Freistaat gleich zu Anfang so viele aufgenommen hat, muss er bis zum Ausgleich der Quote grundsätzlich keine neuen Jugendlichen mehr aufnehmen. Diese Regelung gilt laut Sozialministerium bis April 2017.

Bei den bayerischen Jugendämtern hat die Gesetzesänderung Erleichterung ausgelöst. Davor war die Lage teils chaotisch. In vielen Landkreisen wurden nicht rechtzeitig ausreichende Kapazitäten mit geschultem Personal geschaffen. So entstanden vielerorts Einrichtungen erst nach und nach, ohne Plan und Struktur. Die Jugendlichen harrten in Erstaufnahmeeinrichtungen oder Gemeinschaftsunterkünften ohne Betreuung aus, in die sie laut Gesetz überhaupt nicht gehören. Auch im Landkreis Dachau lief es nicht gut. Ulrich Wamprechtshammer, damaliger Leiter des Jugendamts, sprach im Dezember 2015 von einer "Krisensituation". 60 bis 70 Jugendliche musste das Amt rasch unterbringen, zum Teil in nicht den Grundsätzen der Jugendhilfe entsprechenden Unterkünften.

Vier Einrichtungen speziell für junge Flüchtlinge

Seitdem hat sich die Lage etwas entspannt. Die neue Unterkunft in Odelzhausen eingeschlossen, gibt es vier Einrichtungen speziell für junge Flüchtlinge. Vier verschiedene Träger hat das Jugendamt dafür gefunden: die gemeinnützige GmbH "Sozialtherapeutische Hilfen und Beratung" in Röhrmoos, den Haushalts- und Familienservice "Meine Alltagshelfer" in Dachau, die Caritas in Vierkirchen und neuerdings die Kolping-Akademie in Odelzhausen. Eine Einrichtung des Vereins Kinderschutz musste wegen einer Renovierung von Karlsfeld nach München umziehen; die dort betreuten Jugendlichen wurden laut Jugendamt auf andere Projekte des Vereins im Landkreis verteilt. Zum Teil lernen die jungen Flüchtlinge bei den Trägern Deutsch, andere in Kursen der Volkshochschule, der Schlau Schule oder des Komm Projekts beim Verein Hilfe von Mensch zu Mensch in München. Manche gehen in die Übergangsklassen der Mittelschulen, wenige sogar in reguläre Klassen, einige haben einen Platz in den Integrationsklassen an der Berufsschule Dachau bekommen.

Dennoch sind beim Betreuungssystem für die jungen Flüchtlinge im Landkreis noch deutliche Nachbesserungen nötig. In einem Bericht an den Jugendhilfeausschuss des Landkreises Dachau sagte Jugendamtsleiterin Steffi Weinhold im Juni, die Einrichtungen erfüllten zum Teil nicht die Qualitätsanforderungen der Regierung von Oberbayern. Eine Anerkennung als reguläre Einrichtung sei nicht zu erwarten, ein entsprechender Ausbau "dringend erforderlich". Sie kündigte zudem an, die Jugendlichen nach bestimmten Merkmalen, etwa der Schulbildung, zusammenfassen zu wollen, um eine bessere Betreuung und schnellere Integration zu ermöglichen. Konkrete Schritte nennt sie allerdings auch zwei Monate später nicht. "Wir verfolgen weiterhin das Ziel, den Qualitätsstandard zu erhöhen und stehen somit auch ständig in Verbindung zu den Einrichtungen und der Regierung von Oberbayern", teilt sie lediglich mit. Neue Einrichtungen wird das Jugendamt auf jeden Fall schaffen müssen. Wenn Bayern wieder unbegleitete Minderjährige aufnehmen muss, kommt auch der Landkreis Dachau an die Reihe. Möglicherweise sogar sehr bald, denn er muss laut Quote auf Dauer 140 junge Menschen betreuen, 80 mehr als bisher. Mit einer Neuaufnahme rechnet Weinhold in naher Zukunft. "Damit wird auch die Rekrutierung neuer Plätze erforderlich sein."

Seit November 2015 übernimmt der Freistaat Bayern die Kosten für unbegleitete minderjährige Flüchtlinge. Laut Sozialministerium wurden dafür 632 Millionen Euro im Nachtragshaushalt 2016 eingestellt. Zehn Millionen Euro gibt er den Jugendämtern in diesem Jahr außerdem für Verwaltungskosten sowie Kosten für Vormundschaften und den Ausbau von Betreuungseinrichtungen.

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